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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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mir mein Vater und die Männer seines Alters beigebracht, die Könige getötet und nicht nur Regierungen, sondern ganze Denksysteme hinweggefegt haben wie Khane des Geistes. Ich möchte, dass mein Sohn in Boston von meinen Taten erfährt, dass er stolz darauf ist und meine Handlungsweise einer anderen Generation auf einem anderen Kontinent überliefert. Jeder Gegner, der das nicht von mir weiß, ist stark im Nachteil; ein Nachteil, den auszunutzen ich mir durchaus nicht zu schade bin.«
    In diesem Augenblick gingen die Hufschläge auf der Straße in ein weicheres Pochen über, als der einsame Reiter aus Hannover sein Pferd von der ausgetretenen Spur in den Park lenkte. Er hielt direkt auf die Eiche zu. Sie erkannten mit einem Blick, dass er kostbar gekleidet war und seinen Ritt daher wahrscheinlich am Leineschloss angetreten hatte. Beim zweiten Blick erkannte Johann ihn. Er duckte sich tiefer und sprach in Daniels Ohr: »Das ist der Engländer – angeblich ein standhafter Whig – Harold Braithwaite.«
     
    »Rückblickend erscheint es so offensichtlich«, klagte Johann eine Viertelstunde später, nachdem sie sich durch den Park wieder zur Allee geschlichen und den Gang zurück zu Schloss Herrenhausen angetreten hatten.
    »Das gilt für alle großen Entdeckungen«, sagte Daniel und zuckte die Achseln. »Fragt mich gelegentlich einmal, wie es mir mit dem Gesetz vom Invers der quadratischen Entfernung geht.«
    »Er und seine Frau sind vor etwa fünf Jahren hierhergekommen, gerade als die Sache für den Whig-Junto schiefzugehen begann. Oxford und Bolingbroke planten die Wiederauferstehung der Torys und fanden bei der Königin ein geneigtes Ohr – wenn ich mich recht entsinne, gab es einen Ansturm auf die Bank von England, hervorgerufen durch Gerüchte von einer jakobitischen Erhebung in Schottland.«
    »Hat Braithwaite das behauptet, als er ohne einen Penny hier auftauchte? Er wäre bei dem Ansturm auf die Bank ruiniert worden?«
    »Er hat erwähnt, dass der Pöbel gegen die Bank gewütet habe.«
    »Das stimmt. Aber mit Braithwaite hatte das wenig zu tun. Er ist die Sorte Engländer, die von ihren Landsleuten mit großer Begeisterung exportiert wird.«
    »Es gab in der Tat Gerüchte -«
    »Gerade genug, dessen bin ich sicher, dass er als verwegener Abenteurer dastand und Einladungen zum Essen bekam.«
    »Richtig.«
    »Die wahre Geschichte ist deprimierend vertraut. Er hat sein Erbe beim Glücksspiel verschleudert. Dann wurde er Straßenräuber – kein sehr guter, denn schon bei seinem ersten Überfall wurde er mit einem seiner Opfer handgemein und verletzte den Mann mit einem Entermesser. Die Wunde eiterte, das Opfer starb, und die Familie des Opfers – Torys, die Geld hatten – setzten eine dermaßen hohe Belohnung aus, dass jeder Diebesfänger in London sich dafür Zeit nahm. Braithwaite floh von der Insel, vielleicht das einzig Kluge, was er je getan hat.«
    »Er hat sich als Erz-Whig dargestellt.«
    »Darin lag eine gewisse Wahrheit, denn seine Widersacher waren Torys. Aber er ist völlig prinzipienlos.«
    »So viel ist inzwischen erwiesen. Aber warum sollte ein solcher Mann als Spion für die Tory-Lords fungieren?«
    »Seine rechtliche Lage ist misslich. Das heißt, er könnte von einer geschickten Manipulation bestimmter Affären in London gewaltig profitieren. Er muss seinen Frieden mit der Partei machen, welche die Macht hat, ihm zu helfen; und siehe, die Whigs sind abgelöst, und die Torys sind am Ruder.«
    »Was hieltet Ihr von dem Brief?«, fragte Johann; eine scheinbar unlogische Frage, die Daniel veranlasste, ihm rasch den Kopf zuzuwenden. Inzwischen waren sie dem Ende des Weges so nahe, dass sie die grünen Früchte in der Orangerie rochen und die Stallungen und Küchen erwachen hörten: durchdringende, klare Geräusche, übertönt und gedämpft vom fernen Tosen der großen Fontäne.
    »Wovon sprecht Ihr, mein Herr?«, fragte Daniel, der nun, da sie in Hörweite des Schlosses waren, unwillkürlich wieder zur Etikette zurückkehrte. Denn sie hatten die Allee verlassen und gingen zwischen Stallungen hindurch auf die französischen Anlagen am Nordende des Gartens zu, wo sich ein paar adelige Frühaufsteher bereits die Beine vertraten.
    Johann fuhr fort: »Ich meine, wie war er geschrieben – der Brief, den Ihr von Caroline bekommen habt. In Französisch?«
    »Nein, Englisch.«
    »In gutem Englisch?«
    »O ja, sehr korrekt. Jetzt wird mir klar, worauf Ihr hinauswollt.«
    »Wenn er in korrektem Englisch

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