Pretty Little Liars - Teuflisch: Band 5
nicht mehr aus. Ich kann einfach nicht … hier sitzen und schweigen. Ich
weiß, dass du wegen der Sache im Le Bec-Fin letzten Herbst auf mich sauer bist. Damals ging es mir wirklich nicht gut. Es tut mir echt leid.«
Hanna blätterte eine Seite um. Nachrufe, wunderbar. Sie tat so, als sei sie extrem fasziniert von dem Artikel über Ethel Norris, Choreografin eines Modern-Dance-Ensembles aus Philadelphia, die gestern im Alter von fünfundachtzig Jahren im Schlaf gestorben war.
»Für mich ist das alles auch nicht leicht.« Kates Stimme zitterte. »Ich vermisse meinen Dad. Ich wünschte, er würde noch leben. Nichts gegen Tom, aber es ist seltsam, meine Mom mit einem anderen Mann zu sehen. Und dann muss ich mich auch noch total für sie freuen. Die beiden denken nur an sich, stimmt’s?«
Hanna war so empört, dass sie am liebsten Kates Melone durch die Küche gepfeffert hätte. Alles, was aus Kates Mund kam, klang wie auswendig gelernt. Als habe sie sich die perfekte »Ich bin ja so arm dran, hab Mitleid mit mir«-Rede aus dem Netz runtergeladen.
Kate holte tief Luft. »Was ich dir in Philly angetan habe, tut mir leid, aber ich hatte an jenem Tag wirklich eine Menge um die Ohren. Ich hätte es nicht an dir auslassen dürfen.« Geräuschvoll legte sie ihre Gabel ab. »Direkt vor dem Essen ist mir etwas Beängstigendes passiert. Ich hatte es meiner Mom noch nicht gesagt, und ich war mir sicher, dass sie durchdrehen würde.«
Hanna runzelte die Stirn und schaute Kate einen Moment lang an. Ärger?
Kate schob ihren Teller weg. »Ich hatte letzten Sommer einen Freund, Connor. An einem der letzten Wochenenden vor
Schulbeginn gingen wir ein bisschen … zu weit.« Ihre Stirn legte sich in Falten und ihre Stimme begann zu zittern. »Am nächsten Tag hat er mit mir Schluss gemacht. Einen Monat später bin ich zur Frauenärztin gegangen, und es gab … Komplikationen. «
Hanna riss die Augen auf. »Warst du etwa schwanger ?«
Kate schüttelte schnell den Kopf. »Nein. Es war … etwas anderes.«
Hanna war sich sicher, dass ihr Mund so weit offen stand, dass sie gleich mit dem Kinn auf dem Tisch aufschlagen würde. Ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren. Was genau bedeutete Komplikationen? Eine Geschlechtskrankheit? Ein dritter Eierstock? Eine schiefe Brustwarze? »Und … geht es dir jetzt wieder gut?«
»Jetzt ja«, sagte Kate achselzuckend. »Aber eine Zeit lang war es wirklich mies. Ich hatte ziemlich große Angst.«
Hanna kniff die Augen zusammen. »Warum erzählst du mir das alles?«
»Weil ich erklären will, was damals mit mir los war«, sagte Kate entschuldigend. In ihren Augen standen Tränen. »Bitte sag niemand, was ich dir gerade erzählt habe. Meine Mom weiß es, aber Tom nicht.«
Hanna trank einen Schluck Kaffee. Sie war total von den Socken wegen Kates Geständnis – und insgeheim auch erleichtert. Die perfekte Kate hatte also auch schon mal Mist gebaut. Und Hanna hätte nicht in einer Million Jahren damit gerechnet, Kate tatsächlich weinen zu sehen. »Ich halte dicht«, sagte Hanna. »Wir haben schließlich alle unsere Probleme.«
Kate schniefte laut und ungläubig. »Klar. Was ist dein Problem ?«
Hanna setzte ihre gepunktete Kaffeetasse ab und überlegte. Dies war ihre Chance herauszufinden, ob Ali Kate ihr Geheimnis erzählt hatte. »Na gut. Aber du weißt es wahrscheinlich sowieso schon. Das erste Mal ist es passiert, als ich mit Alison bei euch in Annapolis war.«
Sie linste zu Kate hinüber und versuchte zu erkennen, ob Kate kapierte, wovon sie sprach.
Kate spießte ein Stück Honigmelone auf und mied Hannas Blick. »Machst du das immer noch?«, fragte sie leise. Hanna spürte eine Mischung aus Triumph und Enttäuschung in sich aufsteigen. Ali war also doch zurück zur Veranda gerannt und hatte Kate alles gepetzt.
»Eigentlich nicht«, murmelte Hanna.
Sie schwiegen einen Moment. Hanna starrte auf eine große Schneewehe im Hintergarten der Nachbarn. Obwohl es noch fast dunkel war, tobten die frechen sechsjährigen Zwillinge schon im Schnee herum und warfen mit vereisten Schneebällen nach Eichhörnchen. Kate legte neugierig den Kopf schief. »Ich wollte dich noch etwas fragen. Was hast du eigentlich gegen Naomi und Riley?«
Hanna biss die Zähne zusammen. »Warum fragst du sie das nicht selbst? Sie sind doch deine neuen besten Freundinnen.«
Kate strich sich nachdenklich eine kastanienbraune Haarsträhne hinters Ohr. »Weißt du, ich glaube, sie würden sich gerne mit dir anfreunden.
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