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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Ganzen jemand, der seine Impulse unterdrückt und seine Gefühle versteckt, aber er weiß, dass das ein Stichwort ist. »Du Hund!«, entfährt es ihm, und er tritt einen halben Schritt vor, greift um sich herum nach dem lächerlichen Schwert, das er sich aus diesem Anlass umgehängt hat, und zieht es zur Hälfte aus der Scheide. In dem Moment wendet sich jedes Gesicht im Raum ihm zu. Mr. Threader saugt einen weiteren Stern auf, lässt dafür einen anderen zwischen seinen Fingern auf das Tuch fallen und lädt nach.
    »Dr. Waterhouse«, sagt er etwas unartikuliert, vermutlich weil er gerade dabei ist, den Bruchteil einer Guinee zu verschlucken, »mein alter Freund! Geht es Euch gut?«
    »Ich bin nicht Euer Freund, Sir!«, brüllt Daniel und schickt sich an, das Schwert ganz herauszuziehen, doch da packen ihn schon jüngere und kräftigere Hände am Arm, und jemand hat ihm den Weg zu Mr. Threader versperrt. »Ich bin eine wahrer Freund von Sir Isaac Newton – einem Mann, der seinem König und seinem Handwerk so treu ergeben ist, dass er heute den Weg hierher gefunden hat, obwohl er krank daniederliegt!« Daniel schiebt das Schwert in die Scheide zurück, fährt herum und macht ein paar Schritte zurück in den freien Raum zwischen den Kommissionsmitgliedern und Miss Barton. Aller Augen folgen ihm, ausgenommen die von Mr. Threader, der weitere Zaubereien im Sinn hat. »Ihr wäret gut beraten, Sir, wenn Ihr Euch erinnern würdet, dass es Eure heilige Pflicht ist, diese Prüfung nach bestem Wissen und Gewissen durchzuführen, ungeachtet der Feindschaft, die Euer Berufsstand gegen Sir Isaac hegt. Die Lords des Kronrates -«, und hier dreht Daniel sich um und deutet gestikulierend auf die Tür des Nebenzimmers. Die ungewohnte Schwertscheide schwingt herum und versetzt ihm einen Schlag gegen den Knöchel, was ihn auf eine Idee bringt – er verhakt sich mit einem Zeh daran, fuchtelt mit den Armen und stürzt zu Boden.
    Die Kommissionsmitglieder müssen an sich halten, um nicht laut loszulachen. Doch schon bald macht der Anblick zweier ganz unterschiedlicher, aber gleichermaßen hypnotisierender Phänomene sie sprachlos: Erst stürzt Catherine Barton vor und bückt sich, um Daniel zu helfen, was jedermann Einblick in ihr Mieder gewährt, und dann eilt der Herzog von Marlborough sehr aufgebracht aus dem Nebenraum herbei.
    »Was um alles in der Welt -«, hebt er an, verstummt jedoch, in die Betrachtung von Miss Bartons Dekolleté versunken, sogleich wieder.
    »Mit Verlaub, es ist nichts, Mylord, ein vorübergehendes Aufflammen heftiger Gefühle, wie wenn ein Holzscheit im Ofen platzt und die Funken fliegen lässt«, sagt Mr. Threader. »Die einzigen Funken, die uns beschäftigen, sind aber diese hier.« Mit beiden Händen gestikulierend deutet er auf die Goldpartikel, die er auf dem Tuch angehäuft hat. »Falls, wie ich hoffe, Dr. Waterhouse seine Anstrengungen einigermaßen unbeschadet überstanden hat, werde ich hiervon jetzt zwölf Gran abwiegen.«
    »Mir... geht es gut«, verkündet Daniel. »Ich danke Euch, Miss Barton«, sagt er, denn sie hat ihm gerade wieder auf die Beine geholfen und klopft ihm den Staub von den Kleidern. »Es tut mir leid«, schließt er. »Bitte fahrt fort, Mr. Threader.«
    Dieser nimmt mit einer Pinzette die Goldstückchen eins nach dem anderen von dem Stapel und legt sie in eine der Schalen seiner großen Waage. Auf die andere setzt er ein Zwölf-Gran-Gewicht aus der hölzernen Lade, die in der Abtei aufbewahrt wurde. Nach einer Weile kommen die Waagschalen in Bewegung. Der Wäger macht sich an die langwierige und mühsame Arbeit, größere Stücke gegen kleinere auszutauschen oder auch mal ein Stück in zwei Hälften zu schneiden, als Kleingeld gewissermaßen.
    Schließlich tritt Mr. Threader vom Tisch zurück, die Hände erhoben wie ein Priester. »Hiermit erkläre ich«, intoniert er, »dass sich auf der Waagschale jener Waage dort eine Metallprobe befindet, die ordnungsgemäß aus den Münzen in der Pyx ausgewählt wurde und genau zwölf Gran wiegt. Nun bitte ich den Prüfer-Schmelzer, die Probe vorzunehmen.«
    William Ham tritt vor.
    William hat seit seiner Jugend nicht mehr als Goldschmied gearbeitet. Doch wie sein Vater vor ihm ist er ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft der Goldschmiede. Daniel schätzt, dass sie ihn aus einem bestimmten Grund zum Prüfer-Schmelzer bestimmt haben: Vor ein paar Tagen hat er sich in der Bank von England Sir Isaac und den King’s Messengers

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