Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
Vom Netzwerk:
Koktionen. Wir müssen mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür sorgen, dass die Logikmühle gebaut wird.«
    »In St. Petersburg?«
    »Oder wann und wo immer ein großer Fürst es für angebracht hält, sie zu bauen.«
    »Ich werde veranlassen, dass ein paar stabile Kisten gebaut und hierhergeliefert werden«, sagt Johann. »Ich werde sie selbst in diesen Keller bringen und eigenhändig mit den goldenen Karten vollpacken und zunageln, damit niemand einen Grund hat anzunehmen, sie enthielten irgendetwas Wertvolleres als muffige alte Briefe. Danach könnt Ihr sie mit einem Federstrich nach St.Petersburg expedieren lassen, falls das der richtige Ort für sie ist. Wenn aber in dem, was ich aus Russland höre, auch nur ein Quäntchen Wahrheit steckt, ist der Zar abgelenkt und wird es vielleicht nicht bis zum Ende durchfechten.«
    Leibniz lächelt. »Deshalb habe ich ja mit Bedacht gesagt, wann immer ein großer Fürst es für angebracht hält, sie zu bauen. Wenn es nicht der Zar ist, dann jemand anders, der nach meinem Tod auftauchen wird.«
    »Oder nach meinem oder dem meines Sohnes oder Enkelsohnes«, sagt Johann. »In Anbetracht der menschlichen Natur fürchte ich, dass das nur dann eintreten wird, wenn die Dinge, in denen die Logikmühle gut ist, Bedeutung für einen Krieg erhalten. Und das ist schwer vorstellbar.«
    »Dann erzieht bitte Euren Sohn und Euren Enkelsohn, falls Ihr welche habt, dazu, erfinderisch zu sein. Dann schärft ihnen ein, wie wichtig es ist, sich um diese staubigen alten Kisten im Leibniz-Archiv zu kümmern. Apropos -«
    »Die Prinzessin von Wales«, sagt Johann mit erhobener Hand, »ist ausgesprochen gebieterisch geworden, seit sie ihre neuen Ländereien und Titel hat, und sie hat mir befohlen, eine Frau zu finden, die zu ehelichen ich begründete Aussichten habe. Meine liebe Mutter hat sich ebenfalls eingeschaltet. Bitte fangt Ihr nicht auch noch an.«
    »Wie Ihr wünscht«, sagt Leibniz und verfällt in respektvolles Schweigen. »Das muss ein schwieriges Gespräch gewesen sein. Es tut mir leid.«
    »Es war ein schwieriges Gespräch, mit dem ich gerechnet hatte«, sagt Johann, »aber ich finde es leichter, es hinter mir zu haben als vor mir. Ich bin jetzt hier. Von Zeit zu Zeit werde ich nach London gehen und auf einem Ball mit ihr tanzen und mit meiner Mutter Tee trinken und mich erinnern. Dann werde ich nach Hannover zurückkehren und mein Leben leben.«
    »Was ist mit ihnen? Was hört Ihr von diesen beiden großen Damen?«
    »Sie sind auf dem Kontinent«, sagt Johann, »und bringen jetzt, da der Krieg endlich vorbei ist, die Dinge mit ihren Cousins ins Reine.«

Garten von Trianon,
    KÖNIGLICHES SCHLOSS VON VERSAILLES
    Ein Knall ertönt über stillem Wasser. Wildgänse kreischen und erheben sich auf müden Flügeln in die Luft. Ein zweiter Knall, dann schlägt ein einzelner Vogel am Ufer auf. Ein Wasserhund schwimmt zu ihm hinüber und trübt dabei die glatte Wasseroberfläche des Teiches mit einer keilförmigen Heckwelle, die beinahe ein Spiegelbild der Gänseformationen hoch über ihm sein könnte. Ein Fenster zerbricht, eine Dame schreit überrascht auf. Das Gelächter zweier Männer ist zu hören.
    Ein Vorhang aus abgeschnittenem und festgebundenem Laubwerk geht plötzlich wie eine Tür zur Seite und gibt den Blick auf eine kleine Barke frei: eine schwimmende Deckung. Sie ist gerade groß genug für zwei Jäger, aber reich genug für zwei Könige. Hinter dem Vorhang aus Stöckchen und welkem Laub prangen nämlich Blattgold und Flachreliefs mit Diana und Orion. Zwei Männer sitzen in vergoldeten Feldstühlen. Jeder von ihnen hat eine Vogelflinte von absurder Länge auf dem Schoß. Eine Weile können sie sich vor Heiterkeit über das Zerspringen des Fensters kaum halten.
    Einer der beiden ist sehr alt, blassrot, aufgedunsen und halb unter Fellen und Decken begraben, die auf das Deck rutschen, als er sich vor Lachen schüttelt. Mit der flachen Hand schlägt er nach einem Hermelinpelz, damit der nicht in den Teich gleitet. » Mon cousin «, sagt er, »Ihr habt zwei Vögel mit einem Schuss erbeutet: eine Gans und eine Kammerfrau!«
    Der andere ist Mitte fünfzig, rüstig, aber nicht agil, denn es scheint, als hätte ein Leben voller Abenteuer ihn mit einem großen Vorrat an Leiden, Schmerzen, Qualen, Krämpfen, Beschwerden, Wehwehchen und Zipperlein ausgestattet. Er schlurft über das Deck der Barke und zieht einen anderen Tarnvorhang auf, um die Morgensonne herein- und den Mief

Weitere Kostenlose Bücher