Pringle vermisst eine Leiche
ihre Plätze eingenommen, tranken schnell noch einen Kaffee, bevor es
losging, und hielten ein Schwätzchen mit den Kunsthandwerkern von den Ständen.
Man hatte eine hölzerne Plattform errichtet, die einerseits als Bühne für das
Blasorchester und die Morris-Tänzer dienen sollte, zum anderen Schutz bot für
einen Teil des Cricket-Feldes. Zahlreiche Schilder wiesen den Besuchern den Weg
zur Kirche, zu den Erfrischungen, zum Gemeindesaal und zum Schul-Sportplatz,
der zum Parken freigegeben worden war. Alles war bereit. Mr. Pringle entsann
sich seines Wunsches, daß die Leiche nicht eher entdeckt werden möge, ehe er Gelegenheit
gehabt hätte, die Wandgemälde zu sehen. Eigentlich nicht nur ein egoistischer
Wunsch, dachte er jetzt, sondern durchaus auch im Interesse des Dorfes. Mochte
der Polizeibeamte mit seiner zynischen Einschätzung, daß das Auffinden einer
Leiche erst recht Publikum anziehen würde, auch recht haben, Mr. Pringle fand,
daß die festliche Atmosphäre, die die Dorfbewohner mit so viel Anstrengung
geschaffen hatten, durch das Auffinden einer Leiche zerstört werden würde.
Ein seltsam lackiertes Gefährt
mit der Nummer seines Allegro hielt vor dem Pub. Gavin zeigte sein
gewinnendstes Lächeln. «Guten Morgen! Herrlicher Tag heute, was?»
Um halb drei zog sich die
Schlange der Wartenden unter der Autobahnbrücke hindurch bis hin zur
Dorfstraße. Syds Cousin fand für sein Eis, die Tüte zu einem Pfund, reißenden
Absatz. Mr. Pringle befand sich ziemlich am Kopf der Schlange, die Kirchentür
in Sichtweite. Zum Glück hatte ihm Felicity einen Falthocker mitgegeben.
Sobald die Kirche geöffnet war,
würden die Besucher in Gruppen zu jeweils dreißig eingelassen werden.
Mittlerweile wünschte Mr. Pringle fast, er wäre Felicitys Einladung gefolgt,
die ihm angeboten hatte, sich die Fresken noch schnell vorher anzusehen,
sozusagen inoffiziell. Am Morgen waren die Holzabdeckungen abgenommen worden,
und wenn er statt des Eintrittsgeldes etwas auf den Kollektenteller täte, so
hätte der Pfarrer gegen seinen Vorab-Besuch keine Einwände. «Die Fresken sind
wirklich großartig», sagte sie. «Wir sind alle völlig hingerissen.» Aber Mr.
Pringle war sich bewußt, wie unbeliebt er im Dorf war, und wollte nicht noch
durch eine Sonderbehandlung auffallen.
Vorne in der Schlange entstand
Unruhe. Ein Grüner Mann war unter dem Vordach der Kirche vorgetreten, und ein
erschrecktes Raunen ging durch die Menge. Irgendwo stieß ein Kind einen
schrillen Angstschrei aus, auch Mr. Pringle konnte sich nur gerade noch
beherrschen. Es war ein furchterregender Anblick. Der Mann war riesig, sein
Körper vollständig mit Weinlaub und Efeublättern bedeckt. Hände und Füße waren
grün gefärbt, die Augen starrten durch die Schlitze einer grünen Maske. Ein
Lorbeerkranz schmückte seinen Kopf. Er strahlte sowohl Bedrohung als auch
Autorität aus. Gebieterisch hob er die Hand, und augenblicklich war alles
still.
Was für ein unglaublicher Anblick
vor diesem Hintergrund! Mr. Pringle war voller Bewunderung. Mochte der Grüne
Mann auch heidnisch sein, so paßte er doch fast besser zu den urtümlichen Kalk-
und Feuersteinmauern als die christlichen Symbole.
Die schwere Kirchentür öffnete
sich langsam, und der Pfarrer trat heraus, sein Chorhemd flatterte leicht im
Wind. Der Anblick der vielen Menschen ließ ihn zögern. Mr. Pringle hörte, wie
er sich nervös räusperte.
«Willkommen in der Kirche von
Wuffinge Parva, meine Damen und Herren, und bei den Schätzen, die wir hier auf
diesen alten Mauern wiederentdecken durften. Es gibt insgesamt fünf Fresken.
Drei davon sind gut erhalten, nach der Restaurierung sind ihre Farben wieder so
frisch wie an dem Tag, als der angelsächsische Künstler den Pinsel aus der Hand
legte. Zwei haben leider den Witterungseinflüssen über die Jahrhunderte nicht
standgehalten. Wir bitten Sie um Ihr Verständnis und Ihre Nachsicht, aber solch
überaus empfindliche Kostbarkeiten müssen besonders geschützt werden, damit
auch unsere Urenkel noch staunend davorstehen können, wie Sie hoffentlich
gleich. Ich danke Ihnen.» Hinter dem Pfarrer tauchten Joyce Parsons, Felicity
und ein paar Pfadfinder auf. Joyce sah ziemlich abgehetzt aus, fand Mr.
Pringle. Das mochte daran liegen, daß sie Doris Leverets Arbeit hatte mit
machen müssen. Als der Pfarrer beiseite trat, schwärmten die Pfadfinder aus.
Der Grüne Mann hielt die Menge zurück, bis sie sich rechts und links der
Warteschlange postiert
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