PRIM: Netzpiraten (German Edition)
wenn es um die Aufklärung eines der größten Juwelenraube geht, Mrs. Callins. Und er ist auch gar nicht als gestohlen gemeldet, jedenfalls noch nicht, wie Sie feststellen werden. Sie können später gern bei der Polizei nachfragen, am besten beim Commissioner selbst, aber jetzt reicht die Zeit nicht für weitere Erklärungen.“
Callins Züge erstarrten, soweit das unter ihrem Make-up überhaupt zu erkennen war. Sie dachte nach. Dann fragte sie: „Sie kommen nicht von irgend so einer Testzeitschrift, oder? Kann ich Ihre Ausweise noch einmal sehen?“
Sie blickte Alice an. Alice zeigte ihr ihre Marke mit dem Ausweis. „Ich bin von der National Security Agency, Mrs. Callins. Der Fall erfordert die Zusammenarbeit mehrerer Sicherheitsdienste. Glauben Sie uns!“
„Ich habe keine Kamera gesehen. Haben Sie keine Videoüberwachung im Verkaufsraum?“, wollte Hoover wissen und hielt Callins seine Marke noch einmal hin. Auch sein Ausweis steckte in der gleichen Lederhülle wie seine Marke.
„Nein. Wir schützen uns anders. Viele unserer Kunden wollen nicht gefilmt werden. Darauf haben wir uns eingestellt.“
„Gehört zu dem anderen Schutz ein Metalldetektor an der Eingangstür?“
„Ein stiller Alarm. Nur für unsere Sicherheitsleute erkennbar. Sie behalten Besucher, die möglicherweise bewaffnet sind, besonders scharf unter Beobachtung. Unauffällig.“
„Für unseren Fall ist das gut. Ich werde Ihnen das später erklären. Die beiden werden gleich hier sein.“
Callins ging zur Tür. „Gut, ich werde die Schätzung selbst durchführen. Bleiben Sie im Laden?“
„Ja, wir halten uns im Hintergrund. Es soll keine Verhaftung geben. Vielleicht können Sie jemanden abstellen, der uns Schmuck zeigt.“
Callins nickte Einverständnis. Sie rief eine Angestellte und stellte Alice und Hoover als Kaufinteressenten vor. Dann sprach sie mit den beiden Empfangsleuten und mit einem weiteren Mann, der mit seiner athletischen Figur und dem offensichtlichen Desinteresse an den ausgestellten Schmuckstücken nur zum Sicherheitspersonal gehören konnte. Anschließend verschwand sie hinter einer der Schwingtüren zu den Nebenräumen.
Hoover rief Decker an und machte ihn auf einen möglichen Anruf Callins bei der Polizeileitung aufmerksam. Dann wählte er Krienitz’ Nummer und erklärte ihr die Lage. Mehrfach während des Gesprächs vergrößerte er den Abstand zwischen dem Smartphone und seinem Ohr. Dann betraten Werback und Rust das Geschäft.
Werback erkannte Hoover aufgrund seines geschulten Beobachtungsverhaltens sofort, obwohl gute zwanzig Meter Distanz und diverse gläserne Schaukästen zwischen ihnen lagen. Er verzog keine Miene. Einer der Männer von der Tür führte die beiden an einen Kundentisch im hinteren Bereich. Callins wurde herbeigerufen und kümmerte sich um sie. Der Athlet postierte sich in der Nähe. Callins forderte Rust und Werback auf, sich zu setzen. Aber sie blieben stehen. Nachwehen vom Sitzmarathon in der Bibliothek, dachte Alice. Werback öffnete den Koffer und holte unauffällig einen Stein aus dem Beutel. Callins griff nach einer Lupe und hielt den Brillanten zur Betrachtung sehr dicht davor. Offenbar beglückwünschte sie Werback und Rust zu dem außerordentlich schönen Stein. Geschäftsgebaren. Dann fragte sie um Erlaubnis, den Stein im Labor genauer zu prüfen. Sie legte ihn auf ein kleines, schwarzes Kissen. Werback und Rust setzten sich jetzt doch auf die gepolsterten Stühle. Rust sah sich im Geschäft um und entdeckte Alice. Alice legte den Zeigefinger über ihre Lippen, als ob sie in tiefes Nachdenken versunken war. Rust verstand.
Callins kam zurück. Lebhaftes Gespräch. Wahrscheinlich ging es jetzt um das fehlende Zertifikat. Werback verzichtete dankend auf das kleine Schmuckkästchen, in das Callins den Stein gebettet hatte. Er legte den Stein wieder in den Beutel und verschloss den Koffer. Dann verabschiedeten sich beide von Callins. Sie brachte sie zur Tür.
„Kostet die Schätzung etwas?“, fragte Alice.
„Keine Ahnung“, erwiderte Hoover. „Aber selbst wenn, wird Callins hier gerne darauf verzichten.“
„Nicht so gut.“
„Sie haben recht. Kommen Sie!“ Hoover schnitt Callins den Weg zu ihrem Büro ab, ohne Absicht dabei erkennen zu lassen. Er beugte sich zu ihr hinab, sprach leise.
„Danke für Ihre Kooperation. Sehr gut gemacht! Sagen Sie uns bitte: Verlangen Sie keine Bezahlung für solche Prüfungen?“
Callins schüttelte den Kopf. „Nein, nur wenn wir
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