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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Gezänk und macht euch an die Arbeit.«
    »Wie es Eurer Hoheit beliebt«, sagte Sir Isaac. »Woran sollen wir denn, Eurem Wunsch gemäß, arbeiten?«
    »Baron von Leibniz hat vielleicht etwas herausgefunden«, sagte Caroline, »und zwar dass, wiewohl Ihr und die meisten anderen Fellows der Royal Society wahre Christen seid und an die Willensfreiheit glaubt, gerade durch die Lehren und Methoden, die die Royal Society veröffentlicht hat, viele dazu veranlasst wurden, die Existenz Gottes, die Göttlichkeit Jesu, die Autorität der Kirche und die Prämisse, dass wir mit freiem Willen ausgestattete Seelen haben, in Frage zu stellen. Nun, Dr. Waterhouse selbst hat mir vor kurzem die bedauernswerte Nachricht übermittelt, dass er sich von all diesen Lehren völlig abgewandt hat.«
    Das brachte Daniel beunruhigte und verwirrte Blicke von Newton und Leibniz ein. Angesichts solchen Missfallens von so großen Köpfen konnte er nichts anders tun, als schwach zu lächeln und die Achseln zu zucken. Caroline fuhr fort: »Da ein so großer Teil der Zivilisation in solchen Überzeugungen verwurzelt ist, scheint mir das eine der Möglichkeiten zu sein, wie unser Weltsystem falsch aufgestellt werden und sich damit selbst dem Untergang weihen kann. Weder Ihr, Sir Isaac, noch Ihr, Baron von Leibniz, seht den geringsten Widerspruch zwischen Eurem Glauben und der wahren und furchtlosen Beschäftigung mit der Naturphilosophie. Ihr unterscheidet euch jedoch grundlegend in der Art, wie ihr das eine mit dem anderen versöhnt. Wenn ihr beide das nicht fertigbringt, kann es niemand fertigbringen; und deshalb möchte ich gerne, dass ihr daran arbeitet, wenn es euch beliebt.«
    »Die Äußerungen Eurer Königlichen Hoheit über das Weltsystem und die Gefahr, dass es irgendwann in Zukunft scheitert, erinnern mich an etwas, was ich in der Philosophie von Sir Isaac Newton nicht verstehe«, fing Leibniz an. »Sir Isaac beschreibt das System, durch das die Himmelskörper in ihren Bahnen gehalten und dazu veranlasst werden, auf ewig darin zu kreisen. Schön. Er scheint aber zu sagen, dass Gott, der dieses System erschaffen und in Bewegung gesetzt hat, gelegentlich eingreifen und daran herumbasteln muss, so wie ein Uhrmacher das Räderwerk seiner Uhren nachstellt.«
    »Das ist eine Überreaktion auf eine Passage in meiner Optik, die überhaupt nicht so wichtig ist«, begann Isaac.
    »Im Gegenteil, Sir, wenn sie falsch ist und den Leuten falsche Vorstellungen in den Kopf setzt, ist sie sogar sehr interessant!«
    »Wenn Ihr Euch schon solche Mühe macht, meine Fehler zu korrigieren, Herr Leibniz, dann lasst mich Euch diesen Gefallen mit gleicher Münze zurückgeben. Diese Allegorie, die das Universum mit einer Uhr und Gott mit einem Uhrmacher vergleicht, ist falsch. Ein Uhrmacher hat es mit bestimmten Naturgesetzen zu tun, nämlich, dass Gewichte auf den Mittelpunkt der Erde zu fallen und Federn, die gebogen werden, zurückspringen. Von diesen Gegebenheiten ausgehend macht er sich an seinem Werktisch daran, einen Mechanismus herzustellen, der diese Eigenschaften auf mehr oder weniger raffinierte Weise ausnutzt. Die Erfindungsreicheren unter ihnen bauen Uhren, die nur selten gestellt werden müssen, und einer, der vollkommen ist, würde vermutlich eine bauen, die man nie zu stellen braucht. Gott dagegen fügt nicht nur die Objekte und Kräfte zusammen, die ihm gegeben wurden, sondern ist selbst Urheber dieser Objekte und Kräfte. Urheber und Bewahrer. Nichts auf dieser Welt passiert ohne seine Lenkung und seine Prüfung. Stellt ihn Euch nicht als Uhrmacher, sondern als König vor. Setzt einmal den Fall, es gäbe ein Königreich, in dem alles jederzeit seinen geregelten und ordnungsgemäßen Gang ginge, ohne dass der König je anwesend zu sein, Urteile zu fällen oder seine Macht auszuüben bräuchte. Wäre es, kurz gesagt, so angelegt, dass der König ohne jede Verschlechterung daraus entfernt werden könnte, wäre er nur dem Namen nach ein König und der Achtung und Loyalität seiner Untertanen nicht würdig.«
    »Wie der Gott Spinozas«, sagte Caroline, »falls ich Eure Allegorie richtig verstanden habe.«
    »So ist es, Hoheit. Wenn nun also Baron von Leibniz der Ansicht ist, dass die Welt auf ewig ohne die dauernde Kontrolle und Führung Gottes weitermachen kann, nun, dann sage ich, dass es eher seine Philosophie ist, die Menschen dem Atheismus zuführen wird.«
    »Das ist nicht meine Ansicht, wie Ihr, glaube ich, wisst«, sagte Leibniz gleichmütig.

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