Price, Richard
zu bekommen. »Und morgen? Wenn du nicht damit rausrückst?
Dann geht es nur noch um ihn, dich und das Unterholz, wenn du weißt, was ich
meine? Hmm?«
Strike sah
sich hektisch um. Er musste hier weg.
»He,
Ronnie, hast du eine Waffe?«
»Nein,
i-ich hab keine Waffe.«
»Willst du
dir meine leihen?«
»Mann,
warum tun Sie mir das an?«
»Weil du es ihm antust.«
»Wem?«
Eine Sekunde lang hatte Strike seinen Bruder vergessen, aber dann füllte sich
sein Kopf mit Bildern von Victor - bei >Rudy's<, im Regen, im
Besucherzimmer des Countyknasts. »Verdammt! Wenn 'n Nigger sagt, er war's
nicht, dann glauben Sie ihm nicht. Und wenn ein Nigger sagt, er war's, dann
glauben Sie ihm immer noch nicht. Mein Bruder sagt, e-er war's. Ich nicht.
Also, bitte, lassen Sie meine verdammte Hand los. Sie bringen mich um, und ich
weiß noch nicht mal, wovon Sie überhaupt reden.«
Der Griff
des Cops lockerte sich ein wenig, und endlich riss sich Strike los und hielt
die eine Hand in der anderen, als sei sie verletzt.
Der Cop
starrte ihn eine Sekunde kalt an, griff dann in sein Sportjackett, zog eine
weitere Karte hervor und ließ sie in Strikes Hand fallen.
»Rodney
kommt morgen raus, Bruder, du solltest besser untertauchen.«. Er warf Strike einen langen Blick zu und verschwand.
Strike
starrte hilflos zu den leeräugigen Jungs auf den Bänken, er wollte weg und auch
wieder nicht, und er wusste, in dem Moment, wo er außer Sichtweite war, würde
das Gerede beginnen.
Rocco fuhr
zum Büro zurück, wütend über seine Unfähigkeit, den Jungen zu bluffen.
Vielleicht hätte er nicht versuchen sollen, ihn mit Rodney zu erschrecken.
Vielleicht ... Nein, Rodney war genau das Richtige. Der Junge hatte es selbst
gesagt: >Sie bringen mich um.< Und warum war er nicht mitgekommen?
Vielleicht
würde er morgen kommen, wenn Rodney wieder auf freiem Fuß war. Was aber, wenn
Rodney nichts über das Spielchen mit dem Händeschütteln erfuhr? Oder wenn er
dem Burschen zu sehr vertraute, oder der Angst des
Burschen vor ihm zu sehr vertraute, um jemals auf die Gerüchte hereinzufallen?
Vielleicht mochte er den Burschen zu sehr, um den Gerüchten zu glauben, oder
vielleicht war Rodney einfach zu blöd, um eins und eins zusammenzuzählen,
oder vielleicht ... Rocco, der immer gereizter wurde, entschied, dass er
keinerlei Garantie für irgendetwas hatte: Um die ganze Sache unter Dach und
Fach zu bringen, musste er in die Höhle des Löwen und ihm den Köder schmackhaft
machen.
Als der
Fury eine Stunde nach dem Cop von der Mordkommission angerollt kam, riefen
alle Jungs auf den Bänken, »Fünf-Null! Fünf-Null! Fünf-Null!« Sauber, wie sie
waren, ohne Geld und Drogen, fingen sie an zu lachen und zu trampeln wie Fans
bei einem Basketballspiel.
Strike war
der Einzige, der wegging. Noch nie in seinem Leben war er abgehauen, aber er
war total entnervt, hatte lange genug versucht, irgendetwas zu finden, was die
Crew überzeugt hätte, dass die Handschlagunterhaltung mit dem Cop eine Falle
gewesen war und er nichts mit Rodneys Verhaftung zu tun hatte. Erst nach drei
Schritten ging ihm auf, dass er Big Chief und Thumper den Rücken zugekehrt
hatte. Doch da war es schon zu spät: Thumper war augenblicklich bei ihm, sagte
mit seiner krächzenden Stimme: »Was 'n los, Junge«, seine Hand steckte bereits in Strikes Hosentasche und zog die
fette Geldrolle wie ein blutiges Herz hervor, und er hielt sie hoch und
brüllte triumphierend zu Big Chief hinüber: »Muttertag bei Strike! Ja!«
»He ...« Rocco starrte blind auf den Bürofernseher und
hatte sich das Telefon unters Kinn geklemmt. »Ich schaff es heute Abend nicht
nach Hause. Ich hab noch was im Knast zu erledigen, es geht aber nicht vor
morgen früh.«
»Scheiße«, seufzte Patty.
»Scheiße?«, sagte Rocco. »Was meinst du mit
>Scheiße«
»Nein, ich hab nur ... Ich hab morgen was zu tun. Du müsstest
auf Erin aufpassen.«
»Was ist denn mit der Babysitterin los?«
»Ich hab ihr den Tag freigegeben. Ihre Schwester aus
Ecuador kommt zu Besuch.«
»Ecuador, hmm?« Rocco stellte sich vor, wie er morgen
früh mit Erin spielte, ohne überhaupt geschlafen zu haben.
»Es geht nur um vormittags. Ich bin spätestens um ein
Uhr wieder zurück.«
»Gut. Ich kann dann von eins bis drei schlafen und
wieder zur Arbeit gehen.« Bei dem bloßen Gedanken fühlten sich Roccos Lider
schon an, als seien sie mit Sand verkrustet. »Wo musst du denn hin?«
Patty zögerte. »Ich hab ein
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