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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Waghorns Kaffeehaus das Glücksspiel das Gebot der Stunde ist. Die Lobbyisten haben einander bis zur Erschöpfung mit Lobbyarbeit traktiert, und immer noch legen die Lords ein bedauerlich schlechtes Benehmen an den Tag, indem sie fortfahren, hinter verschlossenen Türen zu debattieren. Den Lobbyisten bleibt, um die Stunden totzuschlagen, nichts als das Laster. Nachdem sie alle geistigen Getränke in Waghorns Kaffeehaus getrunken und alle Luft dort aufgeraucht haben, bleibt ihnen als einziges noch mögliches Laster das Wetten. Münzen, die man heute Morgen zu dem ehrbaren Zweck der Bestechung von Gesetzgebern hierher mitgebracht hat, werden nun niedrigen Praktiken zugeführt.
    Als ich diesen Brief begonnen habe, schlossen sie Wetten darauf ab, ob Bolingbroke sein vordringliches Ziel erreichen wird, nämlich den Kronrat dazu zu bringen, eine Münzprobe anzuordnen. Doch die Papierschnitzel und Klatschfetzen, die aus dem House of Lords dringen, scheinen darauf hinzudeuten, dass sich die Dinge nicht in Bolingbrokes Richtung entwickeln. Vielleicht steht sein nacktes Überleben auf dem Spiel; mag sein, dass das Münzproben-Gambit, wiewohl ausgezeichnet, vorderhand beiseitegelassen werden muss, damit er alle seine Anstrengungen darauf richten kann, die Asiento-Unterstellungen zu entkräften. Wer vor einer Stunde auf eine Münzprobe spekulierte, hat, was immer er an Geld setzte, verloren gegeben und versucht nun, seinen Verlust wieder hereinzuholen, indem er darauf wettet, dass Ihre Britannische Majestät das Parlament schlicht deshalb vertagen wird, weil sie ihren Staatsminister davor bewahren will, unterzugehen – und dabei vielleicht die South Sea Company mitzureißen.
    Die Türen zum House of Lord sind aufgegangen. Ich werde vorläufig schließen und schreibe weiter, sobald ich kann. Eine Menge Geld wechselt den Besitzer. Lostwithiel nähert sich.
     
    Ich schreibe dies auf meinem Schoß, während ich mit über dem Fluss baumelnden Beinen auf dem Rand der Uferböschung der Themse sitze. Ich bin, so würde ich schätzen, der fünfundneunzigste in einer hundert Köpfe zählenden Schlange, die an den Westminster Stairs auf Bootsführer wartet. Die anderen neunundneunzig betrachten mich meiner knabenhaften Haltung wegen mit Verachtung; doch als der älteste Mann in der Schlange habe ich gewisse Vorrechte, zum Beispiel, dass ich mich setzen darf.
    Dass ich in der Schlange so weit hinten bin, liegt daran, dass ich noch länger in Waghorns Kaffeehaus war, um mit dem Earl of Lostwithiel und mit Mr. Threader zu plaudern, der sich uns aufdrängte und sich nicht abwimmeln ließ. Er bemerkte mehr als einmal, dass er durch sein Dazwischenplatzen ein abermaliges Treffen dreier Menschen zustande bringe, die schon einmal im Januar in Devon zusammengekommen seien. Tatsächlich habe ich dort zum ersten Mal Mr. Threaders Aufmerksamkeit erregt, indem ich Loswithiels Unternehmen – die Eigentümer der Maschine zur Hebung von Wasser mittels Feuer – unterstützte und einen kleinen Ansturm auf Mr. Threaders Kapitalbestand auslöste, da mehrere seiner Kunden (so unwahrscheinlich dies erscheinen muss) durch meine Worte dazu bewogen wurden zu investieren. Es war dies nur die erste Störung, die ich in Mr. Threaders wohlgeordnetem und geregeltem Leben hervorrief. Seither ist es zu Explosionen, Auseinandersetzungen über Politik, Briefen des Zaren und diversen anderen Neuheiten gekommen: wodurch ich zu einem dauerhaften, beunruhigenden Faktor in seinem Leben geworden bin.
    Meine Beziehung zu den silbernen Comstocks ist alt und äußerst zwiespältig; neuere Generationen haben es für angezeigt gehalten, mich zum Freund der Familie zu ernennen. Im Folgenden werde ich den Earl of Lostwithiel also Will Comstock nennen. Will bestätigte, was sich bereits durch die Bezahlung diverser Wetten um uns herum andeutete, nämlich dass der Tag für Bolingbroke und die Torys schlecht verlaufen ist. Der Marquis von Ravenscar hat – mittels diverser Komplotte, Manöver und Scharmützel, die zu verschiedenartig und weit hergeholt sind, als dass mein müdes Gehirn sie fassen oder meine verkrampfte Hand sie niederschreiben könnte – den Sekretär der South Sea Company buchstäblich heruntergeputzt. Die Aufforderung zu erscheinen erging (sensationellerweise) vor einer Woche. Ihr wurde vor wenigen Stunden entsprochen, als besagter Sekretär im House of Commons vor der Schranke erschien und ein Buch vorlegte – ein Kompendium sämtlicher, den Asiento betreffender

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