PRIM: Netzpiraten (German Edition)
möglich sind Einzelpersonen oder Gruppen aus diesem Umkreis, Verräter, die auf eigene Rechnung arbeiten. Vorrangig zu beachten scheinen uns die Insider und die Hacker oder, schlechter für uns, die Kombination aus beiden. Wegen der breiten Streuung der Herkunftsorte der geheimen Dokumente ist es schwierig, einen Kreis von Insidern näher zu bestimmen. Wir wissen, dass der Gedanke an Insider vielen von Ihnen gar nicht behagt, und auch die Untersuchungen nicht, die damit verbunden sind.
Bisher haben PRIM ihre Drohungen nicht in die Tat umgesetzt. Wir sind ein wenig besorgt, dass sie nach der gescheiterten Übergabe gestern in Philadelphia Dokumente oder Mails weitergeben. Das würde den Druck auf uns zweifellos erhöhen.
Zum Schluss möchte ich eine Einschätzung vorstellen, die im FBI im Laufe der Zeit immer mehr Anhänger gefunden hat. Danach ist anzunehmen, dass PRIM sich an die Bedingungen halten werden, wenn wir es tun. Davon sind wir aber wohl noch weit entfernt. Wir müssen dann allerdings überzeugt sein, PRIM bei oder nach der nächsten Übergabe zu fassen. Wenn wir das nicht als sicher annehmen können, müssten wir überlegen, ob wir einhundert Millionen Dollar riskieren, um wenigstens die Möglichkeit zu eröffnen, dass PRIM sich an ihre Versprechung halten, nämlich alle in ihrem Besitz befindlichen Dokumentkopien zu vernichten und uns eine Liste der gestohlenen Dateien und zugehörigen Server zu übergeben.“
Hoover lehnte sich zurück. In die Stille hinein, die Hoovers Ausführungen folgte, fragte Krienitz: „Was meint man in der NSA, Miss Lormant?“
„Wir stellen leider fest, dass wir über unsere Anfangseinschätzungen über PRIM hinaus trotz diverser weiterer Nachrichten zu keinen neuen Erkenntnissen gelangt sind. Wir konnten weder die Ketten der einbezogenen Rechner vollständig identifizieren, noch aus dem Wortlaut und Satzbau der Mails von PRIM zusätzliche Informationen gewinnen, vielleicht außer der, dass eine erstaunliche Konstanz gewahrt wird. PRIM geben sich keine Blöße, ihr ganzes Vorgehen wirkt sehr professionell.“
„Sehen Sie Professionalität auch bei PRIMs Planungen der Übergaben?“, fragte Hoover. „Zumindest die letzte Übergabe war nach Einschätzung des FBI riskant für PRIM. Wenn wir das gesamte Rohrpostnetz gleich überwacht hätten, nachdem es von PRIM erstmals erwähnt wurde, hätten wir sie wahrscheinlich gefasst.“
Alice fand, dass dieser Punkt bisher zu wenig beachtet und diskutiert worden war. „Wir haben uns die beiden Übergaben sehr sorgfältig daraufhin angesehen. Und zwar nicht nur hinsichtlich PRIMs jeweiliger Ablaufplanung unter Einbeziehung technischer Steuerungssysteme, sondern auch hinsichtlich der erforderlichen Neuplanung angesichts der zeitlichen Nähe beider Übergaben. Bei der ersten Übergabe wissen wir nicht, wie PRIM das Ende mit der eigentlichen Übergabe geplant hatten. Aber die Eingriffe in die Fahrstuhlsteuerung lassen vermuten, dass PRIM damit Mrs. Rust unserer Überwachung entziehen wollten. Nach dem Scheitern setzten PRIM sehr kurzfristig eine neue Übergabe an, kurzfristig zumindest dann, wenn man eine Neuplanung unterstellt. Bei der zweiten Übergabe können wir davon ausgehen, dass PRIM oder ein von ihnen Beauftragter die Brillanten und Zertifikate im St. Josephs Hospital an sich nehmen wollten. Wir sind ein wenig vorsichtig bei der Schlussfolgerung, dass sie wegen unserer Annäherung an das Hospital von der Mitnahme abgehalten wurden. Denn eigentlich hatten sie genügend Zeit zu verschwinden, und sie können auch kaum mehr Zeit eingeplant haben. Was sie letztlich veranlasste, die Brillanten im Hospital zu lassen, wissen wir nicht. Diese Umstände machen uns, zumindest aber mich, stutzig. Nach meiner Meinung müssen PRIM mit einer Panne bei der ersten Übergabe gerechnet haben, und dementsprechend müssen sie die Planung für eine zweite Übergabe lange vorher begonnen haben. Es ist unwahrscheinlich, dass sie alle Erkundungen in Philadelphia erst nach der gescheiterten ersten Übergabe begonnen haben. Und damit liegt auch der Schluss nahe, dass sie eine dritte Übergabe durchaus bereits geplant haben könnten. Mich beunruhigt, dass die Komplexität der von PRIM geplanten Übergabeprozedur mit jedem Versuch anwächst. Die nächste Übergabe wird noch höhere Anforderungen an unsere Wachsamkeit erfordern.“
Krienitz erteilte Hoover mit Kopfnicken das Wort. „Sehr interessant. Sie haben recht mit der Einschätzung, dass
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