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Principia

Principia

Titel: Principia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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und hinfort die Erde bearbeitet.«
    Bob hat endlich die Schwelle des Zeltes erreicht. »Das ist wirklich ein seltsames Schicksal«, murmelt er, »aber ein durchaus passendes.«
    »Wieso passend?«
    »Jack, Jimmy und Danny sollten von Rechts wegen das Erdreich bearbeiten«, erklärt Bob, »weil sie sich so oft über das Recht hinweggesetzt und sich ohne zu arbeiten auf Erden bereichert haben.«
    »Wenn Ihr solche Scherze macht«, sagt Barnes, »könnt Ihr gerne draußen im Regen stehen bleiben.«

Carolina
    »Heute Morgen hab ich sie wieder gesehen, Tomba! Der Himmel hatte sich aufgeheitert, gleich nach Sonnenaufgang, und ich hab nach Westen geschaut und sie gesehen, im roten Licht der Morgensonne vom Meer her. Eine Reihe von Hügeln oder Bergen, wenn du willst. Nebeneinandergesetzt wie Bratäpfel in einer Pfanne, so warten sie auf uns.«
    Tomba liegt mit dem Gesicht nach unten auf dem Sack voller vertrockneter Kiefernzweige, der hier in der Unterkunft der Schuldknechte auf Mr. Ickhams Plantage als Bett gilt. Nicht zum ersten Mal in seinem Leben ist sein Rücken mit langen Peitschenstriemen überzogen. Jimmy Shaftoe zieht ein triefendes Bündel Lumpen aus einem Eimer, wringt es aus und legt es auf Tombas rohes Fleisch. Tomba macht den Mund auf, um zu schreien, aber es kommt kein Ton heraus. Danny redet weiter, denn er möchte Tomba auf andere Gedanken bringen. »Eine Woche lang stramm reisen«, sagt er, »weniger, wenn wir ein paar Pferde stehlen. So lange kommen wir ohne Essen aus. Auf diesen Hügeln dort wird es dann jede Menge Wild geben.«
    »Wild«, sagt Tomba, »und Indianer.«
    »Schau dir doch mal deinen Zustand an, Tomba, und sag mir, dass du Indianer schlimmer findest als den Aufseher.«
    »Es gibt nichts Schlimmeres als ihn«, räumt Tomba ein. »Aber ich bin nicht imstande, sieben Tage lang querfeldein zu rennen.«
    »Dann warten wir eben, bis diese Striemen verheilt sind, und machen es dann -«
    »Ihr versteht mich nicht, Jungs. Irgendetwas wird immer sein. Der Aufseher weiß, wie man Menschen knechtet. Vor allem schwarze. Als wir herkamen, hab ich das zuerst gar nicht verstanden. Er behandelt mich anders. Schaut euch meinen Rücken an und sagt, dass es nicht so ist.«
    Wo die Sonne grell durch die Ritzen zwischen den Brettern scheint, laufen feurige Linien parallel zueinander über die Wände des Schuppens. Draußen wühlt ein Schwein herum und untergräbt eine Ecke ihrer Behausung, aber sie können es nicht verscheuchen oder essen, da es der ganze Stolz des Aufsehers ist. Ihn können sie jetzt in der Ferne brüllen hören. »Jimmy? Danny! Jimmy? Danny! Wo zum Teufel seid ihr?«
    »Nach unserem Kumpel schauen, den du gerade halb totgeschlagen hast, du Arschloch«, brummt Jimmy.
    »Ich möchte auf eurer ganzen Bagage rote Nacken sehen«, sagt Tomba, die Lieblingssentenz des Aufsehers wiederholend. »Morgen gibt’s hier überall rote Nacken, nur bei diesem Mohren nicht – um ihm einen roten Nacken zu verpassen, gibt es nur ein Mittel, und das ist die Peitsche.« Tomba schiebt eine Hand unter seinen Körper und drückt sich in den Vierfüßlerstand hoch, dann lässt er den Kopf herabhängen, sodass seine langen Filzlocken den Boden fegen, so benommen ist er.
    »Jimmy? Danny! Jimmy? Danny! Füttert ihr euer Haustier, den Mohren?« Im Ausschlussverfahren hat der Aufseher herausgefunden, wo sie sind, und kommt näher.
    »Du hast recht«, sagt Tomba, »heute hat er es darauf angelegt, mich umzubringen. Es ist Zeit, auszupacken .«
    »Dann lasst uns auspacken «, sagt Danny.
    Er bückt sich, greift sich einen Heusack, der ihm als Bett gedient hat, und reißt ihn der Länge nach auf. Ein längliches Bündel purzelt heraus. Jimmy schnappt es sich und entfernt mehrere Seile, mit denen es verschnürt ist. Gemeinsam machen die beiden Shaftoes sich daran, das Bündel zu entrollen, wobei Danny die Arme wie zwei Regalbretthalterungen ausbreitet, während Jimmy den Segeltuchballen auseinander wickelt. Tomba tastet sich mit einer Hand an der Wand des Schuppens nach oben, bis er an einem der behauenen Rahmenbalken Halt findet, und zieht sich daran hoch. »Sie sind nicht hier, Master!«, ruft er. »Niemand hier außer dem armen Tomba!«
    »Du bist ein verdammter Lügner!«, brüllt der Aufseher und rammt mit dem dicken Ende seines Peitschengriffs die Tür auf. Er bleibt im Türrahmen stehen, unfähig, im Dunkel des Schuppens etwas zu sehen. Aber hören kann er, nämlich die unerwarteten Geräusche zweier leicht

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