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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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genommen hat, ist nicht wichtig.« Darauf antwortete Daniel nichts, denn die unerträgliche Erkenntnis überkam ihn, dass das alles mit Isaac begonnen haben könnte.
    »Wichtig – sehr wichtig – dagegen ist, dass zwei Mitglieder der neuen Schatzamtskommission darin verwickelt sind«, sagte Marlborough.
    »Worin verwickelt? Ein wissenschaftliches Experiment?«
    »In etwas, das ein bisschen verdächtig aussieht.«
    »Ich kann nichts dafür, wenn es einem Unwissenden verdächtig vorkommt!«
    »Ihr könnt aber etwas dafür, dass Ihr darin verwickelt seid.«
    »Was meint Ihr damit, Mylord?«
    »Ich meine, dass Euer Experiment beendet ist, Sir. Es muss aufhören. Und sobald es aufgehört hat, müssen verantwortungsvolle Personen, denen der König ebenso vertraut wie die Stadt, zu diesem Clerkenwell Court, nach Bridewell und in die Kellergewölbe der Bank gehen, dort alles inspizieren und nichts von dem finden, was Mr. White erwähnt hat.«
    »Es könnte jederzeit angehalten werden«, sagte Daniel. »Es jedoch ordentlich zu Ende zu führen und die Überreste zu beseitigen, ist nicht an einem Tag oder innerhalb einer Woche möglich.«
    »Wie lange wird es dann dauern?«
    »Der neunundzwanzigste Oktober«, sagte Daniel, »ist der Termin, der soeben für die Münzprobe, die Hinrichtung von Jack, dem Falschmünzer, und die Ausräumung sämtlicher Zweifel hinsichtlich der Solidität der Währung Seiner Majestät angesetzt wurde. Spätestens ab diesem Tag, Mylord, werdet Ihr die genannten Orte mit so vielen Inspektoren, wie es Euch beliebt – sogar einschließlich Sir Isaac selbst -, aufsuchen können und werdet nichts finden außer Templer-Gräbern in Clerkenwell, Hanfbrecherinnen in Bridewell und gemünztem Geld des Königreichs auf der Bank.«
    »Einverstanden«, sagte der Herzog von Marlborough und schritt davon, hielt aber kurz inne, um sich vor einer jungen Dame zu verneigen, die allein die Terrasse überquerte: der Prinzessin von Wales.
    »Dr. Waterhouse«, sagte Caroline, »ich brauche etwas von Euch.«

Roger Comstocks Haus
    3.30 UHR, VIER TAGE SPÄTER (22. SEPTEMBER 1714)
    Daniel war kaum zur Haustür hereingekommen, als der erlesenste Körper von Großbritannien fest an ihn gedrückt wurde. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie anders die Welt gewesen sein könnte, wäre besagter Körper mit dem Geist ihres Onkels in einer Person vereint gewesen. Nicht viel trennte ihn von Catherine Barton; nachdem er durch eine äußerst dringliche Botschaft aus dem Bett gerissen worden war, hatte er sich im Nachtgewand herbegeben. Sie trug etwas Durchsichtiges, das er nur für den Bruchteil einer Sekunde wahrnahm, ehe sie sich an ihn presste. Sie roch gut, was 1714 gar nicht so einfach war. Bei Daniel stellten sich die Anfänge einer Erektion ein – zum ersten Mal, seit – nun ja, seit er Catherine Barton das letzte Mal gesehen hatte. Angesichts ihrer Verstörtheit war das vollkommen unpassend. Sie war höchstwahrscheinlich die Sorte Mädchen, die es bemerken – aber nicht die Sorte, die es falsch auffassen würde.
    Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn nach hinten durch den Hof, um den Springbrunnen herum und in den Ballsaal, in dem der Geruch von Öl und der unheimliche weiß-grüne Schein von kaltem Feuer lag: Phosphor. Etwas Neues war hinzugekommen. Vom Eingang aus wirkte es wie der abgerundete Bug eines Schiffes, der zufällig aus Silber gebaut und mit aus Gold gehämmerten Girlanden bekränzt und geschmückt war. Eine Art klassischer Fries im Basrelief war auf ihn modelliert worden. Eine Art Sporn – eindeutig phallisch – ragte aus dem Ding auf; Daniel wich zurück und drückte sich außen herum, denn seine Spitze hätte ihn im Gesicht erwischen können. Eiserne Ringe, Bänder etc. baumelten daran. Als er nun auf die Seite dieses Objekts kam, entdeckte er, dass es zwischen zwei hölzernen, aber mit Blattgold bedeckten Rädern saß. Das war die Antwort auf die Frage, wie ein so schweres Objekt in den Ballsaal gelangt sein konnte. Es war nichts Geringeres als ein Streitwagen – ein gewaltiger, acht Fuß breiter. Es war, wie ihm jetzt klar wurde, ein Streitwagen der Götter. Als er schließlich zur offenen Rückseite kam, die zu dem nur wenige Ellen entfernten Vulkan zeigte, sah er, dass der ganze Boden des Gefährts eine zungenförmige Bettfläche war: so breit wie der Streitwagen und zehn Fuß lang, bezogen mit dunkelroter Seide und übersät mit Pelzen und drüsenartig geformten Kissen in Seide- und

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