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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Geistliche und der Krieger in Euch um die Vorherrschaft ringen, Oberst Barnes. Jetzt sehe ich, dass der Krieger am Ende obsiegt hat, denn der Geistliche hätte auf Gott vertraut und das Feuer eröffnet. Nur der Krieger nimmt das schwierige Geschäft eines geordneten Rückzugs auf sich.«
    Barnes – der alles andere als Lob erwartet hat – salutiert und läuft rot an.
    »Sie wollen wissen, warum die Soldaten nicht auf den Pöbel geschossen haben, um die Ordnung wiederherzustellen!«, sagt Johann von Hacklheber im Namen einer Abordnung sehr verdrossen dreinblickender Hannoveraner.
    »Weil das hier England ist und wir in England keine Menschen massakrieren!«, erklärt Marlborough. »Oder besser, wir tun es, bemühen uns aber dann, einen neuen Anfang zu machen. Bitte übersetzt das in eine diplomatischere Sprache, Freiherr von Hacklheber, und sorgt dafür, dass der neue König die Botschaft schleunigst bekommt, damit wir ihm nicht die Barkers nachschicken müssen.« Marlborough zwinkert Daniel zu.
    Isaac hat diesem letzten kurzen Wortwechsel kaum Beachtung geschenkt.
    »In Wahrheit ist es für meine Zwecke ebenso gut, dass Jack Shaftoes Leiche unversehrt ist, denn ich habe mich schon darauf gefreut, in der medizinischen Fakultät eine Autopsie an dem Kerl vorzunehmen, um herauszufinden, was zum Teufel ihn zu dem gemacht hat, was er war.«
    »Ich weiß«, sagt Barnes. »Ganz London weiß es, weil Jack genau das – vielleicht etwas farbenreicher – vom Galgen aus angekündigt hat. Und das ist es auch, was den Pöbel so in Wut versetzt hat.«
    »So sei es«, sagt Isaac mit einem Achselzucken. »Lasst Eure Männer die Leiche zur medizinischen Fakultät bringen.«
    »Wir wissen nicht, wo sie ist«, sagt Oberst Barnes.
    »In der Warwick Lane, gleich neben Newgate.«
    »Nein. Ich meinte, wir wissen nicht, wo die Leiche ist.«
    »Wie belieben?«, sagt Isaac und schaut Marlborough an. Der Herzog ist jedoch in einem freimütigen kulturellen Austausch mit seinen Hannover’schen Pendants begriffen und hat keine Zeit für Isaac. Die Deutschen haben eine Weile gebraucht, um die Dreistigkeit von Marlboroughs Seitenhieb über die Barkers voll und ganz zu verstehen und zu begreifen, dass der Herzog tatsächlich etwas Ungehobeltes gesagt hat; jetzt werden sie zornig, ja beginnen sogar, vor Wut zu schäumen. Als Johann von Hacklheber erkennt, dass er sich in einem lebensgefährlichen Kreuzfeuer befindet, schleicht er sich davon und versucht, sich an dem weniger riskanten und interessanteren Gespräch über Jack Shaftoes Leiche zu beteiligen.
    »Nachdem die Leiche abgeschnitten worden war«, fährt Barnes fort, »hievten ein paar aus dem Pöbel sie hoch. Ich schickte Soldaten los, um sie ihnen zu entreißen. Da machten die Leute sich davon und schleuderten sie einfach in die Luft.«
    »Worauf sie zu Boden fiel?«
    »Nein, sie wurde von anderen aus dem Pöbel aufgefangen und wieder hochgehoben, und als die Männer sahen, dass meine Soldaten auf sie zurannten, warfen sie die Leiche erneut in die Luft, sodass weiter vom Galgen entfernte Hände die Last übernahmen. Von da an entwickelte sich das Ganze zu so etwas wie einem geordneten Verfahren, und ich musste auf das Galgengerüst klettern, um zu sehen, wohin sie sich bewegte. Irgendwie glitt sie dahin. Wie ein Blatt trieb sie auf einem aufgewühlten und wirbelnden Fluss, tänzelte und drehte sich in unsichtbaren Pöbel-Strudeln, behielt aber immer dieselbe grobe Richtung bei: weg von mir .«
    Issac stöhnt und sieht allmählich wieder seinem Alter entsprechend aus. »Erspart mir jede weitere poetische Beschreibung und sagt bitte frei heraus, wo Ihr Jack Shaftoes Körper zum letzten Mal gesehen habt.«
    »Als er irgendwie am westlichen Horizont verschwand.«
    Isaac starrt ihn an.
    »Der Pöbel war von einem unglaublichen Ausmaß«, erklärt Barnes.
    »Ihr seid ganz sicher, dass er zu dem Zeitpunkt, als er abgeschnitten wurde, tot war?«
    »Wenn ich darf, Sir, ist das schnell beantwortet!«, wirft Johann von Hacklheber ein. »Jeder, der heute Morgen in Newgate war, wird Euch sagen, dass er eine Unsumme in Goldstoff am Leib trug und dass seine Taschen zum Bersten voll waren mit Münzen. Natürlich alles Zahlungsmittel für Jack Ketch -«
    »Damit er ihn schnell hängt – ihm sofort das Genick bricht«, ergänzt Isaac. »Na schön. Soll der Pöbel ihn haben! Soll er doch auf irgendeinem Armenfriedhof enden!«
    »Ja«, sagt Daniel Waterhouse, »das ist ein ausgesprochen passendes Ende für

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