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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Gästen den Garten zeigte. Sie sind sich den Irrgarten ansehen gegangen«, sagte Smith.
    »Den Irrgarten – na, wenn das nicht der passende Ort für ein verirrtes Schaf wie Braithwaite ist.«
    »Nein«, sagte Jones, »ich glaube, das da drüben ist Mr. Braithwaite samt Begleitung auf dem Weg zur anderen Seite des Gartens.« Er deutete auf mehrere Männer in Schwarz, die vor dem Schloss entlangeilten.
    »So rasch schon mit dem Irrgarten fertig!«, rief Smith aus.
    »Es ist gewiss nur eine erbärmliche Imitation der französischen Irrgärten und für seine Begleiter sehr enttäuschend«, sagte Johann.
    »Ich wette, sie gehen zum Theater«, sagte Jones. »Ach nein, heute Abend findet ja gar keine Vorstellung statt. Aber vielleicht wollen sie es sich einmal ansehen.«
    »Und wer könnte sie besser begleiten als Mr. Braithwaite, der ein Schauspieler von Rang ist«, überlegte Johann. »Mutter, würdest du bitte zum Schloss gehen und unserer Freundin den allerneuesten Klatsch berichten? Sie wird schon wie auf glühenden Kohlen sitzen.«
    Eliza, weil unsicher, wirkte plötzlich jung. Sie sah Braithwaite hinterher.
    »Ich werde gleich nachkommen, wenn ich mit Mr. Braithwaite über seine Reisepläne gesprochen habe.«
    »Mr. Braithwaite tritt eine Reise an?«, fragte Smith.
    »Eine längere, wie man hört«, bestätigte Johann. »Mutter? Wärst du so nett?«
    »Wenn die beiden Herren so freundlich wären, dich zu begleiten -«, schlug Eliza vor.
    Smith und Jones wechselten einen Blick. »Braithwaite ist ein heiterer Bursche, er wird doch wohl keinen Anstoß nehmen, wenn wir ihm über den Weg laufen -?«, sagte Smith.
    »Ich habe keinen Grund, etwas anderes anzunehmen«, sagte Jones.
    »Na schön. Ich sehe dich dann in einer Viertelstunde«, sagte Eliza in mütterlich unnachgiebigem Ton.
    »Ach, Mama, so lange wird es gar nicht dauern.«
    Eliza entfernte sich. Johann blieb einige Augenblicke stehen und sah ihr nach, dann verkündete er zerstreut: »Dann wollen wir. Sonst haben wir am Ende nicht mehr genug Licht!«
    »Äh, wozu braucht Ihr denn Licht, mein Herr?«, erkundigte sich Smith, nachdem er ihn eingeholt hatte, was einiger Anstrengung bedurfte. Jones war bereits meilenweit zurückgefallen.
    »Na, damit Mr. Braithwaite das Abschiedsgeschenk sehen kann, das ich ihm machen werde!«
     
     
    Das Gartentheater war ein abfallendes, rechteckiges Stück Gelände, von Hecken eingefasst und bewacht von einer Postenkette von Putten. Bei Tageslicht boten diese einen bezaubernden Anblick, nahmen nun jedoch das gespenstische, kahle Aussehen von Totgeborenen an. An einem Ende befand sich eine erhöhte Bühne. Mehrere der französischen Gäste hatten sie erstiegen und amüsierten sich mit der Falltür. Braithwaite stand vor der Bühne, im Orchestergraben, und unterhielt sich mit einem Mann, der wie alle anderen schwarz gekleidet war. Seine Kleidung jedoch bestand nicht aus dem gewohnten Ensemble von Hose, Weste etc., sondern vielmehr aus einer bis zum Boden reichenden Soutane mit hundert Silberknöpfen. Im Näherkommen erkannte Johann den Mann als Pater Édouard de Gex, einen Jesuiten von adeliger Herkunft, der in einigen von Mutters beunruhigenderen Versailles-Anekdoten figurierte.
    Johann blieb etwa zehn Schritte vor dem Paar stehen – nahe genug, um ihr Gespräch zu unterbrechen. Er führte beide Hände an seiner linken Flanke zusammen und ergriff mit der Linken die Verbindungsstelle von Scheide und Wehrgehenk und mit der Rechten das Heft seines Rapiers. Er zog die Klinge etwa einen Fuß weit heraus – genug, um sie zu lockern. Doch weil er wusste, dass die Waffe zu lang war, um sich in einer einzigen Bewegung zücken zu lassen, hob er sodann die gesamte Vorrichtung – Rapier, Wehrgehenk und Scheide – vor sein Gesicht und streifte sie sich von der Schulter. Ein Schlenker zur Seite beförderte das Lederzeug zwischen die billigen Plätze, sodass er nun, das gezückte Rapier in der Hand, von allem frei war, was ihn hätte behindern können. Seine Linke konnte jetzt wie zuvor den geschlängelten Dolch ziehen. Er stand Braithwaite frontal gegenüber, Dolch und Rapier vor sich, beide Klingenspitzen auf die Höhlung an Braithwaites Halsansatz gerichtet, die Fingerknöchel nach unten und die Handrücken nach außen gekehrt, denn Johann war von ungarischen Fechtlehrern unterrichtet worden.
    Inzwischen hatten Braithwaite und sämtliche Franzosen bis auf einen ihre Schwerter halb gezückt – ein kultivierter Reflex. De Gex hatte die

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