Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Enss
Vom Netzwerk:
keine Segelyachtmodelle baute.
    Der Balkon erstreckte sich tatsächlich über die volle Länge des Appartements. Und es gab keine Balkons darüber, obwohl es noch ein weiteres Stockwerk geben musste, wie im Fahrstuhl angezeigt war. Am südlichen Ende reichte der Balkon sogar um die Hausecke herum und verlief entlang der 72. Straße, so dass das Wohn- und Arbeitszimmer an zwei Seiten vom Balkon umgeben war. Am Ende gab es eine Wand. Alice vermutete die Fortsetzung des Balkons dahinter für das Nachbarappartement. Er zeigte ihr, dass man von hier aus bis in den Central Park sehen konnte. An der Seite im Westen war der Balkon breiter, und Talburn hatte hier einen Teaktisch und zwei verstellbare Klappsessel aus Holz mit Kissenauflagen aufgestellt. Am Ende war die Brüstung unterbrochen, um schnellen Zugang zur Feuerleiter zu gewähren.
    „Warum ist die Leiter von oben herabgedreht?“, fragte Alice. „Und was ist da oben, nur das Dach?“
    „Da ist ein Penthouse mit riesiger Terrasse rund herum. Deshalb sieht man nichts davon. Gehört einem Schweizer Banker. Ist Chef in irgend so einer kleinen deutschen Bank. Er ist wegen der Hitze im Sommer nie hier. Und auch sonst immer nur ein paar Tage. Übernachtung, und dann zurück nach Europa oder Singapur. Er hat Riesenangst vor Feuer, und da hat er mich gefragt, ob er die Leiter ausgefahren lassen darf. Dafür darf ich nach oben, ohne ihn zu fragen. Aber einen Schlüssel für sein Domizil hat er mir nicht überlassen. Wir müssen uns mit meinem bescheidenen Appartement zufrieden geben. Also: Kaffee oder Wein?“
    „Kaffee. Ich muss ja noch nach Hause fahren.“
    „Also Wein“, sagte Talburn und verschwand in die Küche.
    Alice lachte. In ihren Ohren klang es fürchterlich falsch, aber er schien nichts zu merken.
    „Ich gehe mal ins Bad, und ich brauche meine Strickjacke“, rief sie ihm durch die Küchentür zu und griff sich ihre Rucksacktasche.
    „Links, dritte Tür, dann rechts!“, antworte er.
    Alice nutzte die Gelegenheit und öffnete die zweite Tür, die zum Raum an der anderen Seite der Küche führte. Sie machte kein Licht an, denn das würde er durch das Küchenfenster an den Reflexionen an der Balkonbrüstung erkennen. Aber mit dem Licht von der Diele war sofort zu sehen, dass er hier seine Modellbauwerkstatt hatte. Wenig Baumaterial aus Plastik oder Holz, aber viel Elektronikkram, stellte sie fest. Sie erkannte bei ihrem kurzen Rundblick diverse Testgeräte für Telekommunikation, einen Signalanalysator, zwei Frequenzgeneratoren, ein Multimeter, ein Oszilloskop und mehrere Datenlogger, aber die Reihe der Geräte war damit gerade einmal begonnen. Fernsteuerungen und deren Anwendung benötigten offensichtlich umfassende Elektronikkenntnisse. Vorn neben der Tür standen mindestens sieben Paar Sportschuhe. Auf einem der Tische ein paar technische Zeitschriften und Bücher. Theodore Seevens: Hausbau im New York der ersten Jahrhunderthälfte. Kate Asher: Anatomie einer Stadt. Mein Gott, wofür interessiert er sich nur alles, ging es Alice durch den Kopf.
    Die vierte und letzte Tür am Anfang der Diele neben der Wohnungstür konnte demnach nur ins Schlafzimmer führen. Vom Balkon aus hatte sie zuvor wegen der Dunkelheit weder die Werkstatt noch das Bade- oder das Schlafzimmer erkennen können.
    Sie hatte nicht damit gerechnet, dass hinter der dritten Tür ein Vorraum vor dem eigentlichen Badezimmer war. Das Deckenlicht ging mit dem Öffnen der Tür an, denn es gab ja kein Fenster. Sie schaute sich um. Der kleine Raum diente als Garderobe. Ein weiteres Bootsmodell. Zwei Türen ohne Hinweis auf die Räumlichkeiten dahinter. Alice öffnete die rechte, die nicht am Balkon liegen konnte. Eine Gästetoilette.
    Wenn er mich küsst, dann darf ich auch in sein Badezimmer, dachte Alice und öffnete entschlossen die andere Tür. Sie schaltete das Licht an und trat ein. Das Badezimmer war überraschend groß und rundum bis zur Decke in Weiß gefliest mit dunkelblau gemusterten Bordüren. An der rechten Seitenwand befand sich eine Tür zum Schlafzimmer. Die Jalousie am Fenster war heruntergezogen. Ohne nachzudenken startete sie eine schnelle Inspektion. Das ist Frauen angeboren, hatte ihre Mutter einmal kommentiert, als sie bei Bekannten eingeladen waren und deren Bad begutachtet hatten. Es gab keinen Hinweis auf eine Frau im Leben des Robert Talburn.
    An der Tür zum Schlafzimmer zögerte sie. Sie öffnete sie nicht, und sie wusste nicht warum. Sie wusch ihr Gesicht mit kaltem

Weitere Kostenlose Bücher