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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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um etwas zu sagen,
bemerkte er: «Wenn Sie schon so lange hier leben, dann haben Sie doch sicher
auch den Major gekannt?» Die Frage rief wieder jenes etwas leere Lächeln
hervor, das er nun schon kannte.
    « Kennen wäre zuviel
gesagt, Mr. Pringle. Wir haben ihn aus der Ferne bewundert. Ein richtiger Herr.
Noch einer von der alten Schule. Vorjahren hat er einmal versucht, Wilf dazu zu
bringen, ihm einen Brandy auszugeben — nur aus Spaß natürlich, wollte gar nicht
lockerlassen —, aber Wilf hat das natürlich nicht gemacht. Wir sind ja
Abstinenzler.»
    «Ah so.» Pech gehabt, Major,
dachte Mr. Pringle. «Sein Tod kam, nach allem, was man so hört, ja doch recht
plötzlich.» Sie nickte.
    «Wilf und ich haben ihn an
seinem letzten Abend noch gesehen. Im Hope & Anchor.» Sie
bemerkte seinen erstaunten Blick und fügte eilig hinzu: «Wilf und ich sind bei
der Heilsarmee, wir gehen jede Woche einmal dorthin. Wilf verkauft den Kriegsruf, und ich rassle mit dem Tamburin.»
    «Ach, so ist das.» Er hätte
gern gefragt, ob Syd Prozente von ihm verlangte, aber hielt sich dann doch
zurück. Seine Gastgeberin schüttelte in Gedanken an das schnelle Ende des
Majors den Kopf.
    «Wir waren ja so überrascht. Er
war an dem Abend so munter. Hat sich noch rumgestritten wie sonst auch immer.
Dann ist er gegangen, und am nächsten Morgen haben sie ihn tot aufgefunden.»
    «Ja, unter der
Autobahnbrücke... ziemlich merkwürdig, finden Sie nicht? Er wohnt doch genau in
der entgegengesetzten Richtung.»
    Sie faltete die Hände und sah
ihn mit leuchtenden Augen an. «Wir glauben, daß er den Ruf einer himmlischen
Stimme vernommen hat und auf dem Weg zur Kirche war, um Vergebung für seine
Sünden zu erbitten.» Mr. Pringle ließ es hingehen, aber nach seiner
Einschätzung hätte der Major wohl zuerst nach einer Flasche Brandy gegriffen,
wenn er Todesahnungen gehabt hätte.
    Er bedankte sich für die
Bewirtung und verabschiedete sich. Seine Gastgeberin wußte, daß er nur ein
Stück weit die Straße hinunter noch ein weiteres Haus besichtigen wollte, aber
das schien sie nicht sehr zu beunruhigen. «Beide Häuser stehen seit sechs
Monaten zum Verkauf, und alle, die zu uns kommen, sagen, daß Wilf und ich unser
Haus besonders gut in Schuß haben», vertraute sie ihm an. «Au revoir, Mr.
Pringle — hoffentlich bis bald.»
    Gegen Mittag kehrten seine
Kopfschmerzen zurück, die Krampfadern machten ihm zu schaffen, und er hatte das
Gefühl, als schwappe viel zu viel Flüssigkeit in seinem Magen herum. Für diese
Art Unternehmung brauchte man offenbar eine stabile Kondition und
Durchhaltevermögen. Sein Wagen fehlte ihm. Hoffentlich hatte Gavin ihn morgen
fertig.
    Auf dem Weg zurück zum Pub
bemerkte er, daß es um das Zelt herum lebendig geworden war. Zwei Bahnen
Leinwand waren zurückgeschlagen, und Mr. Pringle sah, wie überall die Stände
bestückt und dekoriert wurden. Einige Wachmänner liefen umher, und etwas
abseits stand ein einsamer Police Constable. Mehr Leute hielt man für eine
Leiche, die es schließlich gar nicht gab, wohl nicht für gerechtfertigt.
Miranda Kenny war auch im Zelt, aber ohne Megaphon.
    Wie unfaßbar, dachte er, daß es
erst wenige Stunden her war, daß er in ebendiesem Zelt... ein Schauer überlief
ihn, und er spürte wieder ein Gefühl von Übelkeit. Er mußte unbedingt mit
jemandem sprechen. Felicity war noch zum Wiesenblumenpflücken unterwegs. Ihr
Mann hatte für seine Elektrofirma in Manchester zu tun, und Mrs. Bignell konnte
er erst ab sechs Uhr anrufen, wenn der billige Tarif begann.
    Ihm fiel ein, daß er Joyce
Bescheid sagen mußte, keine weiteren Termine für ihn auszumachen. Sie mußte
noch in der Kirche sein, vielleicht würde er nach dem Mittagessen hinübergehen.
Unter Umständen konnte ihm ja auch ein Gespräch mit dem Pfarrer helfen. Er
wußte aus Erfahrung, daß er heute nacht kein Auge zutun würde, wenn er nicht im
Laufe des Tages irgendwann Gelegenheit hatte, sein verstörendes Erlebnis vor
jemandem auszubreiten. Das konnte ruhig ein Fremder sein, allerdings nach
Möglichkeit jemand mit klarem Verstand.
    Er sah Mrs. Kenny aus dem Zelt
treten und in Richtung auf ‹Macavity’s Weidegründe› gehen. Aus einer
plötzlichen Eingebung heraus folgte er ihr. Ihn interessierte, ob sie schon
wußte, was mit ihrer Mütze geschehen war.
    «Mrs. Kenny...»
    Sie stand vor ihrer Tür, den
Schlüssel schon im Schloß. Widerstrebend drehte sie sich um. «Ja?»
    «Wir sind uns
Dienstagnachmittag kurz

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