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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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gesammelt.
    »Aber wir können doch nicht so tun, als hätten wir noch nie über sie geschrieben.«
    »Stimmt«, sagte Schyman, »aber wir müssen sie nicht noch mal durch den Dreck ziehen, jetzt, wo sie tot ist. Ich möchte eine zurückhaltende und würdige Beschreibung von Michelle Carlssons Leben. Und von ihrem Tod natürlich. Alle Preise, die sie bekommen hat, wie sehr die Zuschauer sie geliebt haben, die Geschichte von ihrem Vater müssen wir natürlich haben, so schrecklich, wie sie ist …«
    Plötzlich blieb Schyman die Luft weg.
    Blut und Tod, fuhr es ihm durch den Kopf, Terror und Tragödien, Mord und Totschlag, damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt.
    »Und was noch?«, fragte er matt.
    »Was machen wir mit Torstensson?«, fragte Spiken.
    »Eigentlich müsste er diese Entscheidungen treffen.«
    »Ich bin im Aquarium«, erwiderte Schyman. »Sagen Sie Bescheid, wenn jemand von sich hören lässt, irgendein Musikant oder so …«
    Auf dem Weg zum Glaskasten war sein Rücken gebeugt.
    Der
Katrineholms-Kurier
war abgefahren, um sich um das Mittsommerfest in Bie zu kümmern, aber die
Öst-Nachrichten
waren noch da, die Leute tranken in ihrem Minibus Kaffee aus Thermoskannen. Das Team vom staatlichen Fernsehen war mit seinem Bus mit Satellitenschüssel etwas feiner als die anderen, der Reporter des
Sörmland-Radio
stand oben am Stall und telefonierte.
    Bertil Strand wärmte sich immer noch im Dienstwagen der Konkurrenz auf, der im Leerlauf lief, als Annika an die Scheibe der Beifahrertür klopfte. Der Fotograf öffnete das Fenster zwei Zentimeter.
    »Jetzt«, sagte Annika.
    Eine Sekunde später war der Fotograf aus dem Auto und mit ihm die übrigen Journalisten.
    »Ein Polizeiauto«, schrie der Reporter der anderen Zeitung aufgeregt und rannte zur Absperrung am Kanal. Annika blieb zitternd und stumm stehen. Sie sah zum Schloss hinauf.
    Genau auf der anderen Seite des Wassers erhob sich der Fahnenmast, ein Richtzeichen für den ganzen Ort. Das kleine Boot lag im Wasser und schaukelte in der Dünung.
    Sie dachte immer mit Unbehagen daran zurück, als sie zum ersten Mal gesehen hatte, wie die Polizei einen toten Menschen abtransportierte. Der Kronobergspark in Stockholm, nur ein paar Häuserblocks von ihrem Zuhause entfernt. Der kleine jüdische Friedhof, der verfallen und düster zwischen riesigen Bäumen lag, die Hitze, der Geruch, die aufgerissenen Augen und der lautlose Schrei der toten Frau. Sie hieß Josefine, erinnerte sich Annika. Josefine Liljeberg. Sie starb, weil sie zu sehr liebte. Das hätte ich sein können.
    Da entdeckte sie zwischen den Bäumen bei der Schmiede und dem Strandhaus den Leichenwagen. Er fuhr langsam auf die Absperrung zu, an der die Journalisten standen. Die Kameras surrten, die Fotografen traten einander in die Hacken und auf die Zehen. Annika stellte sich an die Seite und sah den Wagen langsam herangleiten, sah die Polizei, die das Medienaufgebot zurückdrängte, das Fahrzeug, das über die Brücke rollte, an den Schafen vorbei und die Auffahrt hinauffuhr, und sah, kaum erkennbar, den weißen Sack hinter den getönten Scheiben. Der Lokalreporter lief dem Auto hinterher und hielt das Mikrofon an die Räder. Annika blinzelte. Wie geschmacklos.
    Bertil Strand folgte dem Wagen mit dem Teleobjektiv, bis er an der Abfahrt zum Gestüt aus dem Blickfeld verschwand.
    »Jetzt erklär mir noch zwei Sachen«, sagte er zu Annika.
    »Wie kommen wir hier jetzt weg, und wie kriege ich mein Auto zurück?«
    Annika sah dem Fotografen fest in die Augen.
    »Brauchst du sonst noch was von mir?«, fragte sie. »Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«
    Sie nahm das Handy und wählte eine Nummer aus dem Speicher.
    »Ich bin in Flen«, sagte Berit Hamrin zu ihr. »Wo liegt denn Yxtaholm?«
    Annika atmete auf.
    »Kommst du aus Norrköping? Dann durch die Stadt, die 55 rauf, links und dann wieder an dem Schild rechts. Ja, wir sind drin, aber sie werden dich nicht reinlassen. Wir sind gerudert.
    Ja, mit einem Ruderboot.«
    Sie lachte, als sie auflegte.
    »Berit wird in zehn Minuten hier sein. Sowie wir fertig sind, kannst du mit ihr fahren und dein Auto holen.«
    »Worauf warten wir denn noch?«
    »Darauf, dass die zwölf Leute rauskommen. Oder elf.
    Wenn wir auf dem Parkplatz bleiben dürfen, dann haben wir die Chance unseres Lebens, mit ihnen reden zu können, ehe sie wegfahren.«
    »Da hinten am Schloss rührt sich was«, meinte Bertil über ihren Kopf hinweg.
    Ein Polizist in Lederjacke und Hawaiihemd

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