Pringle in Trouble
du hast diesen Mann eingeladen, und ich will auch gar nicht
wissen, was dich dazu veranlaßt hat — das ist deine Sache, mit wem du umgehst.
Ich habe ihn nie gemocht, aber was ich jetzt wissen muß — du warst es doch
nicht, oder? Du hast ihn nicht umgebracht?»
Wie oft, dachte der Arzt, hatte er
schon so vor Gerard gestanden, ihn, den Älteren um die Zusicherung anflehend,
daß alles in Ordnung sei. Des Colonels Lächeln entbehrte jeder Wärme. «Das hast
du mich doch schon die ganze Zeit fragen wollen, nicht wahr, Thomas? Seit du
angekommen bist.» Tom Willoughby schwieg.
«Antworte mir wenigstens!»
«Nun ja, ich war natürlich besorgt...»
«Besorgt! Du und besorgt! Das einzige,
worum ihr beide, du und Consuela, euch Sorgen macht, ist der Profit. Alles, was
euch interessiert, ist doch, ob der Ruf von Aquitaine möglicherweise
Schaden erleiden könnte. Nur deshalb bist du doch überhaupt zurückgekommen und
hast diesen Schnüffler hier angeschleppt.»
Der Colonel war mit jedem Satz lauter
geworden, aber das war der Jüngere gewöhnt; davon würde er sich nicht einschüchtern
lassen. Nicht weil er sich besonders stark gefühlt hätte, sondern weil er es
einfach wissen mußte. «Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Gerard»,
sagte er ruhig. Noch immer ließ die Antwort auf sich warten. Und als der
Colonel schließlich sprach, hatte seine Stimme jenen Klang, der vor noch nicht
allzu langer Zeit seine Untergebenen hatte zittern lassen.
«Ich habe van Tenke nicht ermordet, das
kannst du auch gleich deinem Schnüffler sagen, denn ich habe nicht vor, eines
seiner lächerlichen Formulare auszufüllen.» Damit ging er zum Tisch, griff nach
dem braunen Umschlag, der dort lag, und warf ihn ins Feuer. Tom Willoughby war
so erleichtert, daß er völlig unkontrolliert lossprudelte: «Es tut mir leid, Gerard,
aber du schienst so gleichgültig. Ein Mann ist umgekommen, ein Mann, den du
schließlich selbst eingeladen hast, und du zeigst keine Spur von Entsetzen oder
Bedauern... Ich muß schon sagen, daß ich unter diesen Umständen...»
Das Gesicht des Colonel verzog sich zu
einer Grimasse unbändigen Zorns. «Halt den Mund! Halt den Mund, sage ich dir!
Noch ein Wort, und du wirst es bereuen. Meine Gefühle zu van Tenke gehen weder
dich noch Consuela, noch sonst jemanden was an — er ist tot, das zu wissen,
denke ich, sollte genügen. Und alles das dort», seine weit ausholende
Armbewegung umfaßte die polizeilichen Aktivitäten im Schloßhof und
Schloßgraben, «alles das macht ihn auch nicht wieder lebendig. Von mir aus
sollen sie den Schlamm durchwühlen und unter die Betten schauen und was sie
sonst noch für nötig halten, aber dann nichts wie weg mit ihnen, dann sollen
sie zusehen, daß sie aus meinem Haus verschwinden.»
Dr. Willoughby wußte, daß er es dabei
nicht belassen durfte. «Der erste Beamte, den sie geschickt haben, dieser
Robinson, war zum Glück nicht besonders gescheit. Aber soeben ist sein
Nachfolger eingetroffen. Wer weiß, vielleicht wird er uns noch das Fürchten
lehren.»
«Ich habe van Tenke nicht umgebracht.»
«Du wirst ihm trotzdem Rede und Antwort
stehen müssen.»
Der Colonel ließ wieder sein verächtliches
Schnaufen hören. Doch Tom Willoughby ließ nicht locker: «Ich habe Pringle
gesagt, er soll es mich sofort wissen lassen, wenn er etwas herausfindet, aber
ich kann ihm nicht befehlen zu schweigen. Er wird, wenn er etwas entdeckt, es
als seine Pflicht ansehen, sein Wissen an die Polizei weiterzugeben.»
«Dann seid ihr beide, du und Consuela,
selbst schuld, weil ihr ihn hier herausgebracht habt. Wenn er die Büchse der
Pandora öffnet, dann schlage sich jeder von euch an die eigene Brust.»
In der geräumigen, altmodischen Küche
von Aquitaine saßen die Angestellten und waren dabei, Mr. Pringles
Fragebögen auszufüllen. Consuela hatte es verstanden, ihnen zu suggerieren, daß
sie, wenn die Polizei erwiesenermaßen nicht vertrauenswürdig sei,
ausschließlich ihm gegenüber eine Verpflichtung hätten. Sie hatten ihr
zugehört, gefügig wie immer, und nicht widersprochen. Nun, da sie gegangen war,
herrschte in dem großen Raum angespannte Konzentration.
«Was bedeutet Familienstand?»
«Ob Sie verheiratet sind oder nicht», gab
Mr. Pringle freundlich zur Antwort. Genüßlich sog er die verschiedenen Düfte
ein, einer köstlicher als der andere. Ob er wohl um eine Tasse Tee bitten
durfte? Zum Mittagessen hatte man ihm eine irdene Schüssel mit einer
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