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Pringle vermisst eine Leiche

Pringle vermisst eine Leiche

Titel: Pringle vermisst eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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von Korruption und
Bestechlichkeit.
    «Könnten Sie nicht bleiben, bis
Ted zurückkommt?» bat Felicity. Sie wirkte unruhig. «Er hat allerdings gesagt,
daß es spät werden würde.»
    «Ach, das macht nichts», sagte
Mr. Pringle lächelnd. «Ohnehin könnten doch weder Sie noch ich jetzt schlafen.
Eines muß ich Ihnen allerdings gleich vorweg sagen: Ich werde Sie bestimmt
nicht verteidigen, Felicity. Es ist kein Mangel an Ritterlichkeit, sondern die
Folge von Alter und Furchtsamkeit. Wenn der Mörder in diesem Moment durch die
Tür bräche, würde ich nur eines tun: aus Leibeskräften brüllen.»
    «Prima», sagte Felicity erleichtert.
«Dann brüllen wir zusammen.»
     
    Mr. Pringle ging zum Pub
hinüber, um Syd Bescheid zu sagen, daß er erst spät zurückkehren würde. Vor ein
paar Stunden noch war er hier als Spinner betrachtet worden — ein Mann, der
eine Leiche gesehen haben wollte, die es gar nicht gab. Aber Doris Leveret war
inzwischen nicht wie erwartet wieder aufgetaucht, und die Stimmung hatte sich
gewandelt. Am Nachmittag hatte man gutmütig über ihn gespottet, jetzt empfing
Mr. Pringle dumpfe Feindseligkeit. Syd entblödete sich nicht, ihn zu fragen, ob
er auch tatsächlich morgen abführe.
    «Ich habe eine Vorbestellung»,
sagte er geschäftsmäßig, «ich brauche das Zimmer also. Übrigens hat Gavin sich
gemeldet. Er bringt Ihren Wagen vorbei. Es gab da wohl einige Probleme, aber
das will er Ihnen lieber selbst erklären.»
    Mr. Pringle bat um Kleingeld,
weil er Mavis anrufen wollte. Während er am Tresen wartete, spürte er förmlich
die mißtrauischen Blicke in seinem Rücken. Niemand konnte jetzt mehr so tun,
als glaube er, Doris sei noch beim Blumenpflücken, das Polizeifahrzeug vor dem
Haus der Leverets war nicht zu übersehen. Die zotigen Bemerkungen über den
nächtlichen Angriff auf Miranda hatten aufgehört. Die Leute im Dorf fühlten
sich unbehaglich, deshalb brauchten sie einen Sündenbock — und wer war da
geeigneter als Mr. Pringle. Ein pensionierter Steuerinspektor wollte er sein —
das klang doch geradezu verdächtig harmlos. Und er behauptete, aus Wuffinge zu
stammen? Was für ein Unsinn! Schön, während des Krieges hatte er ein paar Jahre
hier bei seiner Großmutter Unterschlupf gesucht, aber kaum war die Gefahr
vorüber, war er nach London zurückgekehrt.
    Gut, daß Blicke nicht töten
können, dachte Mr. Pringle. Ihm war klar, daß sie ihre über Jahre verdrängte
Schuld nun auf ihn projizierten und hofften, daß er sie, wenn er von hier
fortging, mitnähme. Mrs. Bignell meldete sich gleich nach dem zweiten Klingeln,
und ihre Stimme wärmte ihm das Herz.
    «Ich bin es, Mavis.»
    «Hallo, Fremder! Verbringst du
eine schöne Zeit da oben?» Unglücklicherweise war das Telefon genau zwischen
den beiden Gasträumen installiert, so daß wirklich jeder Gast bequem mithören
konnte.
    «Ja, danke», sagte Mr. Pringle
förmlich. «Ich rufe an, um dir zu sagen, daß ich morgen wieder zurück bin. Wenn
ich glatt durchkomme, bin ich am frühen Abend da. Bevor ich abfahre, will ich
mir hier in der Kirche noch einige Fresken ansehen.»
    «Du hast also nicht mehr vor,
für immer nach Wuffinge... dingsda zu ziehen?» fragte sie und lachte leise.
    «Äh... jedenfalls nicht zum
gegenwärtigen Zeitpunkt. Mavis, dies ist ein öffentlicher Fernsprecher — in
einem Pub. Ich erzähle dir dann alles Weitere morgen.» Mrs. Bignell verstand
und verzichtete darauf, ihn, wie sonst üblich, beim Abschied mit einer Unmenge
Kosenamen zu belegen.
    «Tschüs dann, mein Schatz. Ich
hab, wenn du kommst, das Abendbrot fertig.»
    «Ich danke dir.»
     
    Er machte sich auf den Weg
zurück zum Woodbine Cottage. Unterwegs bemerkte er, wie sich, sobald er näher
kam, die Türen schlossen, und hörte, wie krachend die Riegel vorgeschoben
wurden. Nur in Nummer acht stand die Haustür einladend offen, und Elsie winkte
ihm vom Fenster aus zu, als sie ihn sah. Doch Mr. Pringle beschleunigte seinen
Schritt und tat so, als habe er sie nicht gesehen. Er wußte noch immer nicht,
was er damals in ihrem Haus Verstörendes erlebt hatte, aber heute abend war
ganz bestimmt nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber nachzugrübeln.
     
    Felicity hatte ihre alte
Vitalität wiedererlangt. «Ich hatte, während Sie weg waren, jede Menge Anrufe»,
sagte sie, als sie ihm die Tür öffnete. «Zuerst war Joyce am Apparat. Sie
wollte wissen, ob ich inzwischen mehr über Doris erfahren hätte und ob Sie sich
morgen weitere Häuser ansehen

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