Prime Time
Snapphane, hat mir schon viel von Ihnen erzählt«, sagte Annika.
Er blinzelte verwirrt.
»Wirklich? Anne?«
»Ja, wie gut Sie mit diesem Bus umgehen können und dass Sie der Könner im Team sind. Gunnar Antonsson, oder?«
Der Mann blinzelte wieder, dann nickte er.
»Ich bin Technical Operation Manager im Outside-Broadcast-Bus Nummer fünf«, sagte er. »Ich bin für den Ü-Wagen zuständig.«
Annika sah sich um und bog dann auf die 55.
»Sie waren dabei, als sie gefunden wurde, nicht? Das muss schrecklich gewesen sein.«
Gunnar Antonssons Augen zuckten. Sein Kinn runzelte sich, als würde er Tränen zurückhalten.
»Michelle war ein gutes Mädchen«, sagte er. »Lassen Sie sich von keinem was anderes erzählen.«
»Würde das denn jemand tun wollen?«, fragte sie.
Der Mann seufzte tief und spielte an seiner Tasche herum.
»Journalisten sind immer sauer auf Moderatoren«, sagte er.
»Sie finden immer nur die Fehler und nie die Verdienste. Es will einfach jeder auf den Bildschirm, das ist das Problem.«
»Sie nicht?«, fragte Annika und lächelte.
Da lachte er sogar.
»Nein«, sagte er, »ich nicht. Wie würde das denn aussehen!«
Sie bogen Richtung Flen ab, fuhren an der Abzweigung nach Hälleforsnäs vorbei.
»Ich habe in den Stall hineingeschaut«, sagte Annika, »da sah es aus, als hätte es einen dicken Streit gegeben. Waren Sie dabei?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich wollte um sieben Uhr aufstehen, frühstücken, den Bus klarmachen und dann nach Dalarna rauffahren. Deshalb habe ich mich nach dem Vorabendprogramm im Fernsehen schlafen gelegt.«
»Das heißt, Sie haben in der Nacht gar nichts mitgekriegt?«
Er schüttelte traurig den Kopf.
»Wie sah sie eigentlich aus, als Sie sie gefunden haben?«, fragte Annika und fuhr langsam auf die einzige Ampel in der ganzen Gegend zu.
Gunnar Antonssons Blick kehrte sich nach innen, er wirkte abwesend.
»Sie trug keine Hose«, sagte er erstaunt. »Keine Unterhose.«
Annika schielte zu dem Mann hinüber, er sah sie an.
»Können Sie sich vorstellen, was sie ohne Unterhose in dem Bus machte?«
Auf Annikas Netzhaut liefen die Bilder wie in einer Kamera vorbei. Sie schüttelte den Kopf und bremste.
»Da sind wir. Ich hoffe, Sie müssen nicht zu lange warten.«
»Vielen Dank fürs Bringen«, sagte der Mann höflich. Er gab ihr die Hand, strich dann sein Haar glatt und stieg aus dem Auto.
Anders Schyman war gerade auf dem Weg vom Kaffeeautomaten in sein Zimmer, als er am Empfang aufgeregte Stimmen hörte. Er konnte nicht verstehen, was gesagt wurde, aber die Intensität der Worte und der deutliche Dialekt veranlassten ihn hinzugehen.
Tore Brand stand mit dem Rücken zu ihm, die Hände in die Seiten gestemmt, den Kopf vorgeschoben. Ihm gegenüber stand ein groß gewachsener Mann, dunkelrot im Gesicht und sehr wütend.
»Wie würde das denn aussehen«, sagte der Hausmeister, »wenn ich hier Kreti und Pleti reinlassen würde?«
Schyman legte Tore Brand eine Hand auf die Schulter. »Ist schon in Ordnung«, sagte er und gab dem Vorstandsvorsitzenden der Zeitung die Hand.
»Anders Schyman«, stellte er sich vor, »Redaktionsleiter.
Was kann ich für Sie tun?«
Tore Brand schnaubte und kehrte zu seiner Basis hinter der Empfangstheke zurück.
Herman Wennergren zog eine Zeitung heraus, die er sich unter den Arm geklemmt hatte.
»Ich will mit Torstensson reden«, sagte er.
Der Redaktionsleiter seufzte bekümmert.
»Er ist noch nicht da.«
»Dann möchte ich mit dem verantwortlichen Herausgeber sprechen.«
Schyman zog eine Augenbraue hoch.
»Aber das ist Torstensson«, sagte er. »Heute wie gestern.
Kommen Sie doch bitte solange in mein Büro. Möchten Sie einen Kaffee?«
Der Vorstandsvorsitzende ignorierte die Frage.
»Sie haben ganz schön was zu erklären«, sagte er und hielt den gewichtigsten Nachrichtenteil der Zeitung hoch, die Seiten sechs und sieben. Dort war Annika Bengtzons Balanceakt mit den zwölf Zeugen im Schloss zu lesen.
»Bitte in meinem Büro«, sagte Schyman mit derselben Autorität, die er an den Tag legte, wenn einer seiner Angestellten öffentlich aufbegehren wollte.
Der Fußboden schien unter den Füßen des Redaktionsleiters etwas nachzugeben, als er zu dem Glaskäfig in einer Ecke der Redaktion ging. Seines Wissens hatte Herman Wennergren noch nie zuvor einen Fuß in die Redaktion gesetzt.
»Womit kann ich Ihnen dienen?«, fragte Anders Schyman und bot dem Vorstandsvorsitzenden einen der Besucherstühle an. Der Mann
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