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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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von ihnen werden über den Steinrand in den Ditch gestoßen. Jack setzt sich hin, denn er möchte nicht für weiteres Chaos verantwortlich sein. Darauf taumeln noch einmal zwanzig Zuschauer in den Fleet.

Sternkammer
    Zwölf Gran sind eine Vierzigstelunze, und da Gold der dichteste Stoff der Welt ist, ist eine Vierzigstelunze kleiner als eine Erbse. Doch die Goldschmiede arbeiten mit so präzisen Methoden, dass sie schon mit einer so winzigen Probe eine zuverlässige Prüfung durchführen können. Die zwölf Gran von einer einzigen Münze zu nehmen, würde den Sinn des ganzen Unterfangens zunichtemachen, denn eine solche Prüfung könnte durch einen Zufall verfälscht werden: ein bedeutungsloser Überschuss oder Mangel an Gold in einer bestimmten Münze. Daher das Vermischen und die Entnahme von Stichproben, die dazu geführt haben, dass Mr. Threader jetzt ein Dutzend Guineen auf dem Tuch vor sich liegen hat. Er hat eine große Schere mit langen Griffen mitgebracht. Um mehr Kraft aufwenden zu können, steht er auf und hat im Handumdrehen jede der zwölf Guineen halbiert. Dann arbeitet er sich durch die vierundzwanzig Guineenhälften hindurch, indem er ihre scharfen Kanten abschneidet. Davon müsste es achtundvierzig geben. Sie sind so winzig, dass sie Daniel wie Feuerpunkte auf Threaders schwarzem Samttuch erscheinen, ein Widerhall der Sterne, die an die Decke dieses Zimmers gemalt sind. Wie ein verrückter Demiurg schafft Mr. Threader einen kleinen, mit Halbmonden und Sternen übersäten Kosmos. Dann fängt er an, Ordnung in sein eigenes Chaos zu bringen, indem er die Guineenhälften aufliest und auf eine Seite legt und in der Mitte die Sterne zu einem runden Haufen zusammenschiebt. Es sieht aus, als hätten seine alten Finger Schwierigkeiten, die winzigen Stücke aufzuheben, denn einoder zweimal führt er eine Hand an den Mund und befeuchtet seine Fingerspitzen wie ein Gelehrter, der eine Buchseite nicht richtig zu fassen bekommt. Das wird von allen scharf beobachtet, wenn auch Daniel wegen der Sache mit Isaac immer noch ein wenig zerstreut ist. Er dreht den Kopf hinüber und bemerkt, dass der Lord Geheimsiegelbewahrer sich aus dem Nebenzimmer hinausgewagt hat, in dem er und all die anderen einflussreichen Persönlichkeiten auf das Urteil der Kommission warten sollen. Seine Lordschaft hat sich wohl in den Kopf gesetzt, Sir Isaac einen guten Tag zu wünschen, und wendet sich zielbewusst in diese Richtung. Catherine, die seine Absicht erkannt hat, verfolgt seine schwankenden Schritte und schaut ihn die ganze Zeit über böse an. Er ist jedoch zu blind oder zu unachtsam, um das zu bemerken. Sie tritt ihm in den Weg. Daniel will die unmittelbar bevorstehende Vernichtung jeglicher Etikette gar nicht sehen und wendet sich ab.
    »Bitte, Mylord, tut es nicht, ich flehe Euch an«, ruft Catherine Barton aus der Ecke des Raumes. Alle Köpfe schwenken in diese Richtung, außer Daniels, der sich gerade in die andere dreht.
    Mr. Threader blickt über den Rand seiner Halbbrille hinweg kurz auf, greift auf den Tisch und legt die Spitze seines langen Fingers auf einen Stern. Als er die Hand zurückzieht, ist er weg – der Stern ist wie weggesaugt. Aber ein anderer purzelt an seiner Stelle auf das Tuch. Den packt er zwischen Daumen und Zeigefinger, hebt ihn auf und lässt ihn auf den kleinen Hügel fallen, der in der Mitte anwächst. Wieder führt er die Fingerspitzen an den Mund, um sie zu befeuchten; da sieht Daniel, dass sich auf Mr. Threaders Zungenspitze ein Goldfleck bewegt und dann verschwindet – schnurstracks in Threaders Kehle, wie Daniel vermutet. Danach reibt Mr. Threader die Hände aneinander, als wären sie kalt – was sie wahrscheinlich sind. Dann bedenkt er Daniel mit einem Augenzwinkern.
    Die brenzlige Situation in der Ecke hat sich irgendwie aufgelöst; alle Köpfe wenden sich nun wieder dem Wäger zu. Der steht reglos da, die Hände an den Seiten, als hätte er während dieses kleinen Zwischenfalls keinen Muskel bewegt. »Sir Isaac lebt in letzter Zeit so zurückgezogen, man muss sich wirklich fragen, was er vor uns zu verbergen versucht!«, sagt Mr. Threader, scheinbar als Nebenbemerkung, in deutlich vernehmbarem Ton zu einem der Goldschmiede. »Ich wage zu behaupten, dass all seine Geheimnisse in ein paar Minuten aufgedeckt sein werden; vor dem Lord Geheimsiegelbewahrer kann er sich verstecken, aber nicht vor diesem hier.« Dabei deutet er mit einer Kopfbewegung auf den Schmelzofen.
    Daniel ist im Großen und

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