Principia
geworfenen Bombe). Genau die Bande, die man gerne in seinem Garten kampieren lässt, wenn man ein Adliger ist und einen nächtlichen Besuch des Pöbels erwartet.
Da Jack nun schon hier ist, nutzt er den Moment, um einen seiner goldenen Knöpfe zwischen die Finger zu nehmen und so umzudrehen, dass er ihn gut sehen kann. Als Erstes bemerkt er, dass er nicht besonders fest angenäht ist: Nur ein paar Fäden halten ihn an seinem Platz. Das war ihm allerdings schon in seiner Wohnung aufgefallen, als er im Dunkeln an ihnen herumfummelte. Im Grunde will er nur das Symbol untersuchen, das in jeden einzelnen dieser Knöpfe gegossen ist. Jetzt, da es hell ist, erkennt er es sofort: Es ist das Zeichen, das die Alchimisten für Quecksilber verwenden.
Diese Vorbereitungen, so unbedeutend sie auch wirken mögen, lassen für Jack – und zwar nicht nur im wörtlichen Sinne – alles in einem neuen Licht erscheinen. Sehr zur Verwirrung seiner Kirchenbankgenossen und zum Entsetzen des Geistlichen lässt er sich nun, ganz wie eine strahlende Braut, den Mittelgang entlangführen.
Das Einzige, was fehlt, ist der Bräutigam, ein gewisser Jack Ketch, der unten in seiner Küche gerade seine schwarze Amtstracht anlegt und sich auf den großen Tag vorbereitet. Aber dieser Teil der Zeremonie wird später unter freiem Himmel vor mehr oder minder der gesamten Bevölkerung Südostenglands stattfinden.
Der Gottesdienst folgt dem üblichen Muster mitsamt dem Anlass entsprechenden Lesungen aus dem Alten und Neuen Testament. Der Geistliche hat im Voraus Lesezeichen platziert. Das im Alten Testament ist ein Stück Band aus schwarzem, grob geripptem Stoff, das ihn zu der Art von Passage führt, deren einziger Zweck im christlichen Gottesdienst darin besteht, aufzuzeigen, wie tief wir alle in der Klemme säßen, wenn wir immer noch Juden wären. Als er damit fertig ist, greift sich der Geistliche einen drei Zoll breiten und fünfzig Pfund schweren Packen Seiten und schlägt ihn um, womit er eine Menge irrsinnig komischer Propheten und langweiliger Psalmen überspringt und mitten im Neuen Testament landet. Eine kleine Korrektur bringt ihn zu einer Seite, die mit dem grellsten, sündhaftesten Lesezeichen markiert ist, das Jack je gesehen hat: einem breiten Streifen gelber Seide mit einem goldenen Medaillon, das an einem Ende herabhängt. Nachdem der Geistliche das gute Stück ganz aus dem Buch herausgezogen hat, nimmt er die goldene Scheibe in die Hand und lässt die gelbe Seide vor ihren Augen baumeln; dann faltet er sie zusammen und lässt beides in seine Tasche gleiten , während er Jack neugierig beobachtet.
Jack kommt der Gedanke, dass ihm gerade eine Botschaft geschickt wird.
Der Geistliche liest. Es ist nicht eine einzelne zusammenhängende Passage, sondern eine ganze Reihe von Ausschnitten für Gottesdienstbesucher mit kurzen Aufmerksamkeitsphasen und kurzen Lebenserwartungen.
»Und es begab sich nach diesen Reden bei acht Tagen, dass er zu sich nahm Petrus, Johannes und Jakobus und ging auf einen Berg, zu beten. Und da er betete, ward das Aussehen seines Angesichts anders, und sein Kleid ward weiß und glänzte. Lukas 9, 28f.
Es begab sich aber, da sie auf dem Wege waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir folgen, wo du hingehst. Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege. Lukas, 9, 57 f.
Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und gingen davon und ließen ihn halb tot liegen. Es begab sich aber von ungefähr, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und da er ihn sah, ging er vorüber. Desgleichen auch ein Levit; da er kam zu der Stätte und sah ihn, ging er vorüber. Ein Samariter aber reiste und kam dahin; und da er ihn sah, jammerte ihn sein, ging zu ihm, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie ihm und hob ihn auf sein Tier und führte ihn in eine Herberge und pflegte sein. Lukas 10, 30-34.
Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich mit Purpur und köstlicher Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voller Schwären und begehrte, sich zu sättigen von dem, was von des Reichen Tische fiel; dazu kamen auch noch die Hunde und leckten ihm seine Schwären. Es begab sich aber, dass der Arme starb und ward getragen von den Engeln in Abrahams Schoß.
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