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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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begegnet. In der Kirche», begann er vorsichtig.
    «Ich erinnere mich.»
    «Es ist ziemlich viel verlangt,
ich weiß, aber könnten wir vielleicht kurz miteinander sprechen?»
    «Worüber?» Im persönlichen
Kontakt wirkte sie gar nicht so selbstbewußt, dachte Mr. Pringle. Außerdem
schien sie sehr nervös.
    «Wäre es Ihnen lieber, daß ich
heute abend komme, wenn Ihr Mann dabei ist», schlug er vor. Er wußte, wie
schnell im Dorf geklatscht wurde. Sie stieß heftig die Tür auf.
    «Sie dürften ja wohl kaum der
Angreifer gewesen sein», sagte sie. «Kommen Sie schon herein, aber nur fünf
Minuten. Ich habe heute kaum Zeit zum Luftholen gehabt.»
    Etwas befremdet von ihrer
Reaktion, folgte er ihr ins Haus.
    Es war schon erstaunlich,
dachte er, wie drei Häuser von gleichem Zuschnitt so verschieden sein konnten.
Das von Elsie war schäbig, das der Browns behaglich und dieses hier von
artifizieller Primitivität.
    In dem schwarzen eisernen
Holzofen brannte kein Feuer, so daß der Raum ziemlich kühl war. Ein süßer Duft,
den er von früher kannte, hing in der Luft. Vermutlich stand irgendwo ein
Riechtopf, um den beißenden Rauchgeruch zu vertreiben. Die Wand hinter dem Ofen
war schwärzlich verfärbt, die Kennys hatten offenbar versucht, mit nassem Holz
zu heizen. An der Decke über den Öllampen entdeckte er Rußspuren. Aber
elektrisches Licht wäre ja ein Stilbruch gewesen. Der einzige Schmuck an den
sonst kahlen Wänden waren in Spritztechnik hergestellte Bilder mit den Umrissen
welker Blätter.
    Auf dem unebenen Ziegelboden
lagen Sisalmatten und vereinzelte grüne Häufchen, die er zunächst für Heu
hielt. Doch nachdem er einen davon leicht mit dem Fuß berührt hatte, entschied
er, daß es sich wohl um Binsen mit Lavendel handelte. Miranda Kenny hatte
versucht, mittelalterliche Beschwernisse wieder erfahrbar zu machen, und man
mußte sagen: Es war ihr gelungen.
    Er nahm auf einer groben
Holzbank Platz. Von der Mitte des Raumes führte eine Treppe, deren Stufen aus
rohen Planken gefertigt waren, aufs Geratewohl nach oben zu einer Art Galerie.
Natürlich gab es dort kein Geländer, statt dessen eine Reihe Latten. Dahinter entdeckte
er zu seiner Überraschung eine Laute. War das auch ein sogenanntes ‹heimeliges
Element›?
    Mit Entsetzen registrierte er,
daß Mrs. Kenny Tee hereinbrachte. Sein Magen sandte, kaum daß das bittere
braune Getränk ihn erreicht hatte, vorwurfsvolle Signale. Aber jetzt war nicht
der richtige Zeitpunkt, solchen Empfindlichkeiten Beachtung zu schenken.
    Er hörte sich ihre Klagen über
die Kunsthandwerker an und erklärte dann, um ihre Neugier zu befriedigen, was
ihn nach Wuffinge geführt hatte. Miranda lächelte ein wenig herablassend über
seinen Wunsch, den eigenen Vorfahren nahe zu sein.
    «Eine Zeitlang wollten wir das
ja alle, aber für die meisten ist das inzwischen längst überholt. Oliver und
ich wollen übrigens hier ausziehen. Sobald wir für unser neues Vorhaben eine
uns entsprechende Umgebung gefunden haben, werden wir dies Haus verkaufen.» Mr.
Pringle fühlte sich inzwischen kompetent genug, eine Äußerung zu wagen.
    «Ich nehme an, Sie halten nach
einer alten Scheune Ausschau?»
    «Eine Scheune — Gott, wie
passé. Nein, wir suchen nach einem harmonischen Ort, an dem ein Haus sich
organisch entfalten kann. Wenn Oliver nicht unter Klaustrophobie litte, würden
wir am liebsten unter die Erde gehen.»
    Mit Maulwurf und Mr. Dachs als
Nachbarn? dachte er verblüfft. Miranda seufzte über die Schwäche des männlichen
Geschlechts.
    «Oliver zuliebe mußte ich mich
auf einen Kompromiß einlassen. Wir beginnen also erst einmal mit einem Baum,
dann sehen wir weiter.»
    «Ach so, Sie denken an eine
Blockhütte?»
    Sie schenkte ihm einen mitleidigen
Blick. «Nein, natürlich nicht. Der Baum wird unser Lebensmittelpunkt sein. Wir
werden ihn mit einem naturnahen Raum umgeben. Das Dach wird oben eine Öffnung
haben, durch die der Rauch abziehen kann. Wir werden den Baum mit unseren Armen
umschlingen und lauschen, was er uns zu sagen hat.»
    Na, daß er viel lieber draußen
stehen bleiben und weiter als Baum leben würde natürlich, schoß es Mr. Pringle
durch den Kopf. Aber ein solcher Gedanke war selbstverständlich glatte
Ketzerei. Miranda gab sich jetzt ganz ihrer Träumerei hin.
    «Das Dach wird der hölzerne
Brustkorb sein und wir das Herz, das Leben spendet.» Mr. Pringles Überlegungen
waren eher praktischer Art.
    «Und was ist mit den...
sanitären Einrichtungen?»

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