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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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nachdem es für kurze Zeit in Zuckungen und Krämpfe verfallen ist.«
    »So war es bei dem Hund, als ich ihn gesehen habe. Dann habe ich mich an die Verfolgung des anderen Attentäters gemacht. Man hatte ihn bis an den Rand des Kanals getrieben, und er sprang lieber hinein, als durch das Schwert zu sterben. Er planschte darin herum – denn das Wasser war nur brusthoch – und suchte an der gegenüberliegenden Mauer nach einer geeigneten Stelle zum Herausklettern. Dann bewegte er sich plötzlich nicht mehr und sank unter die Oberfläche. Als wir ihn herauszogen, war er tot.«
    »Rann Wasser aus seiner Lunge?«
    »Jetzt, wo Ihr davon sprecht – nein.«
    »Dann ist er nicht ertrunken«, sagte Daniel. »Wenn Ihr die Leiche sorgfältig untersucht, werdet Ihr eine Stelle finden, wo er sich mit seinem Dolch geritzt oder über die Haut gestrichen hat.« Daniel stützte eine Hand neben dem Silbertablett auf und betrachtete die Waffe. »Das ist ein fachmännisches Präparat, gelöst in gutem, leichtem Öl wie etwa Waltran. Auf die Haut gestrichen, würde es das Nikotin in wenigen Minuten in die Kapillargefäße und von dort in die Lunge befördern.« Er blickte zu Johann auf. »Wenn Ihr Eure Pfeife raucht, verspürt Ihr anfangs einen stimulierenden Effekt, gefolgt von einer Ruhe, einer Beruhigung der Nerven. Das ist nur eine Spur, ein Schatten einer Nikotinvergiftung. Schnitte man Euch mit diesem Dolch, würde diese Entspannung der Nerven bis zu einem Punkt fortschreiten, an dem Ihr schlicht das Atmen vergessen und in Luft ertrinken würdet... jedes Mal, wenn Ihr Tabak raucht, nehmt Ihr Euren eigenen Tod vorweg.«
    »Entsetzlich... es weckt geradezu das Bedürfnis, etwas zu rauchen, bloß um sich zu beruhigen.«
    »Mr. Hooke hat mit einem Kraut namens bhang experimentiert, das kurieren würde, was Euch fehlt – leider ist es schwieriger zu bekommen.«
    »Ich werde Erkundigungen einziehen. Es ist seltsam. Während der Ereignisse war ich von einer gedanklichen Klarheit, einer Schärfe der Wahrnehmungen, die ich noch nie erlebt hatte. Jetzt, da ich hier sitze, habe ich schreckliche Angst.«
    »Die hätte ich auch, wenn mir die Herzogin von Arcachon-Qwghlm gerade eine solche Standpauke gehalten hätte.«
    »So weit weg habt Ihr das noch gehört?«
    »Ich glaube wahrhaftig, der König von Frankreich hat sich in Versailles in seinem Bett aufgesetzt und sich gefragt, was für ein Krieg denn nun wieder in Deutschland ausgebrochen ist.«
    »Es stimmt, ich habe sie noch nie so wütend erlebt. Sie hatte mir ja auch gesagt, ich solle mich niemals duellieren. Und ich hatte es ja auch versprochen. Doch in diesem -«
    »Ihr habt den Augenblick gut gewählt«, versicherte ihm Daniel. »Körperliche Gewalt ist ein Mittel, das ich niemals zu irgendeinem Zweck eingesetzt habe. Die Risiken sind gewaltig, und ein Mensch meiner Wesensart, der Gefahren sieht, wo welche sind und wo keine sind, findet immer einen Grund, einen anderen Weg zu nehmen. Ihr seid jung und -«
    »Dumm?«
    »Nein, aber weniger risikobewusst. Wenn Ihr, so Gott will, vierzig geworden seid, werdet Ihr, von der Erinnerung an diesen Abend heimgesucht, mitten in der Nacht schweißgebadet im Bett hochfahren und sagen: ›Mein Gott, unfassbar, dass ich mich einmal duelliert habe!‹ Jedenfalls hoffe ich das.«
    »Warum hofft Ihr, dass ich schlecht schlafe?«
    »Weil ich zwar niemals Gewalt angewendet, aber ziemlich viel davon gesehen habe. Nicht alle Menschen, die sie anwenden, sind dumm oder böse. Nur die meisten davon. Die anderen bedienen sich ihrer nur widerwillig, als einer Methode, die beste Gelegenheit zu ergreifen, wenn alle anderen Methoden versagt haben. So wie Ihr heute Abend. Eure Mutter wird das verstehen und ihren Gleichmut wiederfinden. Doch wie ein Mann, der Tabakrauch inhaliert, seid Ihr heute Abend einen kleinen Tod gestorben. Ich empfehle Euch, es nicht zur Sucht werden zu lassen.«
    »Das ist ein guter Rat. Ich danke Euch dafür. So wie ich Euch abermals dafür danke, dass Ihr uns Informationen geliefert habt, die Caroline das Leben gerettet haben. Ihr könnt damit rechnen, dass sie Euch belohnen wird -«
    »Ich würde mit Freuden auf jeden Dank und alle Belohnungen verzichten, wenn ich einfach ein Nickerchen machen könnte.«
    »Euer Nickerchen könnt Ihr in der Kutsche machen, Dr. Waterhouse«, sagte eine Frauenstimme. Heiser, als hätte sie unlängst viel geschrien.
    Daniel und Johann blickten zur Tür hinüber, in der Eliza stand. Sie wirkte erheblich

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