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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Keller, in dem die aus Bridewell herbeitransportierten Karten für die Logikmühle sich angesammelt hatten, war er stehen geblieben. Hier fummelte er noch einmal mit Schlüsseln herum. Daniel nahm seinem Neffen die Laterne ab und stand da wie Diogenes und spendete ihm Licht bei der Arbeit.
    »Du weißt genau, dass du zu jung warst, um eine Bank zu gründen«, erinnerte Daniel ihn. »Dafür stellst du jetzt die Familienehre wieder her. In diesem Augenblick.«
    »Woher weißt du das?«, fragte William, der gerade einen protzigen Schlüssel in eins der Türschlösser steckte.
    »Der König – oder irgendein Mitglied seiner Regierung – wird bald kommen, um zu stehlen, was ich hier hinterlegt habe. Oh, es ist nicht mein Eigentum. Aber ist es das des Königs?! Er hat, verdammt noch mal, keinen Anspruch darauf. Wenn du den Kopf hängen und es ihn stehlen ließest, würde der Familienfluch bekräftigt – und damit unauslöschlich.«
    William Ham zog die Kellertür auf. Muffige Luft strömte heraus. In Daniels Nase drang ein Hauch von Abwassergeruch – nicht vergleichbar mit dem des Fleet, aber stark genug, um seine Erinnerung anzuregen. »Nach Euch, Onkel«, sagte William und klang eher gelassener als ein paar Minuten zuvor.
    »Nein, William, nach dir! Du hast den Vortritt. Das ist deine Tat. Eine kleine, aber bedeutsame. Die Leute in der Stadt werden davon hören, und das Kapital der Bank wird wachsen, weil du Widerstand geleistet hast. Aber wichtiger noch: Wenn dein Vater das hier sehen kann, wird er zu den anderen abgeschiedenen Seelen sagen, das ist mein Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe.«
    »Nett von Euch, dass Ihr das sagt – wo ich doch weiß, dass Ihr kein Wort davon glaubt!«, sagte William mit leicht belegter Stimme. Daniel hatte den Blick von den sich mit Tränen füllenden Augen seines Neffen abgewandt und war deshalb erstaunt und ließ fast die Lampe fallen, als William ihm kräftig auf die Schulter klopfte. »Aber ich glaube solche Dinge, und ich sage Euch, wenn mein Dad uns zuschaut, dann steht Eurer direkt daneben und verfolgt mit unbändiger Freude, wie Ihr Eurem frischgebackenen König einen spitzen Stock ins Auge stoßt!«
     
    Eine Minute später war Daniel allein in dem Mithrastempel, und William Ham stand auf der anderen Seite der Kellertür und schloss ihn darin ein.
    In Williams Hüfttasche befand sich ein frisch unterzeichnetes Dokument, demzufolge Daniel seine Einlagen übernahm und die Bank von jeglicher Verantwortung dafür entband. Wenn es auch sonst nichts bewirkte, so würde es wenigstens die Männer des Königs so lange aufhalten, wie sie brauchten, um es zu lesen.
    Diese Einlagen waren natürlich alle hier, vor Daniels Augen aufgestapelt und in einer Liste verzeichnet. Die goldenen Karten für die Logikmühle waren in vielen kleinen Lieferungen von Bridewell hergebracht worden. Nachdem Daniel mit Salomon Kohan den Keller besichtigt und sie den Brunnenschacht in dessen Fußboden entdeckt hatten, hatte er die Karten für die Verschiffung neu packen lassen. Er hatte eine Vereinbarung mit einem Küfer unweit des Vintner’s Yard getroffen, und dieser Küfer, Mr. Anderton, hatte eigens für ihn eine ganze Reihe merkwürdig gestalteter Kisten angefertigt. Bei ihrem Anblick würde so ziemlich jeder vermuten, dass es sich entweder um kleine Trommeln oder um Hutschachteln handelte, die etwa einen Fuß im Durchmesser und einen halben in der Höhe maßen. Leicht und nicht besonders robust, bestanden sie aus Weichholzbruchstücken, die nicht mehr als einen Achtelzoll dick waren und über Dampf zu Reifen gebogen, mit ungegerbten Lederstreifen zusammengenäht und mit Pech versiegelt worden waren. Jede kam mit Hobelspänen (einem Material, das Mr. Andertons Arsenal von Hirnholzhobeln und Abziehmessern im Überfluss produzierte) in Bridewell an. Jede hatte einen dicht abschließenden Deckel. Sie waren an einem Ende der Kartenstanzwerkstatt aufgestapelt worden, in Reichweite des Tisches, an dem Mr. Ham das ganze Gold wog und in ein Verzeichnis eintrug. Immer wenn eine Charge Karten komplett und der entsprechende Zettel dafür ausgestellt worden war, wurde eine dieser Hutschachteln vom Stapel genommen und ihr Deckel beiseitegelegt. In das Bett aus Hobelspänen wurde zunächst der in Papier eingewickelte Kartenstapel und daneben ein kleiner Beutel gedrückt, der die aus den Karten herausgestanzten Teilchen enthielt. Die Dokumente für diese Charge kamen obendrauf, und zum Schluss wurde der Deckel

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