Pringle in Trouble
wollte Keatly nicht verärgern, und so blieb er schweigend sitzen.
Sheila Arburthnot begriff langsam, sehr langsam, daß sie es offenbar hinter sich
hatte.
«War das jetzt alles?»
D. I. Keatly schwieg.
«Ich habe gefragt, ob das alles war?
Wenn ja, dann möchte ich nämlich jetzt gehen.»
«Ich brauche, sobald die Aussage
getippt ist, noch Ihre Unterschrift.»
«Vorausgesetzt, das Protokoll ist
korrekt, habe ich nichts dagegen einzuwenden.» Sie erhob sich, ohne die
geringste Anstrengung zu machen, sich die Tränenspuren abzuwischen oder ihren
zerknautschten Rock zu glätten. Und zum erstenmal besaß sie, fand Pringle,
Würde. Er stand auf, um ihr die Tür zu öffnen.
«Eine Frage noch, Madam», sagte Keatly,
«was passierte, nachdem Ihnen schlecht geworden war?»
«Aber das habe ich Ihnen doch gerade
erzählt. Er entließ mich — und ich ging auf mein Zimmer.» Ihre Lippen
zitterten, als sie an die Obszönitäten dachte, die er ihr bis auf den Flur
hinaus nachgeschrien hatte.
«Waren Sie noch nackt?»
«Ja. Ich hatte meine Kleider über dem
Arm und wollte mich gerade anziehen, aber dann hörte ich, wie ganz in der Nähe
eine Tür aufgeschlossen wurde.»
«Von welchem Zimmer?»
«Mr. Powers’. Er hat Nummer fünf,
gleich neben dem Zimmer, in dem Valter gewohnt hat. Ich hatte das Gefühl, er
würde gleich herauskommen, und deshalb habe ich mich in der Ecke bei der
Feuertreppe versteckt.»
Mr. Pringle sah sie vor sich, wie sie,
in der schmalen Ecke kauernd, ihre Sachen anzog — zitternd vor Kälte und vor
Angst ertappt zu werden.
«Und? Ist Mr. Powers herausgekommen?»
«Ja.»
«Können Sie uns sagen, wohin er
gegangen ist?»
«Nein», sagte sie. «Da müssen sie ihn
schon selber fragen.»
«Ging er in Richtung auf van Tenkes
Zimmer oder zur anderen Seite?»
«Ach so. Zur anderen Seite.»
«Und Sie sind dann auf Ihr Zimmer
gegangen?»
«Ich kehrte in meine Suite zurück, ja.»
«Ich nehme an, Sie verbrachten den Rest
der Nacht allein?» Er fragte rein mechanisch; er wußte, er würde nichts Neues
mehr hören.
«Selbstverständlich! Wie können Sie es
wagen, mich so etwas zu fragen...» Sie mochte selbst gemerkt haben, daß ihr
Protest, nach allem, was sie eben erzählt hatte, lächerlich war, und brach
mitten im Satz ab. Mr. Pringle öffnete ihr schnell die Tür. Er wollte, daß die
Sache endlich ein Ende hatte.
Auf dem Weg nach draußen warf sie ihm
einen wütenden Blick zu und fauchte: «Ich werde mich über Sie beschweren. Ich
werde Mrs. Willoughby darüber informieren, daß ich... schikaniert worden bin.»
Mr. Pringle neigte ergeben den Kopf. Er würde also der Sündenbock sein, wer
auch sonst. Sei es drum. Seufzend schloß er hinter ihr die Tür. Sie würde den
Gästen ihre Version erzählen, und diese würden ihn von nun an meiden — einen
Zuträger.
«Unbefriedigte alte Ziege.» Der
Inspector streckte sich und gähnte. Mr. Pringle schwieg. Die Vernehmung eben
hatte ihn mitgenommen.
«Hat kräftige Finger, die Arburthnot,
ist Ihnen das auch aufgefallen?» begann Keatly von neuem. «Und außerdem war sie
früher Krankenschwester. Trotzdem...»
«Halten Sie sie immer noch für die
Mörderin?» erkundigte sich Pringle. Der Inspector malte abwesend einige Kringel
auf seinen Block. Er sah Pringle nicht an.
«Wie Sie wissen, lege ich Wert darauf,
meine eigenen Schlußfolgerungen zu ziehen. Und ich dachte, daß ich vorhin klar
genug gesagt hätte: Keine Fragen Ihrerseits, keine Einmischung, keine Zettel — gar
nichts.»
«Aber...» Mr. Pringel war verblüfft.
Schließlich war es doch allein seinem Zettel zu danken, daß der Inspector bei
der Vernehmung noch die Kurve gekriegt hatte.
«Ich denke, es wäre besser, wenn Sie
von jetzt an selbständig arbeiten würden — okay?» Der Sergeant grinste ihn
hämisch an. Mr. Pringle senkte den Kopf. Er sagte noch immer nichts.
«Ich denke übrigens, ich werde jetzt
Schluß machen. Es ist schon spät. Sergeant, sehen Sie zu, daß die Aussage heute
noch getippt wird; sie kann dann morgen unterschreiben... ‹Eric ist eben so
schwach und beeinflußbar gewesen›», wiederholte er höhnisch ihre Worte. «Ich
würde sagen, der arme Kerl hat einfach Pech gehabt, auf so ein Biest wie sie
reinzufallen.»
Noch immer betäubt von der Art und
Weise, wie Keatly ihm schnöde den Laufpaß gegeben hatte, ging Mr. Pringle
langsam zur Tür. Hatte er den Inspector, dadurch daß er ihm den Zettel
zugeschoben hatte, blamiert? Er wußte es nicht. Als er an der
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