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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Prägestock herausgenommen. Dieser Prägestock wird vom Lord Mayor und den Bürgern mit den Stempeln auf den Probeplatten verglichen, und alle sind sich einig, dass sie vollkommen übereinstimmen. Dies sind in der Tat die echten Platten, die die Goldschmiede als Kampfansage an Sir Isaac Newton angefertigt haben; die Münzprobe kann ihren Lauf nehmen.
    Die Lade mit den Eichgewichten ist Gegenstand eines ähnlichen Zeremoniells. Sie ist mit grünem Samt ausgeschlagen, in dem in übersichtlich angeordneten Vertiefungen die verschiedenen Gewichte sitzen: das größte, wohl eine ganze Pinte Bronze, mit der Aufschrift 500 shillings und viel kleinere für 1 shilling und 4 pence und one pence etc., und schließlich gibt es noch eine Pinzette mit elfenbeinernen Griffen zum Hantieren mit den kleinsten von ihnen.
    »Lasst die Goldschmiede kommen«, ordnet der Registraturbeamte des Königs an. Zu Daniel und seinem Trupp sagt er: »Verfügt euch dort hinüber«, und deutet auf einen freien Platz in der Ecke. Daniel führt seine Gruppe dorthin, und als er sich umdreht, sieht er die Augen des Herzogs von Marlborough auf sich ruhen: ein Hinweis darauf – als hätte Daniel einen gebraucht! -, dass es das nun ist. Das neue System steht vor seiner ersten Prüfung, und zwar unter den denkbar widrigsten Bedingungen: Ein kranker und möglicherweise verrückter Alchimist hat die Leitung der Münze inne, und ein Vagabund hat an der Pyx herummanipuliert und schickt sich jetzt an, vor seinen Schöpfer zu treten, ohne dass er die von ihnen gewünschte Aussage ausgespuckt hat. Und Roger ist nicht mehr da, um alles zum Besseren zu wenden.

Der Steinamboss, Hoher Saal,
    NEWGATE-GEFÄNGNIS
    »Ich habe Gott gefunden!«, ruft Jack Shaftoe aus.
    »Was, hier?!«, fragt sein Gesprächspartner, ein stämmiger Bursche unter einer schwarzen Lederkapuze.
    Sie stehen in einer Schlange im Hohen Saal. Oder besser, Jack Shaftoe steht da, und der Mann mit der Kapuze ist zu ihm gekommen, um Jacks Hinrichtungsanzug besser betrachten zu können.
    Hoher Saal ist vielleicht eine etwas zu hochtrabende Bezeichnung. Abgesehen von der Kapelle ist das einfach der größte Raum im Gefängnis, weshalb gesundheitsbewusste Schwerverbrecher hierherkommen, um in einer endlosen, ungeordneten Prozession immer im Kreis herum zu trotten. Das Zentrum ihrer Umlaufbahn ist ein Steinblock, der mitten auf den Fußboden gesetzt und mit ein paar einfachen Schmiedewerkzeugen ausgestattet wurde. Normalerweise ist das ein geschwätziger Haufen, der Saal ein Wirbelsturm der Obszönität, ein Strudel der Verwünschung. Heute sind sie jedoch sprachlos vor Erstaunen. Alle starren auf die beiden berühmtesten Jacks von London: Shaftoe und Ketch, die Höflichkeiten austauschen, als wären sie Addison und Steele. Man hört keinen Laut außer dem Kratzen ihrer Ketten auf dem Fußboden und den organisierten Gesängen des Pöbels draußen.
    Dann kommt ein ohrenbetäubendes Geklirr von dem Steinamboss. Einem weiteren Gefangenen sind gerade die Fußfesseln abgeschlagen worden. Die einzige Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit ist ein Stück Schnur, mit dem Ketch ihm kürzlich die Ellbogen hinter dem Rücken zusammengebunden hat.
    »Wisst Ihr, das Abendmahlbrot hat die Form von Münzen«, bemerkt Shaftoe.
    Dann besinnt er sich eines Besseren, denn Ketch hält das für lustig und vergisst sich und entblößt seine Zahnlücken und ein paar Zähne, die bald auch nicht mehr da sein werden. Die Kapuze ist nämlich unglücklicherweise auf der Höhe seiner Nase zu Ende. Irgendwo muss Ketch eine ganze Truhe voll falscher Zähne haben, denn niemand in London hat bessere Möglichkeiten, sie zu sammeln; heute trägt er jedoch keinen davon.
    »Aber um wie vieles kostbarer als die Münzen aus Gold sind jene aus Brot!«, ruft Shaftoe aus. »Denn Gold und Silber mögen einem den Zutritt zu einem Club oder einem anderen Ort der Ausschweifung erkaufen. Münzen aus Brot dagegen haben mir den Zutritt zum himmlischen Königreich verschafft. Vorausgesetzt, ich kann in den nächsten paar Stunden noch einige Dinge erledigen.«
    Ketch hat jedes Interesse verloren. Wie oft hat er genau dieselben Worte von einem Kunden gehört? Er empfiehlt sich sehr höflich, springt an die Spitze der Schlange und verwendet eine gewisse Zeit darauf, mit einem weiteren Stück Schnur dem nächsten Gefangenen die Ellbogen zu fesseln.
    Als Ketch zurückkommt, ist klar, dass er über Jacks Hinrichtungsanzug nachgedacht hat. »Wenn das hier vorbei

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