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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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scheint nicht viel zu passieren. Aber es ist Zeit, den letzten Schritt zu vollziehen, der darin besteht, sie in ein anderes Lösungsmittel zu geben, das viel reaktionsfreudiger ist. Daniel nimmt die Phiole mit der scharlachroten Flüssigkeit, drückt mit den Daumen den Korken heraus und lässt, praktisch mit derselben Bewegung, den Staub des Salomonischen Goldes in die Flüssigkeit rieseln. Dann setzt er den Korken wieder auf, hält das Fläschchen zwischen den Handflächen, drückt mit beiden Daumen den Korken wieder fest und schüttelt das Ganze.
    Ein orangeroter Schimmer durchflutet das Innere der Sänfte. Das Licht scheint durch das Fleisch von Daniels Händen hindurch. Aber Wärme gibt es nicht: Es ist wie das kalte Feuer des Phosphors.
    Er stopft die Phiole unter Isaacs Rockschoß, damit das überirdische Licht nicht durch das Fenster der Sänfte fällt, dann wagt er es, den Korken herauszunehmen. Es ist, als starrte man in wirbelnde und funkelnde Gewitterwolken. An seine Nase dringt ein Duft, den er nicht zuordnen kann, aber er weiß, dass er ihn schon einmal gerochen hat, und verspürt das starke Verlangen, diesen Trank an die Lippen zu setzen und auszutrinken. Er beherrscht sich jedoch und überlegt, wie er ihn Isaac einflößen kann. Der Trank muss durch den Mund verabreicht werden, so viel weiß er. Aber wie bringt man einen Toten dazu, zu trinken? In Hookes Aufzeichnungen war von einem Spatel die Rede. Als Daniel das Fläschchen etwas neigt, bemerkt er, dass der Inhalt so dick ist wie Haferschleim – er ist dabei zu erstarren. Nicht mehr lange, fürchtet er, und der Brei wird fest und unbrauchbar sein. Daniel packt den einzigen spatelförmigen Gegenstand, der greifbar ist: den Schlüssel zu Isaacs Vorhängeschloss. Damit löffelt er ein Klümpchen des leuchtenden Zeugs, so groß wie das letzte Glied seines kleinen Fingers, aus dem Fläschchen, führt den Schlüssel in Isaacs Mund ein, dreht ihn dort um und wischt ihn an Isaacs Zunge ab.
    Daniel wirft einen Blick aus dem Fenster, besorgt, dass irgendjemand das Licht bemerkt haben könnte. Aber aller Augen sind auf eine feierliche Zeremonie gerichtet, die Mr. Threader gerade durchführt: Auf die eine Waagschale seiner großen barocken Waage ist ein Stapel Guineen und auf die andere eins der Eichgewichte aus dem Gewölbe der Abtei gelegt worden.
    Daniel löffelt ein weiteres Klümpchen aus der Phiole heraus. Die Hälfte des Zeugs ist jetzt weg. Es erstarrt immer mehr, ist aber noch handhabbar. Und es besitzt die nützliche Eigenschaft, stärker an sich selbst als an irgendetwas anderem zu haften, ein bisschen wie Quecksilber; es hinterlässt keine Feuchtigkeit, keinen Rückstand an der Innenseite des Fläschchens oder an dem Schlüssel. Der letzte Löffel scheint die letzte Spur des Breis mitzunehmen, und der Löffel kommt sauber aus Isaacs Mund zum Vorschein. Daniel fällt auf, dass das Leuchten verschwunden ist, und wagt es jetzt zum ersten Mal, seine zitternde Hand an Isaacs Mund zu führen und seinen Kiefer herunterzuziehen, sodass er seine Mundhöhle inspizieren kann. Erschrocken stellt er fest, dass das ganze Zeug weg ist, als hätte es nie existiert. Es hat sich mit Isaacs Fleisch vermischt, hat die träge Masse des Leichnams durchdrungen.
    »Ich befinde diese Münzen, was ihr Gewicht betrifft, für zufriedenstellend«, verkündete Mr. Threader, »und deshalb schlage ich vor, dass wir nun unsere guten Freunde, die Gesellschaft der Goldschmiede, ersuchen, das Metall auf seinen Feingehalt zu prüfen.« Bei diesen Worten schielt Mr. Threader zu Daniel hinüber.
    »Die Gesellschaft der Goldschmiede ist bereit, die Prüfung durchzuführen«, antwortet der Älteste dieser Kommission. »Wir haben Mr. William Ham zum Prüfer-Schmelzer ernannt.«
    William tritt vor und richtet sich an Mr. Threader. »Ich möchte Euch um ein typisches Muster des Metalls mit dem Gesamtgewicht von zwölf Gran ersuchen, wenn es beliebt, Sir.«
    »Es ist mir eine Ehre, von der Bürgerkommission zum Wäger ernannt worden zu sein«, sagt Mr. Threader zuvorkommend. »Ich schlage vor, ich gebe Euch Eure zwölf Gran, indem ich, wie es feststehender Brauch ist, kleine Stücke von verschiedenen Münzen abschneide.«
    »Dem stimmt die Gesellschaft der Goldschmiede zu«, sagt der Prüfer-Schmelzer.
    »Dann veranlasst, dass die Guineen aus den Sinthias vermischt werden, damit ein typisches Muster daraus gezogen werden kann«, sagt der Wäger.
    Damit werden alle Guineen-Türmchen, die auf

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