Price, Richard
gehen.
»Ich hatte
heute Wachdienst in einem Kleidergeschäft in New York. Ich hab jetzt auch noch
diesen anderen Job. Also, ich stand da, und diese Lady kommt zu mir, hatte
gerade diesen kurzen Kimono anprobiert. Sie kam zu mir und sagt: >Wie seh
ich aus?< Weißt du, was ich gesagt habe? >Bezückend.< Ich war total
durcheinander, also hab ich >bezückend< gesagt.« Victor sprach so
ungezwungen mit Strike, als würden sie sich noch immer ein Schlafzimmer teilen
und sich jeden Tag sehen. »Bezückend. Verdammt ...«Er schüttelte den Kopf und
lachte über sich selbst.
Strike
ging weiter rückwärts. »Wie gesagt, ich hatte gerade an dich gedacht. Sag Ma
einen schönen Gruß.«
Victor hob
die Hand in einer Abschiedsgeste, ohne sich umzudrehen, schrieb weiter seine
Traumteams auf die feuchte Cocktailserviette.
»Bezückend.«
Das Wort war ein letztes Zischen voller Abscheu, das Strike bis hinaus auf die
Straße folgte.
***
Freitagnacht,
exakt eine Woche nach ihrem letzten Einsatz und gerade in dem Augenblick, als
Mazilli auf den Parkplatz des Lemon-Tree-Familienrestaurants fuhr, ging Roccos
Pager los. Diesmal wussten alle, auch der Schauspieler, dass es kein Anruf von
zu Hause war.
Angewidert
ging Mazilli mitten auf dem Parkplatz scharf in die Eisen und ließ Rocco zu den
Telefonen drinnen laufen. Als Rocco zurückkehrte, stand Mazilli immer noch
dort, eigensinnige fünfundvierzig Meter vom Eingang entfernt, als wolle er das
Unausweichliche bestreiken.
»Dempsy
steht in Flammen.« Rocco glitt auf den Vordersitz und zwinkerte Touhey schnell
zu: Showtime.
»Jemand im
Sterben? Vielleicht können wir hier noch was Nahrhaftes einschieben.« Mazilli
zog die Schultern nach vorn, die Hände im Schoß gefaltet. Solange das Herz noch
schlug, ganz gleich, wie nahe der Tod war, hatte das Einsatzteam der
Mordkommission nur Bereitschaftsdienst.
»Tut mir
leid«, Rocco konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Vergiss es.«
»Krankenhaus?«,
bettelte Mazilli.
»Leiche am
Tatort.«
Rocco sah,
dass Touhey wenigstens das verstand, denn der Schauspieler konnte seine
gespannte Erwartung kaum verbergen.
»Drinnen?«
Mazilli kaute am Daumen. »Nein - beschissenerweise draußen, richtig? Draußen im
Dschungel, richtig?«
Rocco zog
das Ratespiel in die Länge. »Nun, es ist irgendwie drinnen und draußen.«
»Was,
Doppelmord?«
»Nein,
aber der Typ liegt im Eingangsbereich eines Restaurants, halb drin, halb
draußen.«
»Wunderbar«,
seufzte Mazilli und startete den Wagen. »Was nennst du denn Restaurant?
McDonald's? Hambone's? Kentucky Fried Chicken?«
»Fast.
>Ahab's< auf der DeGroot.«
»Ahab's.«
Mazilli murmelte etwas Unverständliches und drehte dann den Kopf zu dem
Schauspieler auf dem Rücksitz. »Gibt's da, wo Sie wohnen, auch ein
>Ahab's«
Touhey
blinzelte und zuckte mit den Schultern.
»Frittierte
Fischarschlöcher, Sie sollten mal eins probieren.«
Auf der
Fahrt zu seinem ersten Mord quer durch die Stadt benahm sich Touhey wie ein
Kind, hopste auf dem Rücksitz auf und ab, Ellbogen zwischen den Kopfstützen
der Vordersitze.
»Es ist
doch erstaunlich, wenn man drüber nachdenkt«, schnatterte er. »Dieser Pager,
das ist eine Pipeline zum Bauch der Bestie. Jedes Mal, wenn das Ding losgeht,
heißt das, dass die Bestie wieder jemanden verschlungen hat! Das ist, als
hätte man den Finger am Puls einer ganzen Stadt, verstehen Sie? Sie haben tatsächlich
die ganze mörderische Wut einer Stadt an Ihrer Hüfte. Das ist ein Wutmesser,
dieser Pager.« Rocco, erleichtert darüber, dass der Schauspieler guter Laune
war, lächelte ihn an. »So hab ich das noch nie gesehen.«
»Ein
Wutmesser«, sagte Mazilli trocken, eine an niemanden gerichtete Bemerkung, und
begann dann zu singen. »Beep-beep, beep-beep, the Rambler
went beep beep beep. Kennen Sie den
Song? While riding in my Cadillac, much to my surprise,
along came little Nash Rambler, about one-half of my size ... Haben Sie die jemals kennengelernt? Die Jungs, die das gesungen
haben?« Mazilli warf dem Schauspieler einen Blick im Rückspiegel zu.
Touhey
zuckte mit den Schultern. »Den Song habe ich noch nie gehört.«
»Was, den
haben Sie noch nie gehört? Wie wär's mit >Who
hit Annie in the fannie with a flounder Haben Sie
den schon mal gehört?«
Das
Lemon-Tree-Restaurant lag in Rydell, zwanzig Minuten vom Tatort entfernt, und
die Fahrt führte sie von den aluminiumverkleideten Häusern der weißen
Arbeiterschicht zu den Sozialbausiedlungen der
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