Principia
dann, fürchte ich, ist ihm von Euch oder mir nicht mehr zu helfen«, sagte Eliza.
»Ganz so schlimm ist es nicht. Woran es fehlt, ist nicht Kapital, sondern Finanzierung.«
»So etwas wie ein Überbrückungsdarlehen?«
»Möglicherweise. Vielleicht aber auch eine eigenständige Investition in ein verbündetes Unternehmen.«
»Ich warte«, sagte Eliza im Tonfall eines Menschen, der auf eine Musketenkugel beißt, während er darauf wartet, dass ihm der Barbier das Bein absägt.
»Euer Sachverstand in punkto Waren ist berühmt.«
»Wie bitte?«
»Ihr wisst von Bridewell – wohin man Huren zum Hanfklopfen und Wergzupfen schickt.«
»Ja?«
»Um die Logikmühle bauen zu können, brauchen wir eine große, preiswerte Belegschaft, die bestimmte Tätigkeiten von repetitiver Natur ausführen soll. Wir haben bei den Wärtern von Bridewell diskrete Erkundigungen eingezogen. Wir sind optimistisch, dass sich eine Vereinbarung treffen lässt, diesen Frauen eine neue Aufgabe zuzuweisen. Sie werden keinen Hanf mehr produzieren.«
»Also wird der Preis für Hanf steigen«, schloss Eliza. »Das ist weniger eine Investitionsgelegenheit, sondern fällt eher unter die Kategorie eines heißen Tipps, Sir. Und einer Mahnung daran – als ob ich einer solchen bedürfte -, warum man Naturphilosophen nicht oft die Börse frequentieren sieht – außer wenn einer von seinen Gläubigern an den Pranger gebracht worden ist.«
»Wenn der ›heiße Tipp‹ Euch Geld einbringt, dann könntet Ihr es doch investieren, zum Beispiel in -«
»Halt – sagt es nicht – ich weiß es bereits: die Eigentümer der Maschine zur Hebung von Wasser mittels Feuer.«
»In der Tat, Madame.«
»Mich wundert gar nichts mehr. Nach all den Jahren sind wir an den Ausgangspunkt zurückgekehrt: Der Doktor möchte, dass ich in eine verblüffende neue Vorrichtung zum Leerpumpen von Minen investiere!«
»In Wirklichkeit weiß der Doktor nur sehr wenig von der Maschine zur Hebung von Wasser mittels Feuer.«
Nun kam es abermals zu einer Unterbrechung ihres Gesprächs, als der Zug auf die Trauernden traf, die beim Schloss zurückgeblieben waren, und sie absorbierte. Einige davon hatten Sänften oder Kutschen bestiegen, was den Trauerzug vergrößerte und belebte. Um einen Flügel des Palastes herum verließen die Trauernden Sophies großen Garten. Die von Hannover aus in westlicher Richtung verlaufende Hauptstraße führte an der Vorderfront des Palastes vorbei. Sie überquerten sie unmittelbar, allerdings langsam, da sich eine aus gewöhnlichen Bürgern Hannovers bestehende Menge eingefunden hatte, um der Herrscherin ihre Ehrerbietung zu erweisen. Eliza machte Daniel abermals in der Menge ausfindig.
»Dann geht es also nicht um einen Plan zum Abbau von Silber? Denn davon habe ich wahrlich genug -«
»Genau wie ich, Madame«, erwiderte Daniel.
»Den Abbau von Zinn würde ich vielleicht erwägen, denn dafür ist Cornwall berühmt.«
»Genau wie für Blei und anderes. Aber hier geht es nicht um Silber, Zinn, Blei oder andere Metalle, ob edel oder unedel.«
»Kohle?«
»Nein, es handelt sich überhaupt nicht um eine Frage des Bergbaus! Ich spreche eher von Kraft.«
»Das ist häufiges Gesprächsthema in vielen hochgestellten wie niedrigen Zirkeln«, bemerkte Eliza und warf einen Blick in Richtung des Königs von Preußen. Er ging Arm in Arm mit Caroline. Sie wurden von zwei preußischen Damen – wahrscheinlich Gräfinnen oder dergleichen – gestört, die sich auf Caroline stürzten und abwechselnd mehrmals die teigige Wange an die ihre drückten. Caroline wechselte Höflichkeiten mit ihnen und ergriff dann die Flucht, als die Geschützlafette endlich über die Straße gerumpelt und in den älteren und kleineren Garten eingefahren war, der sich auf dieser Seite vor dem Schloss erstreckte. Die dem Sarg folgende Menge der Trauernden lichtete sich plötzlich. Caroline drehte sich um und sah Henrietta Braithwaite bereitstehen. Die Prinzessin schob in der Haltung einer Galionsfigur den Kopf nach vorn und schloss die Augen. Mrs. Braithwaite trat nahe an sie heran, hob das Gerät mit der gebogenen Elfenbeinzunge und schabte damit rasch zuerst über die linke, dann die rechte Wange der Prinzessin, wodurch sie den von Tränen verbackenen Gesichtspuder-Brei und den Schlick von Rouge abkratzte, den die Trauernden dort abgelagert hatten. Caroline schlug die Augen auf, hauchte »Danke schön« und drehte sich weg. Mrs. Braithwaite wischte das Elfenbein mit einem Lappen
Weitere Kostenlose Bücher