Pringle in Trouble
— möglichst so, daß alle es auch sahen — einen
großen Schein auf den Kollektenteller. Was mehr konnte ein Gott erwarten? Der
Gedanke, obwohl bei einiger Überlegung schwer von der Hand zu weisen, daß es
ausschließlich den Einkünften aus dem Sanatoriumsbetrieb zu danken sei, daß er Aquitaine noch halten konnte, war ihm so unerträglich, daß er ihn immer wieder schnell
beiseite schob. Und mit dem Mord — ekelhafte Geschichte — wäre er am liebsten
genauso verfahren. Statt dessen einen Privatdetektiv hinzuzuziehen, wie sein
Bruder es getan hatte, fand er den Gipfel des Schwachsinns. Irgendwo in seinem
sturen, faktennegierenden Gehirn mußte er jedoch trotzdem begriffen haben, daß
man auf zahlende Gäste nicht so ohne weiteres verzichten konnte, und so hatte
er sich schon seit längerem bereit erklärt, ab und zu aufzutauchen, um «Pfoten
zu drücken». Zudem schmeichelte sein und Consuelas prächtiger Auftritt Sonntag
abends in der Bibliothek seiner Eitelkeit und bot ihm die nicht unerwünschte
Gelegenheit, sich gönnerhaft aufzuführen. Spätestens dienstags jedoch hatte er
in der Regel alles Interesse an den Gästen verloren und zog sich wieder in die
Einsamkeit seines Turmzimmers zurück. Doch heute brauchte er Gesellschaft.
Düster starrte er hinaus auf die dunkle Moorlandschaft. «Sieht nach Frost aus.
Scheußliche Nacht, um draußen zu sein. Diese idiotische Irin wird sich, wenn
sie sich dort versteckt hält, den Tod holen, meinst du nicht auch?»
Tom Willoughby schloß genervt die
Augen. Einen Toten würde die Klientel vielleicht noch verzeihen — zwei nie und
nimmer.
«Hast du eigentlich gewußt, daß
Consuela Valter von früher kannte?»
«Wie?» Tom Willoughby war völlig
entgeistert.
«Ja, sie ist ihm damals in Singapur
begegnet. Das war noch, bevor sie mich traf. Ich hatte selbst keine Ahnung
davon, sie hat es mir erst heute nachmittag gesagt.»
«Oh, du meine Güte! Ich hoffe, sie war
klug genug, es der Polizei gegenüber unerwähnt zu lassen.»
«Natürlich. Das geht die doch gar
nichts an. Habe Consuela gleich dahingehend instruiert.»
«Klug von dir, Gerard», sagte Tom
Willoughby müde.
Der Gin schien den Colonel
melancholisch zu machen. «Glaubst du, dieser Mann wird etwas ausrichten?»
fragte er. Es klang nicht sehr optimistisch.
«Ich habe wirklich keine Ahnung»,
antwortete sein Bruder nervös. Sie bewegten sich, so hatte er das Gefühl, auf
gefährlichem Terrain. «Er schuftet wie ein Besessener, und er ist sehr diskret.
Frag mich nicht wie, aber seine Methode scheint zu funktionieren. Und ganz
unter uns: Er hat mich einmal davor bewahrt, mich zum kompletten Trottel zu
machen. Es ging um die Ausstellung eines Totenscheins.» Er streifte seinen
Bruder mit einem forschenden Seitenblick — schließlich war er der erste, dem er
davon erzählt hatte, aber dieser, weit davon entfernt, neugierig zu sein, war
dabei, ungeduldig seine Uhr zu konsultieren. Dienstags brauchte er nicht am
gemeinsamen Abendessen teilzunehmen, sondern verschaffte sich seine Proteine
anderweitig.
«Für heute abend habe ich uns
schottisches Moorhuhn bestellt», verkündete er, plötzlich wieder gut gelaunt.
«Ich lasse es in meinem Arbeitszimmer servieren, damit den armen Teufeln nicht
der Duft in die Nase steigt. Sonst drehen sie unter Umständen noch durch. Sag
mal — dieser Schnüffler, ißt der etwa mit uns zusammen?»
«Aber nein. Er ißt natürlich mit dem
Personal.»
So notwendig und nützlich
Privatdetektive manchmal auch sein mochten, an ihrer gesellschaftlichen
Stellung änderte das nicht das geringste.
Mr. Pringle fürchtete, daß er heute auf
das Abendessen würde verzichten müssen; die Untersuchung der Zimmer ging
schließlich vor. Er hatte abgewartet, bis die Polizei mit der Spurensicherung
fertig war und die Gäste, nachdem sie wieder zurückkehren durften, ihren ersten
Ärger über die hinterlassene Unordnung losgeworden waren. Im Gegensatz zur Polizei
rechnete er nicht damit, irgend etwas zu finden — er hatte sich sowieso
gefragt, was sie überhaupt gesucht hatten —, aber der Blick in ihre Zimmer
sollte ihm helfen, sich von jedem der Gäste ein besseres Bild zu machen. Als er
vorhin in der Bibliothek, wo sie alle beim Punsch zusammensaßen, seine Absicht
angekündigt hatte, waren alle einverstanden gewesen, nur Mrs. Arburthnot hatte
sich ein wenig geziert. Ganz gegen seine sonstige Gewohnheit hatte Mr. Pringle
ihren Einspruch jedoch ignoriert. Den Generalschlüssel in
Weitere Kostenlose Bücher