Principia
Nachforschungen fortgesetzt? Wie geht es voran?«
»Es geht ausgezeichnet voran«, erwiderte Daniel. »Aber ich verfolge eine langsame Strategie, eine, die unsere Geduld belohnen wird. Ungeachtet dessen beginnen sich Ergebnisse herauszuschälen: Sowohl der Marquis von Ravenscar als auch das Royal College of Physicians sind im vergangenen Monat Opfer eines Einbruchs geworden. Ich könnte gar nicht zufriedener sein.«
Die anderen drei wechselten Blicke, doch niemand wollte der Erste sein, der zugab, dass er nicht verstand, wovon Daniel redete. Wie es schien, geriet er allmählich in den Ruf eines Sonderlings, der – im Besitz gelochter Goldplatten, nach denen es den Zaren verlangte – durch London zog; und es widersprach Mr. Orneys, Mr. Threaders und Mr. Kikins Instinkt, Einblick in die Büchse der Pandora zu nehmen, die, so schien es, das Leben von Dr. Waterhouse war.
Westminster Palace
25. JUNI 1714
Das Haus wurde davon unterrichtet, dass der Sekretär der South Sea Company eingetroffen sei.
Er wurde hereingerufen und präsentierte dem Haus an der Schranke ein Buch, das die Tätigkeitsberichte der Direktoren der South Sea Company im Hinblick auf den Asiento- Handel enthielt; ferner sämtliche Anweisungen, Briefe und Informationen, welche die Direktoren oder etwelche Komitees von Direktoren diesbezüglich erhalten haben.
Worauf er sich zurückzog.
Der Titel besagten Buches wurde verlesen.
Es wurde angeordnet, dass besagtes Buch auf dem Tisch ausgelegt wird, sodass die Mitglieder des Hauses es lesen können.
JOURNALS OF THE HOUSE OF COMMONS,VENERIS,
25 ° DIE JULII; ANNO 13 ° ANNÆ REGINÆ, 1714
Dr. Daniel Waterhouse
c/o the Royal Society
Crane Court
London
Mr. Enoch Root
Thorn Bush Tavern
Boston
25. Juni 1714
Mr. Root,
bitte verzeiht mir den Gebrauch des Bleistiftes, jenes barbarischen Schreibgeräts. Denn ich schreibe diese Zeilen bei einer Tasse Java in Waghorns Kaffeehaus, das, wie Ihr vielleicht wisst, so etwas wie ein Anbau der Lobby des House of Lords ist.
Woraus Ihr schließen könnt, dass mich von allen Seiten jene Spezies von zweibeinigem Parasiten umdrängt, die man Lobbyist nennt. Vielleicht zupft Ihr Euch sogar verärgert an Eurem roten Bart und fragt Euch, ob ich selbst zum Lobbyisten geworden bin. Der Umstand, dass ich einen Brief schreibe – anstatt mich an gut gekleidete Gentlemen heranzumachen und Interesse am Wohlergehen ihrer Kinder zu heucheln -, beweist das Gegenteil. Mein heutiger Aufenthalt in Westminster hatte zum Anlass, dass ich vor dem Ausschuss zur Ermittlung des Längengrades sprechen muss, und er wird verlängert durch die – wie sich herausstellt, vergebliche – Hoffnung, dass die Lords zeitig mit ihren Beratungen fertigwerden, sodass ich mit einem von ihnen ein paar Worte wechseln kann. Am Ende bin ich also vielleicht doch ein Lobbyist.
Ich schreibe Euch, weil ich mit meinem Sohn Godfrey in Verbindung treten will. Es mutet vielleicht wie eine seltsame Methode an, dies zu tun. Tatsächlich schicke ich dem Knaben häufig Geburtstagsgrüße und kurze väterliche Homilien zu Händen meiner geliebten Frau. Die kleinen, in seiner unordentlichen, ausladenden Handschrift über die Seite schwankenden und von Tintenflecken durchsetzten Mitteilungen, die mich Monate später erreichen, sind der Beweis dafür, dass der Glaube meine Briefschaften zu ihm befördert.Warum also lasse ich diesen Brief den Umweg über Mr. Roots Tisch in der Thorn Bush Tavern nehmen? Weil sich das, was ich meinem Sohn vermitteln möchte, nicht so ohne weiteres in Sätzen niederlegen lässt, die ein Knabe seines Alters richtig zu analysieren die Klugheit besitzt.
Jedem, der das Leben von Gottfried Wilhelm Leibniz, dem Namensvetter meines Sohnes, studiert hat, ist bekannt, dass dieser als Knabe eine Zeitlang aus der Bibliothek seines toten Vaters ausgeschlossen war. Ein Kleinadeliger aus Leipzig, der von dieser Ungeheuerlichkeit erfuhr, intervenierte im Namen des Knaben und sorgte dafür, dass die Bibliothekstür aufgeschlossen wurde und der kleine Gottfried freien Zugang bekam. Weniger bekannt ist, dass der geheimnisvolle Edelmann Egon von Hacklheber hieß – ein Zeitgenosse des mächtigen, hochmütigen Bankiers Lothar, der das Haus von Hacklheber zu dem gemacht hat, was es heute ist und nicht ist. Anstatt eine äußere Beschreibung von Lothars wenig bekanntem »Stiefbruder« zu liefern, halte ich diesen Brief ein ganzes Stück kürzer, indem ich sage, dass er aussah wie Ihr, Enoch. Er
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