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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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gnadenlose Brutalität dieses finanztechnischen Vorgehens. Aber er war auch fasziniert. Es hatte etwas von einer Vivisektion: grausam, aber gerade so interessant, dass es ihn davon abhielt, sich aus dem Raum zu stehlen und auf direktem Weg die nächste Spelunke aufzusuchen. »Ich nehme an, ich frage Euch nach der gesamten Gedankenstruktur, die den Karten der Logikmühle ihren Wert gibt«, sagte er.
    »Wert?«
    »Dann eben Vermögen. Das Vermögen, Berechnungen anzustellen.«
    »Ihr fragt, was diese Gedanken wert sind?«
    »Ja.«
    »Das hängt davon ab, wie bald eine richtige Logikmühle gebaut werden kann. Ihr habt noch keine gebaut, oder?«
    »Nein«, gab Daniel zu. »Beim Bau der Kartenstanzorgeln haben wir viel gelernt -«
    » Wir heißt -« Dabei neigte Eliza den Kopf zum Fenster hinaus und erinnerte ihn an die leeren Schuppen, die jetzt von Soldaten und Messengers ausgeplündert wurden.
    »Also gut«, räumte Daniel ein, »das wir gibt es nicht mehr. Wir sind auseinandergesprengt worden. Es wird äußerst schwierig werden, das wir noch einmal zusammenzubekommen.«
    »Und die Orgeln liegen auf dem Grund des Flusses.«
    »Ja.«
    »Habt Ihr Zeichnungen? Pläne?«
    »Hauptsächlich in unseren Köpfen.«
    »Wenn ich diese Rechnung vorlegen sollte«, hob Eliza an, »würde ich Folgendes sagen: Die Gedanken sind sehr gut. Die Qualität der Arbeit ist ausgezeichnet. Allerdings sind es Leibnizens Gedanken, und sie stehen und fallen mit dem Doktor und seiner Reputation. An seinem Hof, dem Haus Hannover, das jetzt die unumschränkte Macht in diesem Königreich besitzt, steht er in sehr schlechtem Ruf. Caroline liebt den Doktor und hat versucht, eine Versöhnung zwischen ihm und Sir Isaac herbeizuführen, doch das ist gründlich schiefgegangen. Selbst wenn sie Königin ist, wird sie kaum die Macht haben, das zu ändern – so wenig sind die Gedanken von Leibniz mit denen Newtons zu vereinbaren. Es wäre etwas anderes, wenn Leibnizens Ideen nützlich wären, aber das sind sie nicht – noch nicht, nicht im Vergleich zu Newtons. Es dürfte lange dauern, bis eine Logikmühle gebaut werden kann – hundert Jahre oder mehr. Deshalb lautet die Antwort, dass das alles zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Geldwert besitzt.«
    »Hm. Mein Lebenswerk hat keinen Wert. Das ist schwer zu verkraften.«
    »Ich sage nur, dass Ihr nie jemanden finden werdet, der Euch Geld dafür gibt. Aber Ihr habt einen großen Fürsten im Osten, der die Arbeit gerne unterstützt. Schickt alles zu ihm. Die goldenen Karten, Eure Notizen und Zeichnungen, alles, was Enoch Root von Boston hierher gesandt hat – schickt es alles in den Osten, wo jemand es zu schätzen weiß.«
    »Sehr gut. Genau das habe ich veranlasst.«
    Eliza hatte sich vom Fenster abgewandt und Daniel Waterhouse zum Gegenstand ihres prüfenden Blickes gemacht. Genau genommen hatte sie ihn ganz in eine Ecke gedrängt. Ihr war plötzlich etwas in den Sinn gekommen, eine wilde Vorstellung, die ihr nicht besonders gefiel. »Ihr meint, das sei jetzt alles gewesen, stimmt’s? Wenn Ihr, Daniel, von Eurem Lebenswerk sprecht, meint Ihr damit nur das, was Ihr für die Logikmühle getan habt.«
    Daniel zeigte ihr seine leeren Hände. »Was ist denn da sonst noch?«
    »Zum Allerwenigsten ist da Euer Sohn Godfrey, dem zuliebe Ihr nach Hause zurückkehren und um den Ihr Euch kümmern solltet! Heute in Boston ein Kind bedeutet eine Million Nachkommen irgendwann in der Zukunft.«
    »Ja, aber in welchem Stand, in was für einem Land?«
    »Das zu bestimmen ist an Euch. Und ganz abgesehen von Godfrey – bedenkt doch einmal, was Ihr alles zustande gebracht habt, seit Ihr vor einem Jahr den Brief von Prinzessin Caroline erhalten habt!«
    »Das kommt mir wie ein einziges Durcheinander vor.«
    »Ihr habt viel für dieses Land getan. Für die Maschine zur Hebung von Wasser mittels Feuer. Für die Abschaffung der Sklaverei. Für Newton wie Leibniz, auch wenn keiner von ihnen es zu schätzen weiß.«
    »Wie schon gesagt, mir kommt es wie ein einziges Durcheinander vor. Aber ich bin ein großer Grübler, und Ihr habt mir etwas gegeben, worüber ich bis ans Ende meiner Tage nachgrübeln kann.«
    »Grübelt bitte nicht nur darüber nach. Findet es heraus. Schaut, was Ihr geleistet habt.«
    »Gibt es in Eurer Rechnungslegung denn überhaupt so etwas wie Aktiva?«, fragte Daniel.
    »O ja«, antwortete Eliza. »Die Maschine zur Hebung von Wasser mittels Feuer wird die Verluste, die ich beklagt habe, mehr als

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