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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Neonazitante? Mariana? Wennergren? Stefan?«
    Annika schluckte, und Anne sah sie erstaunt an.
    »Die Neonazifrau«, sagte sie, »das war vielleicht eine blöde Kuh. Sie wusste, wer ich bin, das war verdammt unangenehm.«
    »Was heißt das, sie wusste es?«
    Annika atmete ein paar Mal heftig und sah dabei noch einmal das erstaunte Gesicht des Mädchens vor sich.
    Ein Raubtier mit gebleckten Zähnen. Wie ist das eigentlich, jemanden zu töten? Kannst du es mir nicht erzählen? Ich habe mich das immer gefragt. War es schwer? Wie hast du dich danach gefühlt?
    »Sie hat gesagt, sie hätte gehört, Thomas habe mich verlassen. Mariana und Wennergren sind weg, ohne mit jemandem zu reden. Axelsson auch. Bambi Rosenberg hat für uns eine kleine Szene abgeliefert. Sie schien ehrlich am Boden zerstört zu sein.«
    »Tja, Michelle war schließlich ihre Eintrittskarte zu all den Premierenfeiern«, meinte Anne, »klar, dass sie da trauert.«
    »Hör auf«, meinte Annika, »die kriegt doch inzwischen ihre eigenen Einladungen.«
    Anne sah aus dem Fenster und antwortete nicht. Der Verkehr auf der Autobahn war dicht und es ging nur schleppend voran. Sie fuhren mehrere Kilometer auf derselben Höhe wie eine Familie in einem Minibus. Ein ungefähr zwei Jahre altes Mädchen winkte die ganze Zeit zu ihnen hinüber.
    »Gunnar Antonsson«, sagte Annika, nachdem sie die Familie hinter sich gelassen hatten, »den hat man irgendwie nicht mitgerechnet, oder?«
    »Wie meinst du das?«
    »Karin sagte, man würde ihn so leicht vergessen. Er selbst schien sich nicht zu den Journalisten zu zählen.«
    »Natürlich nicht, er ist Fahrer und Techniker, aber ich mag ihn. Er hat wirklich Ahnung. Hast du mit Stefan Axelsson geredet?«
    »Ich hab’s versucht«, meinte Annika, »aber er wollte wirklich nicht. Wie fand er denn Michelle?«
    »Die hatten mal was miteinander«, erklärte Anne Snapphane, »eine kurze Zeit lang vor ein paar Jahren. Als es vorbei war, ist er ihr gegenüber ziemlich schweigsam und barsch geworden. Du hast also alle Leute getroffen?«
    »John Essex nicht, aber die anderen.«
    »Und was glaubst du?«, fragte Anne.
    Annika schüttelte schweigend den Kopf.
    »Ich habe keinen Schimmer«, sagte sie schließlich.
    »Glaubst du, dass es einer von uns war?«
    Kurze Pause.
    »Vermutlich.«
    »Wer denn?«
    Es wurde still, die Autos um sie herum bremsten und kamen zum Stehen. Sie waren bis nach Södertälje gekommen, zum Autobahnkreuz, wo die Straßen von Süden und von Westen zusammenkamen. Der Stau war in beide Richtungen endlos lang. »Also, du warst es nicht«, sagte Annika in den Abgasdunst hinein. »Und ich glaube auch nicht, dass Gunnar es war. Aber von den anderen kann es wirklich jeder gewesen sein.«
    Die Redaktion war grell erleuchtet, und die Textredakteure waren nach dem verschlafenen Tag immer noch gut gelaunt.
    Sie holten sich Kaffee, lachten, telefonierten und spielten auf den Computern Flipper. Dann drehten sie eine letzte widerwillige Runde, ehe die Nacht sie an QuarkXPress und die Kunst der gleichlangen Zeilen fesselte.
    Annika konnte keine Chefs am Desk sehen. Schymans Glaskasten war ebenfalls leer, die saßen wahrscheinlich irgendwo bei der Übergabe. Sie ging zu ihrem Platz und holte ihren Laptop heraus. Sie legte die Stirn gegen die Handknöchel und holte ein paar Mal tief Luft. Dann hörte sie ihre Mailbox ab – nichts: »Sie haben … keine neuen …
    Nachrichten.«
    Ursprünglich hatten sie geplant, am nächsten Tag mit der Nachmittagstour der »Cinderella« zurückzufahren und kurz vor sechs in Stockholm zu sein. Annika nahm den Hörer von ihrem Telefon auf dem Schreibtisch und wählte seine Nummer. Nur die Mailbox, sie lauschte mit schwerem Herzen seiner entfernt klingenden Stimme. Dann legte sie auf, ohne etwas zu hinterlassen. Sie versuchte sich an die Zahlenkombination zu erinnern. Sie hatte zwar ein gutes Zahlengedächtnis, doch diese Nummer konnte sie sich einfach nicht merken. Sie legte den Hörer wieder auf die Gabel und ließ die Hand so lange dort liegen, bis es in den Fingern zu kribbeln begann.
    Er spaziert im Sonnenuntergang auf den Felsen und vermisst mich überhaupt nicht.
    Sie stand schnell auf und ging zum Kaffeeautomaten, weg von den Bildern mit der roten Sonne an blauen Ufern, und zog sich einen extra starken Mokka. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt, trank sie den Kaffee und sah die scharfen Konturen der Redaktionsräume, hörte die hallenden Geräusche und das Lachen und atmete ihre

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