Price, Richard
und Clover, Rodneys Frau, kam herein: Sie war
hellhäutig, ein wenig untersetzt, mit einem abgeflachten Gesicht, glatten,
kurzen Haaren, die steif glänzten und an einer Seite wie eine gefrorene Welle
gelegt waren.
»Hast du
was in der Küche gefunden?«, fragte sie Rodney, ohne Strike zu beachten.
»Ja. Ich
bin versorgt, und du?«
»Der Herr
hat mich nicht vergessen.«
Rodney
zwinkerte Strike zu, und sie beobachteten, wie sie durch die heruntergekommene
Wohnung ging: zuerst ins Schlafzimmer, wo sie ihre Tüten und ihren Mantel auf
das Bett warf, dann in die Küche, wo sie eine rosafarbene Schüssel aus dem
Kühlschrank nahm; schließlich verschwand sie im hinteren Zimmer, das als
Einziges eine Tür hatte, und schloss sie hinter sich.
Rodney zog
den Stoff und die Ampullen wieder hervor und machte sich an die Arbeit. Strike
wusste, dass Rodney seit Highschool-Tagen mit dem Zeug dealte, trotzdem
behauptete er, dass seine Frau denke, er führe nur die Süßwarenläden. Er
beharrte darauf, dass sie nichts von dem zehn Monate alten Jungen wusste, der
jedes Mal im Geschäft war, wenn sie vorbeikam, und auch nichts über die ständig
wechselnde Besetzung zwanzigjähriger Mädchen, darunter ein oder zwei, die
leicht schwanger aussahen. Seine Frau war Kassenprüferin bei den öffentlichen
Verkehrsbetrieben von New Jersey, öffentliche Notarin und ordinierte Geistliche
der Pfingstgemeinde. Auf ihre Art kamen Rodney und Clover gut miteinander aus:
Seit über zwanzig Jahren hatten sie sich gegenseitig bis zum Gehtnichtmehr
toleriert.
Strike
bekam langsam Rückenschmerzen von der Abfüllerei. Seine Gedanken wandten sich
wieder Rodneys gierigem Partner zu. »Haut dich wie übers Ohr?«
»Er
beklaut mich vor meinen Augen, verstehst du?« Rodney wandte seinen Kopf von dem
Koks weg und nieste. »Weißt du, Erroll will keinem mehr weh tun. Der Nigger hat
mal einen Fernsehreporter umgebracht, vier, nein, vielleicht fünf, sechs
andere Arschlöcher, von denen ich weiß. Ich sag zu ihm, Erroll, dieser Typ hat
mir mein Geld gestohlen, er stiehlt mir mein Geld.«
Rodney
zischte vor Abscheu und schüttelte den Kopf. »Aber Erroll macht sich jetzt
wegen des Sterbens Sorgen, weißt du, hat 'n schlechtes Gefühl wegen seinem
Leben, als ob er es wiedergutmachen könnte, wenn er nichts Böses mehr
anstellt.« Rodney lachte. »Das Arschloch hört sich bald wie meine verdammte
Frau an.«
Strike
nickte, »'ne Menge Leute glauben, dass der Himmel in der Sch-Schüssel da
steckt, das ist alles, was sie an Himmel brauchen.«
»Ich sag
dir was, Junge.« Rodney fuhr sich mit einem Finger an der Nase entlang. »Wenn
Gott was Besseres als Drogen erfunden hat, dann hat er das für sich selbst
behalten. Das ist die verdammte Wahrheit.«
Strike
rollte mit den Augen: Das war Rodneys zweitliebster Ausspruch, gleich nach
»Ein Cent ist ein Cent«.
Sie
machten sich wieder eine Weile schweigend an ihre Arbeit, etwa zweihundert
Ampullen verkaufsfertig, vielleicht sechs-, siebenhundert weitere noch in der
Schüssel.
»Ja, der
alte Erroll... Im Augenblick bezahle ich ihn nur dafür, dass er rumläuft und
die Leute mit seinem Gesicht zu Tode erschreckt.«
Strike
sagte nichts und wartete darauf, dass Rodney fortfuhr.
»Pass auf,
hier in der Gegend werden die Leute umgebracht, weil sie sich nur für das
interessieren, was die nächsten zwei Minuten passiert. Irgendwas fühlt sich
jetzt gut an, und das ist alles, was sie wissen wollen, aber du weißt, wenn du
das falsche Mädchen bumst, wird dich ihr Freund killen, wenn du high wirst von
dem Stoff, den du verkaufen sollst, wenn du gierig wirst, auf eigene Rechnung
ins Geschäft einsteigst, dann wirst du gottverdammt noch mal gekillt.«
>Ja<,
dachte Strike, >genau das war es doch, was Rodney mit Champ versuchte. Der
beschissene Rodney sollte endlich mal in den Spiegel schauen.<
Plötzlich
legte Rodney die Ampullen weg, hob die Hände und ließ sie auf seine Knie
fallen, als sei er zu aufgebracht, um weiterzumachen. »Verdammter gieriger
Hurensohn ...«
Strike
arbeitete schneller und hielt sich zurück, weil er den Eindruck hatte, dass
Rodney endlich mit der Sache rausrücken würde.
»Dieser
Bursche tut nichts anderes als sich zurücklehnen, ein paar Beutel
weiterreichen, das Geld kassieren, wir machen jeder zweihundert pro Unze, er
und ich, und wir verkaufen etwa siebzig Unzen die Woche. Nette Heimarbeit,
sauber, sicher, der ganze Stoff verlässt die Stadt, den Staat, Jersey City, New
Hampshire,
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