Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
Vom Netzwerk:
Gegenden zur Gemeinde gehörten. Das
erklärte möglicherweise den pensionierten Inspektor, der anrief: Rocco vermutete,
dass der Cop zur Gemeinde gehörte, und der Reverend musste ihn wohl gebeten
haben, sich um die Situation zu kümmern, dachte Rocco, und nun war dem armen
Kerl der Sonntagnachmittag verdorben worden.
    »Willst du
den >Ahab's<-Schützen aufgabeln?«, rief Rocco über die Tische hinweg
Mazilli zu.
    Als Rocco
sich erhob, wurde er plötzlich von einer ausgewachsenen Rückblende auf sein
Gespräch mit Touhey und Jackie vom Vorabend überrascht. Die Erinnerung war so
deprimierend, dass er sich wieder vor seinen Tisch plumpsen ließ und erst
wieder aufstand, nachdem er die Visitenkarte des Schauspielers gefunden und in
den Papierkorb geworfen hatte.
     
    Die Kirche
war eine riesige Chaletkonstruktion mit weißen Stuckwänden, hellen Holzbänken
und einem weiß getünchten Kreuz, das sich über der Kirchengemeinde erhob wie
eine Galionsfigur an einem Schiffsbug. Hoch über der Kanzel, vielleicht sieben
Meter über der makellosen Vorderwand, stand in derart zarter Leuchtkraft Christus
ist die Antwort< geschrieben, dass die Worte dort zu schweben schienen.
    Die Kirche
war leer, abgesehen von dem Inspektor, dem Reverend und dem Schützen, und alle
saßen in der ersten Reihe zusammengekauert da und warteten. Rocco war nicht
mehr in einer schwarzen Kirche gewesen, seit vor fünfzehn Jahren eine ältere
Frau während eines Gottesdienstes in einer vollgepackten Kirche an einem
Herzschlag gestorben war; kein Wunder bei der Hysterie, die dort herrschte.
Diesmal hatte er das Gefühl, in das Innere einer Wolke zu treten.
    Der
Reverend und der Inspektor waren beide übergewichtig und mittleren Alters;
zwischen ihnen saß der Schütze, ein etwa zwanzigjähriger, knochiger Bursche,
der zusammengesunken dahockte und mit nach vorn gezogenen Schultern auf den
Boden starrte.
    »Guten
Tag, Rocco Klein, Büro des Staatsanwalts.« Rocco streckte dem Inspektor die
Hand entgegen, Mazilli trottete mit den Händen in den Hosentaschen hinterdrein
und sah sich offenen Mundes um.
    »Bill
Walker.« Der Inspektor, der für die Kirche ein wenig zu modisch gekleidet
schien, trug einen dreiteiligen Anzug, einen cremefarbenen Schlips und ein
cremefarbenes Einstecktuch, und sein stahlgrauer Schnurrbart und seine
Koteletten waren mit ziergartenhafter Präzision gestutzt worden. »Und dies ist
Reverend George Posse.«
    Ein
plumper dunkelhäutiger Mann erhob sich vorsichtig von der Bank. Nachdem er
Rocco die Hand geschüttelt hatte, setzte er sich wieder auf die Bank und legte
einen Arm beschützend hinter den Kopf des Burschen, während seine Lippen vor
unausgesprochener Besorgnis zitterten.
    Rocco
wandte sich an den Schützen. Er trug einen blauen Pullover mit Ausschnitt,
dessen Kragen sich leicht über dem Knoten seiner Krawatte wölbte, und eine
billige, aber gebügelte graue Anzughose.
    »Wie
geht's?«, sagte Rocco freundlich.
    Der
Bursche schaute ihn mit einem Auge an, blieb aber ansonsten regungslos auf der
Bank sitzen, die Beine wie zum Schutz übereinandergeschlagen; ein glänzendes
Stück Haut zeigte sich über einer heruntergerutschten Socke.
    »Das ist
Victor Dunham.« Der Reverend drückte die Schulter des Jungen. »Er ist in meiner
Gemeinde.«
    »Gut.«
Rocco nickte und grinste auf den Jungen herab, als habe der gerade den ersten
Preis gewonnen, sei aber nur zu schüchtern, ihn anzunehmen.
    Rocco, der
bereit war, die Sache ins Rollen zu bringen, öffnete den Mund, um etwas zu
sagen, hielt aber inne, abgelenkt durch die buschigen Augenbrauen des Jungen.
Er sah zu Mazilli hinüber und betrachtete den Jungen dann genauer: Er hatte
diesen Burschen schon mal gesehen. »Kenn ich dich nicht?«
    »Victor
ist ein guter Mensch.« Die Stimme des Reverends war heiser und schmerzvoll,
doch Rocco bemerkte, dass das Gesicht des schwarzen Inspektors ungerührt blieb.
    »Prima.«
Rocco fand wieder zu sich selbst, setzte ein Lächeln auf und streckte seine
Hand nach dem Burschen aus; er hatte es eilig, ihn von hier fortzuschaffen, weg
von dem Reverend, bevor der Kerl was von Bürgerrechten und Anwälten faselte und
etwas versaute, was ein schnelles einfaches Geständnis werden sollte.
    Als der
Bursche sich erhob, reichte der schwarze Inspektor Rocco ein dreieckiges
Päckchen Silberfolie. Zuerst dachte Rocco, der Kerl würde ihm aus irgendeinem
Grund ein Stück übriggebliebenen Kuchen geben, doch das Päckchen war zu schwer
und fühlte sich an wie

Weitere Kostenlose Bücher