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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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irgendjemand freiwillig
in eine solche Scheiße brachte.
    Mazilli
kam zu ihnen zurück, begleitet von einem Diensthabenden, der Maldonado in
einen wohnzimmergroßen Käfig mit Betonfußboden steckte. Man wies ihm eine
Pritsche für die Nacht zu und schloss ihn mit zwanzig weiteren Gefangenen ein.
Die Wände des Käfigs waren mit Graffiti übersät, tausend vorhersagbare Mitteilungen,
die alle um die Wörter >Fuck< und >Aids< zu kreisen schienen.
    Als sie
das Gefängnis verlassen wollten, hakte sich Touhey beinahe bei Rocco ein,
versuchte, seinen Blick von allem und jedem zu wenden, und stolperte hinter
ihm her wie ein halbblinder alter Mann, der zu Fuß einen Highway zur Rushhour
überquert. Rocco fragte sich, ob er überschätzt hatte, was der Schauspieler
ertragen konnte. Er entschloss sich zu einer Wiedergutmachung, wollte ihm ein
Bonbon spendieren. »Sean, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    »Was?«
    »Kommen
Sie her.« Rocco führte ihn hinüber zu den Gittern von Maldonados Käfig;
Maldonado war bereits in der Anonymität des Raums aufgegangen und aus Roccos
Bewusstsein verschwunden. »Sehen Sie mal, da drüben.« Touhey schien es
schwerzufallen, den starren Blicken der Knackis auszuweichen. Die meisten der
Gefangenen standen direkt vor seiner Nase und hielten sich an den Stäben fest.
    Rocco
stupste den Schauspieler an. »Da, an der Wand.«
    Das nackte
Oberlicht ließ einen Großteil der Einzelheiten verblassen, aber Rocco konnte
immer noch den wunderschönen Regenbogen ausmachen, den jemand gemalt hatte. In
mindestens sechs Farben wölbte er sich über Wolken und Vögel und Täler, eine
liebevolle und üppige naive Malerei, bar jeder sexuellen Herausforderung.
    »Das
verdammte Ding ist schon so lange an der Wand da, wie ich denken kann«, sagte
Rocco, »und niemand hat jemals darübergemalt. Wenn man an all die Tiere und
Mutanten denkt, die in all den Jahren Tag für Tag hier eingesperrt wurden und
ununterbrochen ihre Schmierereien vom Boden bis zur Decke gekritzelt haben,
dann muss es einen doch wundern, dass nie jemand über diesen
Regenbogen übergemalt hat. Was sagt das, was sagt Ihnen das?«
    Touhey sah
auf seine Schuhe und versuchte, unsichtbar zu werden. »Ich weiß nicht.«
    Rocco war
kurz davor, sich über den menschlichen Geist auszulassen, beschloss dann aber,
es dabei zu belassen; entweder begriff man es oder nicht. »Nun, denken Sie
darüber nach, Sean.«
    »Werd ich,
werd ich«, sagte der Schauspieler, platzte mit einer angespannten und klammen
Plötzlichkeit damit heraus, dass es Rocco aufging, er könne den Typen gerade
auf eine Weise quälen, die unverzeihlich war.
    »Gut.«
Rocco schreckte auf, merkte auf einmal, wie sein Blick über Wände und Gesichter
schweifte, wie er nach etwas anderem suchte, um es dem Schauspieler zu geben,
nach einem Geschenk, einem Klebstoff, damit er blieb.
     
    Rocco saß
mit Mazilli und Touhey im Camelot, einem halbschicken italienischen Restaurant
mit einem Hummeraquarium, weißen Tischtüchern und einer fünfseitigen
Speisekarte, aber auch mit greller Deckenbeleuchtung, Drinks, die in kurzen,
schmalen Gläsern mit Strohhalm serviert wurden, und einem lauten Fernseher
hinter der Bar. Das Camelot lag zwischen den Heights und den letzten Überbleibseln
des alten deutsch-irischen Dempsy, und Cops waren stets willkommen. Wenn man
zur Polizei von Dempsy gehörte, stieg die Rechnung nie über vierundzwanzig
Dollar pro Tisch, ganz gleich, wie viel man aß oder trank. Ein paar Polizisten
wechselten sich sogar bei einem Nebenjob ab, holten die älteren weißen,
katholischen Stammkunden zu Hause ab und fuhren sie heim, chauffierten sie in
einer fünfzehn Jahre alten Limousine, die der Besitzer direkt vor der Tür neben
einem Hydranten parkte.
    Rocco nahm
einen Schluck von seinem Wodka mit Cranberrysaft; zu süß, Hawaiian Punch. Er
spürte, wie sich etwas in seinem Blut verdickte, wie er darauf wartete, dass
etwas geschah, dass irgendwer irgendwen umbrachte, der Pager an seiner Hüfte losging,
bevor Touhey sie wieder verließ und darüber nachdachte, mit den Leuten von der
Drogenfahndung rumzuhängen, irgendeinem Rettungsdienst oder, da sei Gott vor,
der Feuerwehr. Na ja, Scheiße: Das war nicht New York mit seinen zweitausend
Morden im Jahr. Hier kamen sie auf sechzig, siebzig, die meisten davon schlappe
Dinger, jemand, der seine Frau oder seinen besten Freund umbrachte,
gelegentlich ein abgestochener Schwuler, auch wenn die Aufklärungsrate ein
wenig nachließ, weil die

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