Principia
verfasst war, dann muss ihre Englischlehrerin ihr beim Schreiben geholfen haben. Und das ist Mrs. Braithwaite.«
»Es wäre höchst unangenehm«, machte Daniel deutlich, »wenn sich herausstellte, dass die Mätresse des Prinzen von Wales eine Spionin im Sold von Leuten ist, die strikt dagegen sind, dass seine Familie die Krone erlangt.«
»Ich kenne die Frau. Sie ist unmoralisch, aber nicht bösartig, wenn Ihr versteht, was ich meine. Nachdem sie Caroline beim Schreiben des Briefes geholfen hatte, hat sie ihn wahrscheinlich in aller Unschuld ihrem Mann gegenüber erwähnt, der, wie wir gesehen haben, der eigentliche Spion ist.«
»Schwierig, ihn ohne Skandal im Hause loszuwerden -«, bemerkte Daniel.
»Ach, eigentlich nicht«, murmelte Johann.
Nun, da sie den Garten betreten hatten, war sein Augenmerk auf eine vierspännige Kutsche gelenkt worden, die aus dem Dunsthügel auftauchte, in den die Umgebung der großen Fontäne gehüllt war. Während die Konturen des Gefährts deutlicher wurden, bemerkte er: »Das sieht nach der Kutsche meiner Mutter aus«, und dann, »aber die Dame, die aus dem Fenster dort schaut, ist nicht meine Mutter, sondern Prinzessin Caroline. Sonderbar, dass sie fahren, wo sie doch zu Fuß gehen könnten. Ich werde mich zu ihnen begeben und ihnen einen guten Morgen wünschen.«
»Und ich werde mich entschuldigen«, sagte Daniel Waterhouse, »da es keinen plausiblen Vorwand für mich gibt, mich in solcher Gesellschaft sehen zu lassen.«
Prinzessin Carolines Schlafkammer Schloss Herrenhausen
SPÄTER AN JENEM VORMITTAG
»Mrs. Braithwaite, ich verlasse mich darauf, dass Ihr dieses Elfenbeinding jederzeit zur Hand habt«, sagte Prinzessin Caroline.
»Ich weiß genau, wo es ist, Mylady.« Henrietta Braithwaite erhob sich von dem Hocker, auf dem sie sich hingebungsvoll mit der Perücke der Prinzessin beschäftigt hatte, vollführte eine wunderschöne, Aufmerksamkeit heischende Drehung und ging durch das Zimmer zu einem Tisch, auf dem eine Auswahl von Gerätschaften angeordnet war. Man hätte sie fälschlich für das Handwerkszeug eines Kochs, Arztes oder Folterknechts halten können, hätten sie nicht auf einer dicken Platte aus poliertem rosa Marmor gelegen, dem oberen Abschluss eines in Weiß und Gold gehaltenen Toilettentischs samt Skulptur, der in dem neuen, hyperbarocken Stil mit Namen Rokoko gestaltet war. So zierten ihn beispielsweise mehrere Putten, die gespannten Bogens und mit zusammengekniffenen Augen, die Pobacken mit Englischrot blankpoliert, unsichtbare Ziele anvisierten. Der Tisch besaß, mit anderen Worten, sämtliche Merkmale eines Geschenks, das der Prinzessin von jemand sehr Betuchtem, der sie nicht sehr gut kannte, geschickt worden war. Darauf standen diverse Mörser und Stößel zur Zubereitung von Schminke; Kellen, Spatel und Pinsel, um sie aufzutragen; und bestimmte Gegenstände, deren Verwendungszweck nicht so deutlich erkennbar war. Henrietta ergriff ein Instrument mit langem Griff, dessen vorderes Ende aus einer sanft geschwungenen, polierten Elfenbeinzunge bestand, deren Ränder rosa Gebrauchsspuren aufwies. »Stellt fest, ob es steif geworden ist, das passiert nämlich manchmal, wenn diese Dinge alt werden«, befahl Caroline, »und untersucht es auf etwaige raue Kanten – beim letzten Mal habe ich eine hässliche Strieme davongetragen.«
»Ja, Mylady«, sagte Mrs. Braithwaite. Mit einem Knicks kehrte sie der Prinzessin den Rücken. Drei weitere Hofdamen waren mit Carolines Kleidung, Haar und Schmuck befasst, die ihr teils schon angelegt worden waren, teils noch auf hölzernen Puppen saßen. Die Herzogin von Arcachon-Qwghlm saß ihr gegenüber und leistete ihr Gesellschaft. Sie war bereits angekleidet, wenn auch schlichter. Für jemanden, der unter dem Rang einer Prinzessin stand, konnte das Anlegen von Trauerkleidung ein einfaches Unterfangen sein. Elizas blondes Haar war hinter einer fontange aus steifer schwarzer Spitze verborgen, ansonsten trug sie schwarze Seide. Es war, was ein solches Gewand anging, teure und gute Schneiderarbeit, verdiente aber gleichwohl den Namen, den solche Kleider herkömmlicherweise bekamen: Trauer.
»Mein Sohn hat mich getadelt«, verkündete die Herzogin.
In einer Geste gespielter Entrüstung schnappte Caroline nach Luft und fasste sich mit der Hand an den Halsansatz, da sie begriff, dass Eliza sich einen Spaß machte. Henrietta Braithwaite, welche die Herzogin nur aus Klatschgeschichten kannte, musste sich umdrehen, um dies zu
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