Pretty Little Liars - Unvergleichlich
meine Mom dir das nicht gesagt? Wir werden zu Hause unterrichtet.«
»Oh …« Emilys verbliebener Lebenswille sickerte aus den Schweißdrüsen ihrer Füße.
»Ich gebe dir morgen den Stundenplan«, sagte Helene und legte ein paar graue Handtücher auf Emilys Bett. »Du musst einige Prüfungen machen, damit ich sehe, in welche Kurse ich dich einstufe.«
»Ich bin in der elften Klasse«, sagte Emily hilfsbereit. »Und ich besuche einige Begabtenkurse.«
»Ich werde dir morgen sagen, welche Kurse du besuchen wirst«, wiederholte Helene mit strengem Blick.
Abby stand auf und verschwand im Flur. Emily starrte verzweifelt aus dem Fenster. Wenn binnen fünf Sekunden ein Vogel vorbeifliegt, dann bin ich nächste Woche wieder in Rosewood. Aber gerade als ein kleiner Spatz vorbeiflatterte, fiel Emily wieder ein, dass sie ja ihren abergläubischen Spielchen abgeschworen hatte. Die Ereignisse der vergangenen Wochen – der Fund von Alis Leiche in dem Betonfundament, Tobys Selbstmord, A.s … Aktivitäten – hatten Emilys Glauben daran zerstört, dass alles, was passierte, seinen Grund hatte.
Ihr Handy klingelte. Emily zog es heraus und sah, dass Maya ihr eine SMS geschickt hatte. Bist du wirklich in Iowa? Ruf mich an, wenn du kannst.
Hilfe, hatte Emily gerade getippt, als Helene ihr das Telefon aus der Hand riss.
»Handys sind in diesem Haus nicht erlaubt«, sagte sie und schaltete Emilys Nokia aus.
»Aber …«, protestierte Emily. »Wie soll ich denn meine Eltern anrufen?«
»Das kann ich für dich erledigen«, säuselte Helene. Sie schob ihr Gesicht dicht vor Emilys. »Deine Mutter hat mir ein paar Sachen über dich erzählt. Ich weiß nicht, wie die Dinge in Rosewood laufen, aber hier gelten meine Regeln. Ist das klar?«
Emily zuckte unwillkürlich zusammen. Helene hatte eine feuchte Aussprache und Emilys Wange fühlte sich an wie nass geregnet. »Klar«, sagte sie schwach.
»Gut.« Helene ging in den Flur und versenkte das Telefon in einem großen, leeren Einmachglas auf einem hölzernen Beistelltisch. »Hier ist es gut aufbewahrt.« Auf dem Glas stand SCHIMPFWORTGLAS und bis auf Emilys Handy war es vollkommen leer. Ihr Telefon sah darin sehr einsam aus, aber sie traute sich nicht, den Deckel abzuschrauben. Helene hatte ihn wahrscheinlich an eine Alarmanlage angeschlossen. Emily lief zurück in ihr tristes Schlafzimmer und legte sich auf ihr Bett. Die Matratze fühlte sich an, als wäre etwas Spitzes, Hartes hineingenäht worden, und auf dem Kissen lag es sich wie auf einer Zementplatte. Während der Himmel über Iowa sich rostrot, dann violett und schließlich nachtblau färbte, weinte Emily heiße Tränen. Wenn dies der erste Tag vom Rest ihres Lebens war, dann wäre sie lieber tot gewesen.
Stunden später öffnete sich die Tür mit einem gedehnten Knarren. Ein Schatten fiel über den Boden. Emily hob mit klopfendem Herzen den Kopf von ihrer Pritsche. Sie dachte an die Nachricht von A.: Sie wusste zu viel. Und an Hannas Körper, der auf den Asphalt schlug.
Aber es war nur Abby. Sie schaltete eine kleine Nachttischlampe an und legte sich neben ihrem Bett auf den Bauch. Emily biss sich auf die Wange und tat so, als bemerke sie nichts. War das eine Iowa-typische Art zu beten?
Abby richtete sich wieder auf. In den Händen hielt sie ein Bündel Kleidungsstücke. Sie zog sich den Pullover über den Kopf, entledigte sich ihres hautfarbenen BHs und schlüpfte in einen Jeansmini und ein rotes, trägerloses Oberteil. Dann griff sie noch einmal unter ihr Bett und zog eine kleine Make-up-Tasche hervor. Sie tuschte sich die Wimpern und legte roten Lipgloss auf. Schließlich löste sie ihren Pferdeschwanz, beugte den Kopf nach unten und fuhr sich mit den Händen über die Kopfhaut. Als sie sich wieder aufrichtete, hatte sie eine Löwenmähne.
Abby sah Emily an und grinste breit, als wolle sie sagen: Mach den Mund zu, sonst fliegt dir noch was rein. »Du kommst mit, oder?«
»W-wohin?«, stotterte Emily, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.
»Das wirst du schon sehen.« Abby kam zu ihr und nahm ihre Hand. »Emily Fields, deine erste Nach in Iowa fängt gerade erst an.«
WENN DU ES GLAUBST, DANN IST ES WAHR
Als Hanna Marin die Augen öffnete, stand sie alleine in einem langen weißen Tunnel. Hinter sich sah sie nur Dunkelheit und vor sich nur Licht. Körperlich ging es ihr großartig – sie war nicht aufgebläht, weil sie zu viele Käsebällchen gefuttert hatte, ihre Haut war nicht trocken und rau,
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