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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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war, und diese langwierige Krankheit hatte eine Art stillschweigenden Kummer am Hofe entstehen lassen, der einen Schatten über seine Hallen und Stuben warf.
    Manchmal fühlte ich die ganze Wucht des Zorns, den der Baron ausstrahlte und der von anderen Bediensteten an mich weitergegeben wurde. Aber ich bekam während der Weihnachtsfeiertage auch seine Großzügigkeit zu spüren. Ich fühlte mich, als wäre ich immerhin ein kleiner Prinz. Ich schlief gemeinsam mit den anderen Knaben, die am Hofe des Barons arbeiteten, in einem Raum, und an kirchlichen Festtagen und zu Zeiten des Überflusses war ich sogar imstande, meiner Mutter und meinen kleinen Geschwistern Brot und Geflügel zu bringen. Meine Arbeit dauerte manches Mal von Morgengrauen bis Mitternacht, und glücklicherweise war sie so beständig, dass ich immer ein Dach über dem Kopf und einen vollen Bauch hatte. Ich zog Tauben, Schwäne und Falken vom Schlüpfen an auf und richtete sie für den Bedarf des Schlosses ab. Mein Name Aleric war bald vergessen, ich wurde zuerst
»Dreckspatz«, dann »Vogeljunge« und schließlich »Falkner« genannt, noch bevor mein erstes Arbeitsjahr vorbei war.
    Die anderen Knaben waren oftmals neidisch auf die Aufmerksamkeit, die mein Lehrmeister mir zuteilwerden ließ, und besonders einer von ihnen - namens Corentin Falmouth, den einige Bewohner des Schlosses mit Vorliebe Foul-Mouth, also »Schandmaul«, zu nennen pflegten - schien es zu genießen, mich in den wenigen Stunden Schlaf, die ich bekam, zu quälen.
    Corentin kam zum ersten Mal zu mir, als ich die Strohmatte für mich beansprucht hatte, die in der Ecke nicht weit entfernt vom Feuer lag, und er zählte mir, ein Knabe wäre verbrannt, weil er sich zu nahe an die Feuerstelle gelegt hätte. »Du solltest hinten schlafen, bei mir«, meinte er, indem er auf einen Haufen Bettzeug, der in einer dunklen Ecke lag, deutete. »Ich kann dein Beschützer sein.«
    Bald lernte ich, dass er glaubte, Schutz bedeute, mich davor zu bewahren, verprügelt zu werden - und zwar von ihm.
    Wie ich war er ein Knabe vom Lande, und er erinnerte mich irgendwie an meinen älteren Bruder Frey, so wie ich ihn mir inzwischen vorstellte. Gut aussehend und nicht sonderlich charmant, wirkte Corentin anfangs wie mein Anführer und Vertrauter. Irgendetwas an ihm und seiner Art zu sprechen erschien mir bekannt - er war ein Jüngling, der aus dem Marschland und vom Wald her stammte, ebenso wie ich. Wir sprachen beide ein wenig die Alte Sprache, ebenso wie die Neue. Er hatte etwas Bildung erworben - soweit es Arbeitsjungen denn möglich war -, als er bei den Mönchen gearbeitet hatte. Dort hatte er ihre Stuben gereinigt und einige Dinge aus ihren Lektionen aufgeschnappt.
    Er erzählte mir, dass die Brüder ihn vieles über die Welt und ihr Wesen gelehrt hatten, und darüber, wie ein Knabe eine höhere Stellung im Leben er reichen konnte, als er es sich vorstellen konnte: nämlich indem er sich dem richtigen Anführer anvertraute. Er legte
mir die Hand auf die Schulter und flüsterte mir zu, ich brauchte keine Angst zu haben, solange er in meiner Nähe und mein Anführer sei. Anfangs hielt ich das für herrlich und auch für einen Teil der guten Dinge, die mir das Leben zu bieten hatte. Bald musste ich jedoch erfahren, dass er einen Tribut von denjenigen von uns forderte, welche er als seine Vasallen betrachtete, und dass er meinem Bruder Frey überhaupt nicht ähnlich war; auch ähnelte er der gewöhnlichen Landbevölkerung kaum. Was Kameradschaft betraf, so war er nicht sonderlich geschickt. Er pflegte auf den Strohsack zu klettern und mir von den Qualen zu er zählen, mit denen der Baron die Knaben bestrafte, die logen oder ungehorsam waren.
    Corentin war älter als ich - viel leicht sechzehn Jahre alt - und der inoffizielle Anführer von einigen der anderen Raufbolde, mit denen ich die Unterkunft teilte. Die meisten von ihnen stammten nicht aus Familien, die so arm waren wie die meine, aber sie klagten doch über ihr Leben, als hätte sie das schlimmste Schicksal ereilt, das je beschworen worden war. Bei den meisten handelte es sich um die zweiten und dritten Söhne adliger Abstammung, ohne Landbesitz und Erbe, und für viele von ihnen war in wenigen Jahren ein Leben im Kloster vorgesehen - wenn sie Glück hatten. Corentin selbst behauptete, keine lebende Familie zu besitzen, und viel leicht hätte ich Mit leid für seine traurige Einsamkeit empfinden können. Aber er quälte mich ohne Unterlass.
    »Deine

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