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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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jemand abhob oder
nicht, als sei er mehr der Geste verfallen, dem Ritual, als einer Sache, die
echte Kontaktaufnahme verlangte.
    Der
Schauspieler antwortete beim ersten Klingeln, und Rocco war so überrascht, eine
Stimme in der Leitung zu hören, dass er brüllte:
    »Wer ist
da?«, und Touhey sagte: »Sean!«, als sei er bei irgendwas erwischt worden.
    »Sean! Hi!
Sorry, hier ist Rocco, Mann.« Rocco sah auf die Uhr: beinahe Mitternacht.
    »Rocco.«
Touheys Stimme klang flach und empfindlich.
    »Ja! Hi -
wie geht's? Kommst du mal wieder vorbei?«, sagte Rocco impulsiv und beschloss,
so zu tun, als ob er immer noch an seinem Schreibtisch in der Mordkommission
säße. Er schützte die Sprechmuschel mit der Hand, um die Geräusche von der Bar
zu dämpfen.
    »Vorbeikommen?«,
wiederholte der Schauspieler mit schwacher Stimme.
    »Ja.«
Roccos Gesicht glühte vor Scham. »Ich hab einen Mörder für dich. Er sitzt
gleich im Nebenzimmer. Der Bursche, der den Mord begangen hat, den du gesehen
hast. Erinnerst du dich? Er ist grad hier.« Rocco konnte hören, wie der
Schauspieler atmete, spürte dessen Gefühl, in die Ecke gedrängt zu werden,
doch er bohrte weiter. »Sean, hör mal. Ich komm vorbei und hol dich ab. Ich
könnte in einer halben Stunde bei dir sein. Okay? Bist du so weit? Der Kerl ist
nämlich hier, verstehst du?« Rocco legte eine Hand auf die Stirn und nahm sie
feucht wieder weg. Er sah das Mädchen mit einem anderen Typ reden, etwa halb so
alt wie er selbst, und sie warf ihm dasselbe einladende Lächeln zu.
    »Rocco
...« Touhey sprach seinen Namen aus, als würde etwas Bedeutendes folgen, aber
dann atmete er schwer aus und sagte: »Bleib dran.«
    Rocco
lauschte dem gedämpften Rauschen eines zugehaltenen Hörers, bevor eine Frau mit
rauchiger Stimme an die Strippe kam.
    »Hi,
Rocco. Hier ist Jackie, erinnern Sie sich?«
    »He,
Jackie, wie geht's? Also, was habt ihr Leute da, so eine Art Bürowohnung?«
Rocco kam es vor, als würde er haltlos vor sich hin plappern. »Ich meine, ich
war wirklich überrascht, dass jemand ans Telefon gegangen ist, verstehen Sie?
Ich hab nicht bemerkt, wie spät es ist.«
    »Ja, das
ist eine Wohnung«, antwortete sie geduldig.
    »Ich
meine, nichts für ungut, es geht mich ja nichts an. Ich war nur überrascht,
weil -«
    »Hören
Sie, Rocco«, schnitt sie ihm das Wort ab. »Ich muss Ihnen etwas sagen. Sean hat
beschlossen, den Polizeifilm im Augenblick auf Eis zu legen.«
    »Wieso?«
Er warf einen Blick zur Bar hinüber; das Mädchen war verschwunden.
    »Nun, da
ist etwas passiert.«
    »Irgendwas,
das ich getan habe?« Er versuchte es mit einem witzigen, sich selbst
verspottenden Ton, was nichts daran änderte, dass seine eigene Frage ihn
anwiderte.
    »Nein,
nein, Sie sind toll, Sie sind toll. Es ist nur, dass die Finanzierung für ein
anderes Projekt, das Sean seit sechs Jahren am Herzen liegt, durchgekommen ist,
und, wissen Sie, wenn die Ampel auf Grün springt, dann geht's los, nicht wahr?«
    »Seit
sechs Jahren.« Rocco zog einen Stift aus der Innentasche seiner Sportjacke und
malte eine Sechs auf die Wand vor dem Telefon, dann eine ganze Reihe Sechser.
Eine tiefe Ruhe hatte von ihm Besitz ergriffen.
    »Es geht
um die Erde.«
    »Die Erde.
Was meinen Sie, den Planeten?«
    »Sie
wissen schon, Umweltverschmutzung.«
    »Toll.«
    »Das ist
Seans Leidenschaft.«
    Eine
Tonbandstimme bat um fünfundzwanzig Cent. Rocco fütterte all sein Kleingeld
nach, ohne zu zählen.
    »Rocco,
warten Sie bitte einen Moment? Augenblick ...« Wieder gab es gedämpftes
Rauschen, und als sie wieder zu hören war, klang ihre Stimme leiser,
persönlicher. »Sean hat gerade das Zimmer verlassen, also lassen Sie mich
ehrlich sein, solange ich kann, okay?«
    »Na los«,
sagte Rocco milde gestimmt.
    »Rocco,
Sean ist bei den Anonymen Alkoholikern. Und ich sage Ihnen, dass er seit fünf
Jahren trocken war.«
    »Ja?« Er
wartete auf den Witz.
    »Warum zum
Teufel haben Sie ihn abgefüllt?«
    Rocco
legte sich wieder die Hand auf die Stirn. »Oh, Himmel...«
    »Rocco, er
hat die letzten beiden Tage damit verbracht, zu Versammlungen zu gehen, und
ich rede hier von fünf, sechs am Tag. Er hat ungeheure Angst. Wenn man nach all
den Jahren auf Sauftour geht, dann ist das so, als wäre die ganze nüchterne
Zeit überhaupt nie gewesen, verstehen Sie das?«
    »Warum hat
er denn nichts gesagt?«
    »Nun, ich
nehme an, Sie haben ihm ein paar harte Sachen gezeigt, und, ich weiß nicht, er
wollte nicht, er wollte, dass Sie

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