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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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gleich noch sagen, daß die Polizei
mir nicht geglaubt hat. Die denken, ich sei entweder betrunken gewesen oder
hätte Halluzinationen gehabt.» Er erzählte ihr, was er erlebt hatte von dem
Moment an, da er das Haus der Browns verlassen hatte.
    «Oliver hat Sie, glaube ich,
gehört», sagte sie nachdenklich. «Ich machte mich gerade fertig, um nach den
Fröschen zu sehen, und er sagte, draußen würde irgendein Betrunkener
herumgrölen, und wenn man nicht wüßte, daß der Major tot sei, so könne man
glatt denken, er würde den Krakeel machen.»
    «Ich möchte mich in aller Form
entschuldigen», sagte Mr. Pringle verlegen. «Lautes Singen ist sonst gar nicht
meine Art. Aber es war stockdunkel, und Ted Brown hatte mir gesagt, daß Eddie
Runkle mit dem Gewehr unterwegs sei, um die Füchsin zu erwischen. Deshalb habe
ich gesungen, um auf mich aufmerksam zu machen.»
    «Und weiter?» Sie hörte ihm zu,
ohne ihn zu unterbrechen, bis er zur Beschreibung der Leiche kam. Es dauerte
einen Moment, ehe sie überhaupt begriff, daß dieser harmlose ältere Herr
tatsächlich eben von einem Mord gesprochen hatte. Klappernd fiel ihr Messer auf
den Teller.
    «Soll das heißen, Doris Leveret
lag dort im Zelt... mit meiner Mütze auf dem Kopf?»
    «Ich fürchte ja. Ein Irrtum
erscheint mir kaum möglich, die Mütze hat ein sehr ausgefallenes Muster.»
    Aus Mirandas Gesicht war alle
Farbe gewichen. «Ich habe überall danach gesucht», flüsterte sie. «Ich kann
mich auch gar nicht mehr daran erinnern, wann ich sie zuletzt getragen habe.
Nur eins weiß ich mit Sicherheit — selbst wenn Doris sie gefunden hat, aufgesetzt
hätte sie sie nie.»
    «Das sehe ich auch so», sagte
Mr. Pringle. «So eine Mütze war nicht ihr Stil.»
    Miranda runzelte plötzlich
nachdenklich die Stirn. «Aber sagen Sie, wenn Sie sie heute morgen schon
gefunden haben, wieso haben wir nichts davon erfahren? Und eben im Zelt war
keine Polizei zu sehen, ich hätte angenommen, nach einem Mord müßte es dort von
Beamten nur so wimmeln und die Stelle, wo sie lag, wäre weiß markiert.»
    Jetzt kam der schwierigste
Teil, er mußte ihr erklären, daß die Leiche verschwunden war. Würde sie ihm
glauben? Sie hörte ihm schweigend zu. Als er fertig war, sah er sie
erwartungsvoll an. Wie würde ihr Urteil lauten? Sie strich sich mit einer
fahrigen Bewegung die Haare aus dem Gesicht.
    «Sie sind kein Blödmann»,
begann sie. Offenbar war sie viel zu aufgewühlt, um auf ihre übliche gewählte
Ausdrucksweise zu achten. «Aber könnte es nicht vielleicht sein, daß Sie durch
den Alkohol für ein paar Stunden eine Art Bewußtseinstrübung hatten? Bei alten
Leuten soll so etwas vorkommen.»
    Am Ende war deutlich, daß sie
nicht wußte, ob sie ihm glauben sollte oder nicht. Ihr Tag hatte mit einem Akt
der Vergeltung begonnen, jetzt schien er sich zu einem Alptraum auszuwachsen.
«Heute abend werden wir es wissen», sagte sie. «Ich meine, wenn Doris nicht
nach Hause kommt...»
    «Können Sie mir sagen, was Mrs.
Leveret heute und morgen zu tun gehabt hätte?»
    «Sie sollte wohl die meiste
Zeit in der Kirche sein. Joyce Parsons dürfte das genauer wissen, auch ein paar
von den anderen Frauen können Ihnen sicher Auskunft geben — Felicity Brown zum
Beispiel.»
    «Gut.» Er erhob sich. «Vielen
Dank für die Quiche.» Sie blieb auf ihrem Sitzsack hocken und sah ihn an. In
ihren Augen stand Angst.
    «Wenn Doris wirklich...
umgebracht worden ist...»
    «Daran besteht, fürchte ich,
kein Zweifel.» Er hatte noch immer ihr Gesicht vor Augen, die grauenhaft
verzerrten Züge, die geschwollene, halb durchgebissene Zunge.
    «Wer immer das getan hat...
vielleicht hatte er es auf mich abgesehen?»
    Mr. Pringle nickte. Mirandas
Mütze auf dem Kopf der Toten ließ eine solche Möglichkeit denkbar erscheinen.
    Ihre Augen weiteten sich in
plötzlichem Erschrecken: «Glauben Sie, daß er es noch einmal versucht?»
    Er versuchte sie, so gut es
ging, zu beruhigen. Von vielen Menschen umgeben, würde sie im Zelt sicher sein,
obendrein gab es dort Wachleute, und die Polizei hatte sich immerhin
durchgerungen, einen Constable abzustellen. «Und in ein paar Stunden wird auch
Ihr Mann wieder bei Ihnen sein...»
    «Oliver?!» sagte sie in
verächtlichem Ton. «Als ich heute nacht zurückkam, hat er sich nicht gerade als
Hilfe erwiesen. Er war einfach hysterisch.»
    «Sich so einem Angreifer
gegenüberzusehen muß eine überaus beängstigende Erfahrung sein», sagte er
mitfühlend. «War er ein

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