PRIM: Netzpiraten (German Edition)
bestätigt. Aber sie hielt sich weiter bedeckt.
„Ich kann Ihre Besorgnisse, um nicht zu sagen Ihren Argwohn, gut nachvollziehen. Es wird interessant sein zu hören, was Possling und Kaestner über Beagle denken. Und wir können ja unabhängig voneinander auf mehr und schnellere Information dringen. Ich finde es zum Beispiel merkwürdig, dass Beagle über die Mails von PRIM immer erst etliche Stunden nach deren Eingang erfährt.“
* * *
Die nächste Beagle-Sitzung war erst für den Nachmittag angesetzt. Alice nutzte den Vormittag, um sich mit Pamela Bissel zu treffen. Bissel schlug vor, dass Alice nicht ins Weiße Haus kommen sollte. So trafen sie sich am Osteingang und liefen die paar hundert Meter durch den President’s Park zu den Constitution Gardens, wo um diese Zeit nur ein paar Jogger und Mütter mit kleinen Kindern anzutreffen waren.
Bissel war etwa vierzig Jahre alt und leicht untersetzt. Sie erinnerte Alice an eine biedere Hausfrau. Sie hatte ein rundliches, freundliches Gesicht, und sie hatte ihre Haare auf die einfachste Weise vom Mittelpunkt des Schädels nach allen Seiten herabgekämmt. Eine Frisur vermochte Alice darin nicht zu erkennen. Vermutlich würde sie ein Sackkleid tragen, dachte Alice, wenn sie nicht der Kleiderordnung im Weißen Haus folgen müsste. Und ganz bestimmt hatte sie Schwierigkeiten damit, ihre Figur unter Kontrolle zu behalten.
„Warum sollte ich lieber nicht zu Ihnen ins Weiße Haus kommen?“, fragte Alice.
„Es wundert mich, dass Sie das fragen. Sie wollten doch sicherlich unbeobachtet mit mir sprechen, oder?“
Alice antwortete nicht. Ein paar Kinder kamen ihnen lärmend entgegen und hätten sie beinahe umgerannt.
„Haben Sie Walter Ingram gekannt, Mrs. Bissel, Ihren Vorgänger?“
„Ja, sehr gut und seit etlichen Jahren. Wir haben zusammen bei der NSA gearbeitet. Ich war bei seiner Beerdigung. Sehr tragisch, dieser Unfall.“
„Was wissen Sie über seine Sachen, sein Notebook und sein Smartphone?“
„Ich war beauftragt, das Notebook für die NSA so schnell wie möglich in meinen Besitz zu bringen. Aber es war gar nicht da. Man wollte mir nicht einmal sagen, wo es war. Später erfuhr ich über meine kleinen Quellen in der anheimelnden Umgebung des Büros der First Lady, dass der Secret Service das Notebook auf höchste Weisung dem FBI schon am Tag des Unglücks wieder abgenommen hatte. Nachdem die es durchleuchtet hatten, gaben sie es großzügig wieder an das FBI, obwohl die Walters Tod schon gar nicht mehr untersuchten. Das FBI gab das Notebook kurze Zeit später wieder beim Secret Service ab. Und der lieferte es auf Anweisung unseres lieben Direktors direkt an Tessenberg, bevor ich auch nur einen Blick darauf werfen konnte.“
Alice hatte den sarkastischen Unterton in Bissels Antwort wohl verstanden. Vielleicht konnte sie Bissels offensichtliche Abneigung gegen das Weiße Haus ausnutzen, um mehr zu erfahren.
„Kein guter Arbeitsplatz offenbar, obwohl viele Sie darum beneiden dürften, am berühmtesten Ort in den Vereinigten Staaten und so nah an der Macht.“
„Glauben Sie mir, Mrs. Lormant, es ist eine Schlangengrube. Ich habe bereits um meine Rückversetzung gebeten.“
„Was ist mit Ingrams Smartphone geschehen?“
„Sie haben es zwei Tage lang vergeblich im See gesucht. Mit Tauchern und Detektoren und allem Drum und Dran. Haben nur den Hund gefunden. Und mitgenommen.“
„Wer hat danach gesucht? Und woher wissen Sie das?“
„Das hat mir Walters Onkel bei der Beerdigung erzählt. Heißt Paul Meynard. Ein wenig verwirrt, der arme Kerl. Er hat es beobachtet, wohnt an dem Unglückssee. Er sagte, dass der See viel zu tief und verschlickt ist, als dass Taucher unten etwas finden könnten. Sie haben sich nicht zu erkennen gegeben. Er glaubt, dass es Secret-Service-Leute waren, so wie die, die Walter gefunden haben.“
„Und was hat es mit dem Hund auf sich?“
„Das war der Hund des Onkels. Meynard sagte, dass er mit im Boot war, mit dem Walter verunglückt ist. Ist ertrunken.“
„Ertrunken? Ein Hund?“
„Vielleicht hat er beim Kentern einen Schlag auf den Kopf bekommen, was weiß ich? Er wurde im Schilf gefunden. Die Geheimdienstleute haben den Kadaver mitgenommen. Walters Onkel wollte ihn zurück haben und beerdigen, aber sie gaben ihm Bescheid, dass der Hund verbrannt wurde.“
„Vielleicht hat Walter Ingram beim Kentern auch einen Schlag auf den Kopf bekommen, sonst wäre er doch einfach ans Ufer geschwommen
Weitere Kostenlose Bücher