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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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penetrant mineralischen Geruch von frischem Mörtel wahrnehmen, und aus den Schwielen an diesen Händen hatte er geschlossen, dass sie zu Maurern gehörten. Einen kurzen Moment der Aufregung gab es noch, als sie versuchten, Saturn durch den Ablaufschacht hochzuziehen, was jedoch in Ausgelassenheit umschlug, als er endlich draußen war; da sprang er auf die Füße und brachte sie alle wütend zum Schweigen und sagte, er habe unten am Walbrook Stimmen vom Ufer widerhallen hören und glaube, eine von ihnen könne durchaus ein wütender Sir Isaac sein.
    Inzwischen konnte Daniel wieder sehen. In der Krypta unter der Kirche wimmelte es regelrecht von Menschen: ein Maurer und zwei jüngere Gehilfen, zwei Küfer von Mr. Andertons Firma, Daniel, Saturn und zwei Schlammlerchen, die zu der Kette gehört hatten. Außerdem ein sehr alter, gebückter Bursche, gut gekleidet und wohlgelaunt, der von dem Loch im Boden, aus dem gerade so viele neue Dinge zutage getreten waren, fasziniert zu sein schien.
    »Das hatte ich völlig vergessen!«, rief Sir Christopher Wren aus. »Ich bin Euch zu Dank verpflichtet, Daniel. Es liegt nämlich in der Natur von Bauvorhaben, dass man etwas zu neunundneunzig Prozent vollendet und sich dann einem neuen Vorhaben zuwendet. Völlig richtig von Euch, dass Ihr mein Augenmerk darauf lenkt.«
    Als er am Ende des Satzes angelangt war, gab es den Ablauf nicht mehr. Die Maurer hatten ein Stück knöcheldickes Bleirohr mitgebracht, das sie in den Ablaufschacht hielten und um das herum sie eine Schubkarrenladung Schutt und Mörtel kippten. Das obere Ende des Rohrs wurde hinunter getreten, bis es genau mit dem Fußboden abschloss, und dann gab der Ältere der Maurer dem Ganzen noch den letzten Schliff, indem er ein paar kleine flache Pflastersteine um die Öffnung herum anordnete, um den Schutt darunter zu verdecken.
    Am anderen Ende des Raumes waren Andertons Männer damit beschäftigt, die Hutschachteln in Fässer zu stapeln. Diese waren noch unfertig; oben wurden die Fassdauben durch Arbeitsreifen auseinandergespreizt. In geringem Abstand von den Enden der Dauben war in die Innenflächen rundherum jeweils eine Kimme zur Aufnahme der Böden geritzt worden. Jedes Fass war so groß, dass man darin einen Stapel von sechs Hutschachteln unterbringen konnte; Hobelspäne, die um sie herum in die Fässer gestopft wurden, verhinderten, dass sie klapperten, und dann wurden die oberen Böden lose aufgesetzt. In diesem Zustand wurden die Fässer Stufen hinauf und hinaus in den Hof hinter der Kirche geschleppt, der mit einem größeren Hof auf der Rückseite der Salters’ Hall verbunden war: einem Ort, an dem kein Anblick weniger ungewöhnlich war als der eines wirren Haufens Fässer, die auf ihre Fertigstellung warteten.
    Am Ende des Tages waren alle Fässer zu Mr. Andertons Werkstatt transportiert worden, und seine Küfer hatten die Dauben nach innen gebogen, um die Böden einzubinden, und die endgültigen Reifen aufgesetzt.
    Daniel war müde und hätte gerne Feierabend gemacht, aber er brachte es nicht über sich, die Küferei zu verlassen, ehe nicht die letzte Hutschachtel sicher im letzten Fass verstaut war. Er machte es sich in einer Ecke von Andertons Werkstatt gemütlich und putschte sich, wenn nötig, mit Kaffee oder Tabak auf, bis die Arbeit erledigt war. Dann wurden die Fässer zu den Three Cranes hinuntergerollt und einer Schiffskompanie anvertraut; die auf jedem einzelnen verzeichnete Empfängeranschrift lautete LEIBNIZ-HAUS HANNOVER. Nach all dem Kummer und Verdruss, den das Salomonische Gold während seiner langen ereignisreichen Reise von den Salomon-Inseln über den Palast des Vizekönigs in Mexiko und die Erbeutung vor Bonanza bis nach Kairo und Malabar und auf seinen vielen Fahrten am oder im Rumpf der Minerva verursacht hatte, war es ein höchst sonderbares Gefühl, ihm den Rücken zu kehren und es unter freiem Himmel auf einem Kai aufgestapelt zurückzulassen. Aber jetzt, als Salzdorsch getarnt und in der Obhut eines angesehenen Schiffsagenten, war es vermutlich sicherer denn je.

Poopdeck der Minerva, Pool von London
    MITTAG, DIENSTAG, 26. OKTOBER 1714
    Daniel war am Abend zuvor nicht zum Crane Court zurückgekehrt, weil er gefürchtet hatte, Isaac würde ihn dort aufsuchen und ihm die Leviten lesen, ihn zusammenstauchen, durch finstere Blicke einschüchtern und einfach dafür sorgen, dass er sich elend fühlte. Das hatte ihn auf die Idee gebracht, um die Erlaubnis zu bitten, an Bord der Minerva

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