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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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mal.«
    Andre
starrte ihn gedankenverloren an, gab schließlich ein resigniertes Zischen von
sich, drehte sich auf dem Absatz um und trottete in Richtung seiner
Observierungswohnung davon.
    Strike
blieb noch eine Minute lang mit himmelwärts gerichtetem Blick stehen, ging auf
Nummer Sicher. Er drehte sich um, um die Lage zu checken: Jo-Jo war weg. Mit
einem schnellen Nicken in Richtung Tyrone ging Strike zum Accord.
    Ein paar
Minuten später kam der Junge die Auffahrt der alten Dame herauf. Strike
bemerkte, dass Tyrone endlich seine neuen Turnschuhe trug; als der Junge
wortlos in den Wagen stieg, unterdrückte Strike den Impuls, ihn zu seinen
Tretern zu beglückwünschen.
    Auf dem
Weg zu Herman fuhr Strike an der Roosevelt-Siedlung vorbei. Die Bänke waren
jetzt leer, bis auf Horace, der hin und her lief, mit einem spitzen Stock
herumwedelte und Selbstgespräche führte. Tyrone duckte sich, um nicht gesehen
zu werden, und lächelte Strike schüchtern an. Strike ließ ein trockenes Lachen
hören und spürte, wie ihn ein warmes Gefühl von Freude durchströmte.
    Vor Hermans
Wohnblock machte Strike eine Show daraus, Tyrone die Schlüssel zu geben,
gestikulierte, dass der Junge vorangehen solle, und folgte ihm dann zu Hermans
Wohnung hinauf. Im fünften Stock blieb der Junge unbeweglich vor der Tür
stehen, bis Strike ihn drängte: »Komm schon, Mann, mach auf.« Tyrone schloss
vorsichtig auf, als würde das Gebäude bei der ersten falschen Bewegung in die
Luft fliegen.
    Herman saß
in seinem Lehnstuhl am sonnenhellen Fenster in der hintersten Ecke der Wohnung.
Sein Mund stand weit offen und deutete direkt nach oben, und es sah aus, als
warte er darauf, dass das Essen von der Decke fiel.
    Tyrone
blieb wie erstarrt im Flur stehen, bis Strike ihm einen weiteren Schubser
verpasste. Tyrone schlich den Flur entlang, öffnete das Vorhängeschloss und
glitt in Strikes Zimmer. Auf Strikes Drängen hin öffnete er die tiefe
Kommodenschublade und stieß auf das Nest eingepackter Beutel, die braune
Flasche mit dem Verschnitt und die Balkenwaage. Mit leuchtenden Augen sah er zu
Strike auf.
    »Verlier
die Schlüssel nicht«, sagte Strike. »Das sind
die Schlüssel zum Paradies.«
    Strike
sprach mit gesenkter Stimme und erklärte Tyrone, dass er sein offizieller
Läufer zwischen diesem Zimmer und dem Accord sein würde. Strike, der nervös
war, dass Tyrones Mutter von alldem erfahren würde, fragte ihn, was er über den
Nachmittag erzählen würde, wenn er am Abend nach Hause kam. Aber Tyrone zuckte
nur mit den Schultern, sagte, dass seine Mutter den ganzen Tag über in Newark
sei, um jemandem längere Zöpfe einzuflechten, und dass er bei seiner
halbblinden Großmutter sein werde.
    Befriedigt
fuhr Strike zurück in Rodneys Laden und brachte endlich Bernards Unze vorbei.
Im Verlauf des Nachmittags und des frühen Abends ging Strike achtmal zum
Wagen, um Tyrone auf Besorgung zu schicken, ließ ihn einige Unzen sogar selbst
verschneiden. Strike fand Tyrone stets auf dem Beifahrersitz vor, starr wie
eine Schaufensterpuppe, alle Fenster hochgekurbelt trotz der Hitze. Tyrone
hielt den Schlüsselring fest in der Hand, und Strike stellte sich vor, wie der Junge eine ernsthafte Zeremonie daraus
machte, alles auf- und zuzuschließen, den Wagen, das Gebäude, die Wohnung, das
Zimmer. Er konnte trotz seiner teilnahmslosen Haltung erkennen, dass der Junge
einen Riesenspaß daran hatte; Tyrone stürzte jedes Mal aus dem Wagen und
rannte zu Hermans Wohnung, als habe er dort eine kleine Freundin, die auf ihn
wartete. Strike versuchte, ihm zu sagen, er solle es langsamer angehen lassen,
aber der Feuereifer des Jungen war einfach nicht zu dämpfen.
     
    Um sieben verließ Strike Rodneys Laden zum letzten Mal.
Er hielt ein Geldbündel mit zweitausend Dollar in der Hand, weniger als ein
Drittel dessen, was mit dem Päckchen verdient worden war, das er am Tag zuvor
abgeholt hatte. Das war schon schlimm genug, aber was ihn wirklich frustrierte,
war die Nachricht, dass es eine Weile dauern würde, bis sie wieder Nachschub
bekamen. Rodney hatte nebenbei erwähnt, dass die Kolumbianer, mit denen er ins
Geschäft hatte kommen wollen, verschwunden waren und dass sein ägyptischer
oder israelischer Hausherr selber Nachschubprobleme habe. Also sah es nun so
aus, als seien sie gezwungen, wieder nach einem guten Kontakt zu suchen, was
bedeutete, dass Strike doch wieder bei den Bänken landen würde.
    Strike ging zum Accord und klopfte an die
Fahrerscheibe. Tyrone

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