Pretty Little Liars - Teuflisch: Band 5
dämlich?«.
»Welche Spendengala?«, fragte Spencer stirnrunzelnd.
Melissa senkte überrascht den Kopf. Sie schaute zu ihrer Mutter, aber Mrs Hastings packte weiter Bio-Gemüse und Vollkornpasta aus und hatte die Lippen fest zusammengepresst. »Wir veranstalten am Wochenende hier eine Spendengala für die Rosewood Day«, erklärte Melissa.
Spencer stöhnte auf. Eine Spendengala? Solche Events planten sie und ihre Mutter normalerweise immer gemeinsam. Spencer verschickte die Einladungen, plante die Menüfolge, nahm Zusagen entgegen und arrangierte eine passende Playlist mit klassischer Musik.
Das gehörte zu den wenigen Dingen, die Spencer besser konnte als Melissa – nur wenige Leute waren so zwanghaft, dass sie für jeden Gast ein eigenes Dossier anlegten, und zwar mit Informationen darüber, wer kein Kalbfleisch aß und wem es nichts ausmachen würde, beim Abendessen neben den grässlichen Pembrokes zu sitzen.
Spencer drehte sich zu ihrer Mutter um. Ihr Herz hämmerte.
»Mom?«
Spencers Mutter wirbelte herum. Sie legte schützend die Hand über ihr mit Diamanten besetztes Tennisarmband, als habe sie Angst, Spencer wolle es ihr stehlen.
»Brauchst du … noch Hilfe bei der Organisation?« Spencers Stimme brach.
Mrs Hastings griff nach einem Glas mit Bio-Brombeermarmelade und umklammerte es fest. »Es ist alles soweit fertig, danke schön.«
Spencers Magen hatte sich in einen kalten, harten Knoten verwandelt. Sie holte tief Luft. »Ich wollte auch noch wegen Nanas Testament mit dir sprechen. Warum bin ich nicht genannt? Ist es überhaupt legal, einigen Enkelkindern Geld zu vererben und anderen nicht?«
Ihre Mutter stellte die Marmelade auf ein Regal in der Speisekammer und schnaubte kurz und verächtlich. »Natürlich ist es legal, Spencer. Nana kann mit ihrem Geld machen, was sie will.« Sie arrangierte ihr schwarzes Kaschmircape um ihre Schultern und marschierte an Spencer vorbei zur Garage.
»Aber«, rief Spencer hilflos. Doch ihre Mutter drehte sich nicht um und ließ die Tür hinter sich zuknallen. Die Schlittenglocken, die vom Türknauf hingen, schlugen klirrend aneinander und weckten die beiden Hunde auf.
Spencers Körper erschlaffte. Das war es also. Sie war wirklich enterbt worden. Vielleicht hatten ihre Eltern Nana vor ein paar Wochen von dem Debakel mit der Goldenen Orchidee erzählt. Womöglich hatten sie Nana sogar dazu ermutigt, ihr Testament zu ändern und Spencer zu enterben, weil sie Schande über die Familie gebracht hatte. Spencer kniff die Augen fest
zusammen und fragte sich, wie ihr Leben wohl aussehen würde, wenn sie einfach den Mund gehalten und die Goldene Orchidee akzeptiert hätte. Wäre es ihr wirklich möglich gewesen, wie die anderen Gewinner bei Good Morning America aufzutreten und Glückwünsche entgegenzunehmen? Hätte sie es wirklich fertig gebracht, auf ein College zu gehen, das sie nur wegen eines Aufsatzes früher aufnahm, den sie nicht geschrieben hatte – und nicht einmal richtig verstand? Wenn sie einfach den Mund gehalten hätte, würden dann immer noch alle munkeln, dass Ian unter Umständen wegen Mangels an Beweisen freigelassen würde?
Sie lehnte sich an die Granitplatte der Kochinsel und gab ein leises, elendes Wimmern von sich. Melissa legte eine gefaltete Einkaufstüte auf den Tisch und kam zu ihr. »Es tut mir so leid, Spence«, sagte sie leise. Sie zögerte einen Augenblick, dann legte sie ihre dünnen Arme um Spencers Schultern. Die war zu betäubt, um sich zu wehren. »Sie behandeln dich wirklich scheußlich.«
Spencer ließ sich auf einen Stuhl am Küchentisch fallen, nahm eine Serviette aus dem Serviettenständer und tupfte sich damit die Augen trocken.
Melissa setzte sich neben sie. »Ich verstehe es einfach nicht. Ich grübele schon die ganze Zeit darüber nach und kapiere einfach nicht, warum Nana dich in ihrem Testament nicht bedacht hat.«
»Sie konnte mich nicht ausstehen«, sagte Spencer tonlos. In ihrer Nase juckte es wie kurz vorm Niesen, ein sicheres Zeichen dafür, dass sie gleich losheulen würde. »Ich habe deinen Aufsatz gestohlen. Dann habe ich zugegeben, dass ich ihn gestohlen habe. Ich bin eine Schande für die Familie.«
»Ich glaube nicht, dass das der Grund ist.«
Melissa beugte sich zu ihr. Spencer roch ihre Neutrogena-Sonnencreme – Melissa war so zwanghaft, dass sie sogar Sonnencreme auftrug, wenn sie den ganzen Tag drinnen verbringen wollte. »Irgendetwas ist hier nicht koscher.«
Spencer ließ die Serviette sinken.
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