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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Sir, Bibliothekar, und Ihr, Sir, Theologe. Aber ich bin Prinzessin von Wales. Das Haus, dem ihr nun beide dient, ist ein bedeutendes – manche würden sagen, das bedeutendste nach dem Haus der Bourbonen. Wenn die Philosophie dieses Hauses verworren ist, nun, dann wird das schreckliche, schwer vorherzusagende Folgen haben. Vor einem Jahr habe ich Dr. Waterhouse gebeten, von Boston hierher zu reisen, um mit mir auf eine Heilung dieses Bruchs hinzuwirken. Dass Ihr, Sir Isaac, und Ihr, Baron von Leibniz, jetzt hier in diesem Raum zusammen seid, ist ganz und gar sein Werk; aber er tat es auf meine Anweisung hin. Seine Pflicht in dieser Sache ist erfüllt, und ich werde mich ihm auf ewig erkenntlich zeigen. Eure Pflichten, meine Herren, beginnen jetzt.«
    »Hoheit«, sagte Newton, »ich bin dankbar, dass Ihr so klar und deutlich die Wahrheit über meine Ansichten über Gott, den menschlichen Geist und den freien Willen dargelegt habt, denn Baron von Leibniz hat, wie ich leider sagen muss, die verleumderische Beleidigung verbreitet, ich sei eine Art von Atheist. Es ist zwar richtig, dass ich die Lehre von der Dreieinigkeit ablehne, aber Ihr müsst wissen, dass ich das nur aus dem Glauben heraus tue, dass die auf dem Konzil von Nikäa verkündete Lehre von der Wesensgleichheit ein Irrtum war, eine Abirrung von dem, was die Christen bis dahin geglaubt hatten und immer noch glauben sollten -«
    »Jemand, der verleumderische Beleidigungen sucht, braucht gar nicht in so weite Ferne schweifen noch so tief zu forschen!«, rief Leibniz aus, während er so energisch aufstand, dass er einen halben Schritt auf Newton zugehen musste, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. »Vor drei Tagen habe ich diesem Mann das Leben gerettet, und schon ist mir das Gerücht zu Ohren gekommen, ich hätte mich eines Angriffs auf ihn schuldig gemacht! Diese böswilligen Verdrehungen der Tatsachen, Sir, tragen nicht dazu bei, uns der wahren Philosophie näher zu bringen!«
    »Ich kann mir keine gemeinere Verleumdung vorstellen als die, ich sei Atheist!«, gab Newton zurück. Wegen seiner Rippen war es für ihn viel schwieriger, sich von seinem Stuhl zu erheben, aber jetzt hatte er den Spazierstock unter seine gefalteten Hände gestellt, als wäre er im Begriff, es zu versuchen.
    »Atheist? Nein. Solch eine falsche Anschuldigung würde ich niemals verbreiten – bei meiner Ehre! Eine andere Sache ist allerdings die Verbreitung von Lehren, die Dritte zu atheistischen Ansichten verleiten könnten. Dessen habt Ihr Euch, wie ich mit Bedauern sagen muss, schuldig gemacht.«
    »Ist denn die Inkonsequenz dieses Mannes noch zu glauben?!«, platzte Newton heraus und bereute es sofort, denn es tat ihm weh, mit so viel Verve zu sprechen. Solange seine Rippen sich ohnehin beschwerten, stand er auf und setzte dann mit schmerzverzerrter Stimme seinen Ausbruch fort: »Ich sei kein Atheist, behauptet er zuzugeben – dann vollzieht er eine Kehrtwende und beschuldigt mich, den Atheismus zu verbreiten! Das ist typisch für seine schwankende Rede, seine schwankende Metaphysik!«
    Sie wurden, allerdings nur für kurze Zeit, durch einen dumpfen Schlag unterbrochen, der vom Fußboden zwischen ihnen ausging. Prinzessin Caroline hatte, missmutig und verärgert, mit der Handfläche den Globus aus seiner Halterung und über den Rand des mit Filz gepolsterten Großkreises geschoben, der ihn an seinem Platz gehalten hatte. Er war auf den Teppich zwischen Newton und Leibniz gefallen. Sie setzte einen Fuß darauf – eine für eine Prinzessin höchst unwürdige Haltung – und begann, ihn träge hin und her zu rollen, während der Streit weiterging.
    »Ich glaube, es hat nicht das Geringste mit Schwanken zu tun«, sagte Leibniz. »Ihr könnt der aufrichtigste Christ der Welt sein, Sir, aber wenn Ihr Lehren veröffentlicht, die obskur, unzusammenhängend, widersprüchlich und für die Leser unmöglich nachzuvollziehen sind, nun, dann können sie in ihrem Denken in die Irre gehen und zu Lehren neigen, für die Ihr Euch niemals hergeben würdet.«
    »So leistet Ihr also Wiedergutmachung für die falsche Anschuldigung des Atheismus – indem Ihr sagt, mein Lebenswerk sei unzusammenhängend und widersprüchlich? Bitte sprecht keine solchen Entschuldigungen mehr aus, Herr, oder ich werde an Euch Wiedergutmachung leisten müssen, indem ich Euch zum Duell herausfordere!«
    Prinzessin Caroline verpasste dem Globus einen festen Tritt, worauf er ein paar Ellen weit über den Teppich rollte und

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