Pretty Little Liars - Vogelfrei: Band 8
tastete sich an der Kücheninsel entlang und versuchte, sich in den Rauchschwaden zu orientieren. Dann taumelte sie in die Richtung, in der sie den Ausgang vermutete. Zu ihrer Linken bewegte sich ein Schatten durch den giftigen Rauch. Jemand nagelte die Fenster zu, um ihnen auch die letzte Chance zur Flucht zu nehmen.
Emily erstarrte, als sie das blonde Haar, das herzförmige Gesicht und den Kussmund erkannte. Ali.
Ali wirbelte herum und starrte Emily an, als habe sie einen Geist gesehen. Der Hammer polterte laut zu Boden. Alis Augen waren grau und eiskalt, ihr Mund zu einem irren Grinsen verzerrt. Emily spürte ein Schluchzen in sich
aufsteigen. Ganz plötzlich wusste sie, dass dieses Mädchen ihnen den Brief geschrieben hatte … und dass alles, was darin stand, der Wahrheit entsprach. Ihr Herz zerbrach in eine Million kleiner Stücke.
Ali drehte sich um und wollte zur Tür rennen, als Emily sich auf sie stürzte und sie grob zu sich umdrehte. Alis Mund formte erstaunt ein O. Emily hielt sie mit eisernem Griff an den Schultern fest.
»Wie konntest du so etwas tun?«, schrie sie.
Ali versuchte, sich loszureißen, und sah Emily voller Abscheu an. »Ich habe es euch doch schon gesagt«, knurrte sie heiser. »Ihr Schlampen habt mein Leben ruiniert.« Ihre Stimme war kaum wiederzuerkennen.
»Aber… ich habe dich geliebt«, krächzte Emily. Tränen stiegen ihr in die Augen.
Ali lachte boshaft auf. »Du bist so eine Niete, Emily.«
Emily fühlte sich, als ramme ihr Ali einen langen Spieß mitten ins Herz. Sie krallte ihre Finger in Alis Schultern und hätte ihr am liebsten dieselben Qualen zugefügt. Wie kannst du so etwas sagen? Warum hasst du uns so sehr?, wollte sie gerade schreien.
Da explodierte die Welt um sie herum und einen Moment lang war sie blind. Dann sah sie blendend weißes Licht und spürte eine Gluthitze. Sie bedeckte ihr Gesicht und ihre Hände, als die Druckwelle sie von den Füßen riss. Ein Knacken, ein Poltern. Sie prallte hart auf ihre Schulter auf, ihre Zähne stießen zusammen.
Die Welt blieb noch einen Moment lang weiß. Ruhig. Leer. Dann öffnete Emily die Augen. Geräusche, Hitze und
Schmerz kehrten zurück. Sie lag neben der Eingangstür in einer kleinen Blutlache. Verzweifelt griff sie nach dem Türknauf. Er war glühend heiß, ließ sich aber drehen. Sie kroch über die Veranda in den Garten und ließ sich ins nasse, kalte Gras sinken.
Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, hustete jemand neben ihr. Spencer und ihre Schwester lagen ganz in ihrer Nähe im Gras. Aria krümmte sich vor dem großen Kastanienbaum zusammen. Hanna richtete sich neben der Einfahrt gerade langsam auf.
Emily schaute zu dem großen Haus zurück. Aus allen Ritzen drang Rauch, aus dem Dach schlugen Flammen. Ein Schatten huschte an den Wohnzimmerfenstern vorbei. Dann hörte sie ein donnerndes Krachen und das ganze Haus explodierte.
Emily kreischte, hielt sich die Augen zu und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Zähl einfach bis hundert, befahl sie sich. Tu so, als würdest du Bahnen schwimmen. Schau nicht hin, bis alles vorbei ist.
Die Luft war heiß und verraucht und das Feuer brüllte lauter als tausend startende Flugzeuge. Ein paar Funken landeten auf Emilys Schultern und brannten zischend Löcher in ihren Pullover. Die Explosionen dauerten noch einige Sekunden lang an. Als sie aufgehört hatten, öffnete Emily die Augen und spähte durch ihre Hände auf das Haus. Es war nur noch ein gigantischer Feuerball.
» Ali«, flüsterte sie, aber der Krach des einstürzenden Kamins verschluckte ihre Worte. Ali war immer noch da drin.
Kapitel 31
DIE LETZTEN PUZZLESTÜCKE
Spencer lag in sicherer Entfernung vom Haus hustend im Gras. Melissa lag bewusstlos neben ihr. Das Gebäude brannte lichterloh, ein Inferno aus gelben und orangefarbenen Flammen. Hin und wieder schickte eine kleine Explosion Funkenstürme in den Nachthimmel. Das Obergeschoss, in dem sie gerade noch eingesperrt gewesen waren, war nur noch ein brennendes Balkengerüst.
Die anderen Mädchen krochen zu ihr. »Seid ihr okay?«, schrie Spencer. Emily nickte. Hanna hustete ein Ja. Aria hatte das Gesicht in den Händen vergraben, murmelte aber schwach, sie sei unverletzt.
Ein heftiger Wind peitschte ihnen ins Gesicht und trug den ekelhaften Gestank von verkohltem Holz und Leichen zu ihnen.
»Ich bekomme diesen Brief einfach nicht aus dem Kopf«, sagte Emily mit monotoner Stimme. Sie zitterte in ihrem dünnen Pulli. »Ali war so wütend, dass
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