Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
sagte Danny. Tomba war freigehauen worden, aber bei Jimmy machte der Mann mit dem Hammer sich gerade erst ans Werk. »Ihr könnt uns aber gerne den Weg zeigen – vorausgesetzt, es gibt einen.«
    »Den gibt es«, beruhigte Saturn ihn, »nur der letzte Zoll muss noch freigelegt werden.« Dabei wiegte er eine dicke Eisenstange in der Hand.
     
    Der letzte Zoll bestand aus Brettern. Es war der Fußboden über einem relativ weiten Schacht, der in den Abwasserkanal hinabführte. Das war alles, was diese Kloakenwelt von dem Abort im Hintergebäude des Bordells im Bell Savage Inn trennte.
    Saturn gehörte nicht zu den Leuten, die sich wichtig machten und ihre Größe herauskehrten; er war ein stattlicher Mann der unaufdringlichen Art. Was es umso eindrucksvoller erscheinen ließ, als er beschloss, das Beste aus seinen Gaben zu machen. Nichts hätte die Damen des Etablissements darauf vorbereiten können, ihn in einem Vulkanausbruch aus Scherben und Splittern aus dem Fußboden ihrer Toilette herausbrechen zu sehen. Sie gaben gar nicht erst vor, das verstehen zu wollen, sondern rannten sofort auf die Ausgänge zu, wobei sie mehr oder minder entkleidete Freier in verschiedenen Stufen der Erregung zurückließen. Das Bordell hatte zwei Rausschmeißer: Diese waren natürlicherweise am Vordereingang postiert, und so vergingen einige Minuten, ehe man sie davon überzeugt hatte, dass ihre Dienste im Abort gebraucht wurden. Am Ende kamen sie dann doch, Totschläger schwingend, nur um festzustellen, dass sie in Bezug auf Anzahl, Muskeln und Waffen von sieben schmutzstarrenden Männern übertrumpft wurden, die zu dem Zeitpunkt aus dem von Saturn eingeweihten Loch aufgetaucht waren.
    »Falls ihr gekommen seid, um uns rauszuschmeißen«, sagte Daniel zu ihnen, »interessiert es euch vielleicht, dass wir uns nichts anderes wünschen, als zu gehen. Wo ist denn bitte der Ausgang?«
     
    Draußen in der Gasse Bell Savage Inn wartete ein breiter Karren mit einer flachen Ladefläche hinter einem Vierergespann auf seinen Einsatz. Hinten stand aufrecht ein Fass mit frischem Wasser und daneben ein Junge mit einem Eimer, der sie fröhlich begoss, als sie auf den Wagen kletterten. Das machte sie nicht annähernd sauber, spülte aber zumindest festere Teile weg und verwässerte das, was eher feucht war, sodass sie sich danach etwas frischer fühlten. Das Allerbeste war, dass es nicht lange dauerte. Das leere Fass warfen sie auf das Pflaster. Von denen, die an diesem Unternehmen beteiligt gewesen waren, hatte die Hälfte den Fluchtweg über den zerstörten Abort gewählt und würde durch das Gefängnistor hinausgehen, zwei andere waren auf dem Weg über das Bordell mitgekommen. Diese beiden gingen jetzt ihrer Wege. Jimmy, Danny, Tomba, Saturn und Daniel lagen nebeneinander auf der Ladefläche des Karrens. Der Junge warf eine Persenning über sie. Sie streiften schmutzige Stiefel und Kniehosen ab, während der Wagen die labyrinthartigen Wege der rules passierte. Wer auch immer versuchte, sie aufzuspüren, würde quer durch die Prujeon Close, den Black and White Horse Court und andere derartige Sehenswürdigkeiten eine deutliche Spur aus weggeworfenen Kleidungsstücken finden. Dann würden sie jedoch auf die Great Old Bailey stoßen, eine breite, betriebsame Londoner Durchgangsstraße, und nicht wissen, welche Richtung sie einschlagen sollten. Denn nachdem der Wagen erst einmal über diesen Punkt hinausgekommen war, warfen sie ganz bewusst keine Hinweise mehr auf den Boden.
    Nach Süden hin verlief die Great Old Bailey zum Ludgate und von dort unter dem Namen Water Street am Fluss entlang zu den Black Fryars Stairs.
    Nordwärts lag auf der anderen Straßenseite, einen Steinwurf entfernt, der Court of Sessions und gleich dahinter das Newgate-Gefängnis. Einem Verfolger würde man verzeihen, wenn er annähme, dass die Entflohenen sich nach Süden Richtung Fluss und Freiheit gewandt hätten statt nach Norden in Richtung einer Verurteilung und des schlimmsten Gefängnisses der Stadt. Dennoch war Norden die Richtung, in die sie fuhren, und schon nach kurzer Zeit hatte der Wagen angehalten. Saturn stand auf, schob die Persenning mit der Schulter zur Seite und nahm sich vom Kutscher eine Laterne. Jimmy, Danny und Tomba setzten sich auf und schauten sich voller Verwirrung um. Sie befanden sich an einer Kreuzung der Great Old Bailey mit einer anderen, noch breiteren Straße. Diese Straße wurde, nur ein paar Ellen von ihnen entfernt, von einem mächtigen, mit

Weitere Kostenlose Bücher