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PRIM: Netzpiraten (German Edition)

PRIM: Netzpiraten (German Edition)

Titel: PRIM: Netzpiraten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Enss
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oder wäre wieder auf das Boot geklettert, selbst wenn es kieloben schwamm.“
    „Das denken alle, die ihn kannten. Aber manchmal kommt es ganz anders als du denkst.“
    Alice war sich nicht sicher, ob Pamela Bissing Kenntnis davon hatte oder davon haben durfte, dass Erpresser Mails an die First Lady schickten. Entsprechend vorsichtig fragte sie weiter: „Haben Sie der First Lady einen neuen Mail Account eingerichtet?“
    „Ich habe unser PK-15-Verschlüsselungsprogramm neu aufgespielt. Am alten war aber nach meiner Meinung nichts falsch. Da hatte sie sich bereits einen neuen Account eingerichtet, und sie hatte sich neue Passwörter generiert. Es geht hier ja um einen Account, der überhaupt nur ihrem engsten Freundes- und Verwandtenkreis bekannt ist. Und ihr öffentliches Passwort schickt sie auch nur diesem Personenkreis.“
    „Hat sie die Einrichtung wirklich selbst gemacht? Hat sie das gesagt?“
    „Sie hat sich so ähnlich ausgedrückt. Aber es war wohl eher ihr Sohn, der Albert. Oder Moore, oder Dr. Vermille.“
    „Und ist der alte Account stillgelegt?“, fragte Alice, obwohl sie es besser wusste.
    „Ich bin verpflichtet worden, nichts darüber zu sagen, Miss Lormant.“
    „Von wem denn, und warum?“
    „Von Samantha Krienitz persönlich. Veranlasst hat es aber Dr. Vermille. Das ist der Sicherheitschef des Secret Service für die persönlichen Geräte der Präsidentenfamilie. Ich glaube, diese Stelle wurde extra für Vermille eingerichtet. Er ist erst mit dem Präsidenten ins Weiße Haus gekommen.“
    „Und warum dürfen Sie nichts sagen?“
    „Das weiß ich nicht. Irgendetwas muss sehr geheimnisvoll sein.“
    „Mrs. Bissel, ich sage Ihnen jetzt etwas, was Sie vielleicht etwas anders über die großen Geheimnisse denken lässt.“ Alice pokerte hoch. „Ich habe von Direktor Tessenberg eine sehr spezielle Anweisung erhalten. Ich täusche mich sicherlich nicht, wenn ich annehme, dass auch Sie sich ihm gegenüber verpflichten mussten.“
    Bissel wartete nur ab. Es war so gut wie Zustimmung. Nach kurzem Überlegen sagte sie: „Den alten Account von Mrs. Stonington wollte Dr. Vermille unbedingt auf einen der Rechner des Secret Service verlegen. Moore war vehement dagegen, aber auch Mrs. Stonington. Dann hat Samantha Krienitz Krach gemacht, woraufhin der Account kopiert wurde, aber ohne dass Mrs. Stonington auch ihren privaten Schlüssel zu diesem alten Account hergegeben hat. Der Secret Service kann also versuchen, die Mails zurückzuverfolgen, sobald sie eingegangen sind, aber er kann sie nicht entschlüsseln. Mrs. Stonington ist damit immer die erste, die diese Erpressermails in Klartext zu sehen bekommt. Sie streicht heraus, was sie als privat betrachtet, und gibt die entschlüsselten Mails dann an Dr. Vermille oder an Mrs. Krienitz. Ich habe noch keine gesehen.“
    „Ist der neue Account auch auf Secret-Service-Rechnern kopiert?“
    „Ja, aber auch hier wurde der Schlüssel zur Decodierung der Mails nicht an den Secret Service gegeben.“ Bissel zögerte einen Moment und ergänzte dann ihren Satz mit einem leisen „ja“.
    „Ja? An wen hat sie ihn denn sonst weitergegeben?“
    „Nein, dazu wollte ich nichts sagen, denn ich weiß es nicht. Es war nur merkwürdig, dass Mrs. Stonington mich gebeten hat, die Rundenzahl bei der Verarbeitung ihres Passworts für den Zugang zur Ent- und Verschlüsselungsprozedur deutlich zu erhöhen, ohne irgendjemandem im Haus oder bei uns in der NSA etwas davon zu sagen. Mir war sofort klar, dass diese Forderung nicht von ihr selbst stammen konnte, denn sie versteht nichts von programmierten Sicherheitsvorkehrungen. Ich habe versucht herauszubekommen, warum sie das wollte und wer ihr dazu geraten hatte. Sie reagierte misstrauisch auf meine Fragen und verlangte, dass ich die Rundenzahl um den Faktor tausend erhöhen sollte, das würde schließlich niemandem schaden und der Sicherheit zugutekommen. Also habe ich es gemacht. Die Verarbeitungszeit der Zugangsprozedur auf dem Server beträgt jetzt eine halbe Sekunde statt ein paar Zehntausendstel Sekunden wie zuvor.“
    Alice ließ sich ihr Erstaunen nicht anmerken. Jemand im Umkreis der First Lady befürchtete also Brute-Force-Angriffe zur Entdeckung des Passworts. Bei der empfohlenen Länge und Zusammensetzung des Passworts oder der Passphrase, die Pamela Stonington sicherlich auch einhielt, konnte nur ein Geheimdienst oder eine andere Organisation mit enormen Rechnerkapazitäten solche Angriffe ausführen, bei denen

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